"Brauen statt Bauen" Bürgerinitiative will Pfungstädter Traditionsbrauerei retten
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Neue Bürgerinitiative in Pfungtstadt von Zulauf begeistert

Der Pfungstädter Traditionsbrauerei droht das Aus. Mit dem Segen der Stadt will eine Immobilienfirma auf dem Gelände schicke Wohnungen bauen. Eine neu gegründete Bürgerinitiative hofft, das noch verhindern zu können.
Seit 1831 wird in Pfungstadt (Darmstadt-Dieburg) ein Bier gebraut, das zum Aushängeschild der Stadt geworden ist. Im Gasthaus "Zum Hirschen" im heutigen Stadtteil Hahn nahm das Pfungstädter Bier seinen Anfang. Auf dem Brauereigelände in der Eberstädter Straße könnte es fast 200 Jahre später sein Ende finden. Denn dort ist ein moderner Wohnpark geplant. Einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss hat die Stadtverordnetenversammlung bereits verabschiedet.
Um die Pläne zu verhindern, hat sich am Mittwochabend in einem Pfungstädter Gasthaus eine Bürgerinitiative mit dem Namen "Brauen statt Bauen" gegründet. Über ein Bürgerbegehren wollen sie einen Bürgerentscheid herbeiführen, um den Bau der Wohnungen und somit das Ende der Traditionsbrauerei zu verhindern.
250 Mitglieder an einem Abend
"Wir waren überwältigt von der Resonanz", sagt Reinhard Ahlheim, Mitbegründer der Initiative. 300 Menschen seien zu der Veranstaltung gekommen, 250 davon hätten sich gleich in die Mitgliederliste eingetragen. "Jeder sagte, dass man etwas tun muss", so Ahlheim.
Der 68-jährige gebürtige Pfungstädter saß viele Jahre für die SPD in der Stadtverordnetenversammlung. Aus der Politik hat er sich inzwischen zwar zurückgezogen. Doch der Erhalt der Brauerei sei ihm eine Herzensangelegenheit.
Pachtvertrag läuft Ende 2023 aus
Betrieben wird diese seit anderthalb Jahren vom Anlagenbauer Lauer GmbH aus Seeheim-Jugenheim (Darmstadt-Dieburg). Das Gelände gehört inzwischen der Immobilienfirma Conceptaplan und dem Unternehmer Daniel Hopp, die dort die Wohnanlage Stadtgärten Pfungstadt errichten wollen. Lauers Pachtvertrag läuft Ende 2023 aus.
Ein Umzug auf ein anderes Gelände kommt nicht infrage, wie Geschäftsführer Uwe Lauer berichtet. Denn die bestehenden Wasserrechte, die er mit vier eigenen Brunnen in Pfungstadt hat, würde er anderswo nicht bekommen, sagt der Unternehmer. Und auch eine gemeinsame Existenz von Wohnpark und Brauerei auf dem Areal hält er nicht für möglich.
Brauerei: Anlagen lassen sich nicht zusammenlegen
"Die wichtigen Anlagen sind historisch bedingt einfach zu weit auseinander", so Lauer. Diese zusammenzulegen, würde den Betrieb seinen Angaben zufolge monatelang lahmlegen. "Dann müssten Gastronomie und Handel auf andere Marken ausweichen, da ist man als Brauerei tot."
Lauer begrüßt die Gründung der Bürgerinitiative und ihr Anliegen, ist selbst aber kein Mitglied. Der Unternehmer sorgt sich um die Zukunft der rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür will er kämpfen, wie er sagt, macht aber auch klar: "Ich brauche die Brauerei nicht zum Überleben."
Regionale Versorgung sichern
Für BI-Gründer Ahlmann geht es neben dem Erhalt einer Privatbrauerei, die drei Kriege überstanden hat, auch um die regionale Erzeugung. Einer der Pfungstädter-Brunnen habe Mineralwasserqualität und sei entsprechend zertifiziert. Zudem stelle das Unternehmen inzwischen auch alkoholfreie Getränke her.
Für das Bürgerbegehren benötigt die Initiative zunächst rund 2.000 Unterschriften von Wahlberechtigten. Um diese zu sammeln, hat sie jetzt acht Wochen Zeit. Dann kann ein Bürgerentscheid für den Erhalt der Brauerei beantragt werden.
Bevölkerung ist jetzt am Zug
Daran müssen mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen. Stimmten davon mehr als die Hälfte für den Erhalt, seien die neuen Baupläne vom Tisch, sagt Ahlmann. Ihm wäre ein Kompromiss ohne juristische Auseinandersetzungen am liebsten.
Wie der aussehen könnte, ist allerdings unklar. Brauereibesitzer Lauer sieht den Ball nun bei den Pfungstädtern liegen. "Die Bevölkerung muss jetzt ihren Willen äußern", sagt er. "Wenn die lieber eine Wohnbebauung will als eine Brauerei, dann akzeptiere ich das auch."
Conceptaplan sieht Bürgerinitiative entspannt
Conceptaplan überraschte mit einem kurzfristig anberaumten Pressetermin am Freitag im Historischen Rathaus, über den nach Worten von Bürgermeister Patrick Koch (SPD) die Stadt nicht vorab informiert war. Dort bekräftigte das Unternehmen noch einmal, an den Plänen für den Wohnungsbau festhalten zu wollen.
Die ersten der bis zu 550 Wohnungen sollen demnach 2026 bezugsfertig sein. Dem Ansinnen der Bürgerinitiative sieht Conceptaplan entspannt entgegen. Man sei zuversichtlich, dass sich die Bürger Pfungstadts für den Wohnpark entscheiden werden.