Baustelle mit Gartenhaus ... dazwischen Stahlstützpfähle und Absperrband

Bauplatz ist rar, vor allem in Städten wird immer enger gebaut. Dabei können Pannen passieren. Ein Beispiel aus Butzbach, wo der Garten einer Rentnerin in die Baugrube des Nachbarn abrutscht.

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Bau-Ärger in Butzbach

hessenschau vom 10.05.2022
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Wenn Monika Tetzner über ihr Grundstück läuft, muss sie aufpassen, dass sie nicht in ein mehrere Meter tiefes Loch fällt. Den kleinen Weg mit Steinplatten entlang des Hauses gibt es nicht mehr - er ist abgestürzt. Ein Teil ihres Grundstücks ist mit Bauzäunen abgesperrt.

Über 100 Quadratmeter des Grundstücks in Butzbach (Wetterau) kann Monika Tetzner nicht mehr nutzen, weil es nach und nach in der Baugrube des Nachbarn versinkt. Der baut seit August 2020 nebenan ein neues Mehrfamilienhaus - am Anfang ohne Probleme.

Fünfzehn Monate Ärger und kein Ende

Dann hob die Baufirma an der Grenze zu Tetzners Grundstück eine Grube für eine Tiefgarageneinfahrt aus - ohne das Loch richtig abzusichern, sagt Tetzner. Fünfzehn Monate Ärger begannen.

Im Januar 2021 verformten sich zunächst ihr Zaun zum Nachbarsgrundstück und ihr Komposter, der an der Grundstücksgrenze stand. Immer mehr Erde rutschte ab. Ein Mäuerchen versank, die Gartenhütte wurde unterhöhlt und musste schließlich versetzt werden, der Weg neben dem Haus verschwand.

Anwalt: Grundstücke immer enger bebaut

Baupannen, unter denen auch die Nachbarn leiden, beobachtet der Gießener Baurechts-Anwalt Thomas Stehle "erstaunlich oft", wie er sagt. Ein Grund dafür sei, dass immer näher an der jeweiligen Grundstücksgrenze gebaut werde.

"Wohnraum ist stark nachgefragt", sagt Stehle. "Die Grundstückspreise sind extrem hoch, das heißt, ich muss sehr verdichtet bauen. Das bedeutet, dass ich eventuell sehr nah an meinen Nachbarn heranrücke." So würden zum Teil Lücken genutzt, an die Bauträger vorher nicht herangegangen wären.

Holzbau zusammengebrochen

Ob die Lücke zwischen Monika Tetzners Grundstück und der neuen Garageneinfahrt möglicherweise zu eng kalkuliert war, darüber kann die Rentnerin nur spekulieren. Fest steht: Ein Ende des Erdabbruchs ist nicht in Sicht, mit jedem Regen geht er weiter.

"Anfang Januar dieses Jahres bin ich wachgeworden von einem Krach", erzählt die Rentnerin, die ihr Haus vor zehn Jahren gekauft hat. "Da ist ein kleiner Holzverbau, den die Firma aufgebaut hatte, zusammengebrochen und hat eine Balkontür im Neubau zerschlagen." Eine Stunde später rutschte Erde nach: "Das war spürbar in meinem Haus, das Haus hat gezittert."

"Am besten Vertrag schließen"

Damit kein Nachbarschafts-Streit entsteht, der am Ende sogar vor Gericht landet, rät Thomas Stehle: Wer Probleme mit der Nachbarsbaustelle hat, sollte frühzeitig eine dritte Instanz einschalten, "um die Emotionen rauszunehmen". Das sei ein Schiedsgutachter oder eben ein Anwalt. Wer selbst bauen will, sollte vorab am besten auf die Nachbarn zugehen und eine Art Vertrag abschließen, mit genauen Regeln, die für beide Seiten gelten.

Muss etwa ein Gerüst auf dem benachbarten Grundstück aufgebaut werden, sollte bis auf den Zentimeter festgehalten werden, wo es steht und wie es genutzt wird, sagt Stehle.

Mehrere zehntausend Euro Schaden

In Butzbach ist es für einen solchen Vertrag zu spät. Die zuständige Baufirma kommuniziert mit Monika Tetzner nur über Anwälte. Auf Mails oder Anrufe des hr hat das Unternehmen nicht reagiert. Die Bauaufsicht des Wetteraukreises teilt schriftlich mit, dass sie den Fall jetzt untersucht.

Tetzner hat inzwischen ebenfalls eine Anwältin eingeschaltet. Der Schaden liegt bei mehreren zehntausend Euro, sagt sie. Allein die Renaturierung des weggebrochenen Gartenstücks dürfte laut Kostenvoranschlag rund 23.000 Euro kosten, sagt Tetzner. "Aber damit sind nur die oberen 30 Zentimeter abgedeckt." Die Versicherung zahle wiederum nur den so genannten Zeitwert der verwendeten Materialien, und der liege bei diesem Stück bei 15.000 Euro.

Die Situation frustriere sie extrem, sagt Tetzner: "Ich weiß nicht, wann ich wieder ein funktionsfähiges Grundstück haben werde. Ich bin eigentlich ein sehr optimistischer Mensch, aber der Optimismus kann einem hier vergehen."

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