Aufnahme eines Schwimmbeckens mit mehreren Schwimmern von oben

Steigende Energiepreise und ein mögliches Gas-Embargo werden zum ernsthaften Problem für Schwimmbäder. Der Branchenverband fürchtet einen Lockdown und mahnt zum Energiesparen. In Hessen geht es in manchen Becken und Umkleiden bereits kälter zu.

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Vorbereitungen für Energiekrise in Schwimmbädern

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Noch ist das Wasser im Sportbad Ziehers in Fulda wohlig warm: 28 Grad sind es im Becken für Schwimmerinnen und Schwimmer. Die kleinen Bädegäste in den Kinderbecken planschen sogar bei 30 bis 32 Grad. Doch tausende Liter Wasser auf solche Temperaturen zu erwärmen und stetig warm zu halten, verschlingt viel Energie. Gerade angesichts steigender Energiekosten und eines möglichen Lieferstopps von Gas aus Russland wegen des Ukraine-Krieges kann das für die Schwimmbäder nun zum Problem werden.

Im Laufe der Woche wird die Wassertemperatur in den drei Becken des Sportbades deswegen abgesenkt, wie Matthias Heun, Geschäftsführer des Betreibers RhönEnergie Fulda GmbH, erklärt. "Wir wollen als eine Maßnahme jetzt die Temperatur des Erwachsenenbeckens um zwei Grad senken, und die für die Kinder um jeweils ein Grad - damit es nicht gefühlt zu kalt wird."

Verband warnt vor erneutem Lockdown

Damit folgt Heun einem Aufruf der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V., die erhebliche Auswirkungen für die Schwimmbäder prognostiziert – bis hin zum vollständigen Lockdown, wenn die Reserven knapp werden. "Es muss davon ausgegangen werden, dass entweder Energie fast überhaupt nicht zur Verfügung steht oder im Verlauf dieses Jahres massiv eingespart werden muss, damit im kommenden Winter die Energievorräte so ausreichend sind, dass zumindest für die kritische Infrastruktur und wichtige Wirtschaftsunternehmen genug Energie zur Verfügung steht", heißt es in dem Schreiben.

Der Verband empfiehlt darin auch eine Reihe von Maßnahmen, um dieses drohende Szenario zu verhindern. Darunter ist neben der Absenkung der Wassertemperatur auch der Verzicht auf die Beheizung der Außenbecken oder die Schließung von Rutschen. "Es entscheidet sich jetzt, wie voll die Gasspeicher im nächsten Winter sein können – und da müssen auch die Bäder einen Beitrag leisten."

Schon die Absenkung um zwei Grad könne ein Viertel des gesamten Energieverbrauchs eines Hallenbads einsparen, erklärt der Verband, denn die Verdunstung an der Wasseroberfläche sei der größte Wärmefresser. Ganz so optimistisch ist Heun nicht: Er rechnet im Sportbad in Fulda durch die Absenkung mit einer Einsparung von immerhin fünf bis sechs Prozent.

Frankfurt bleibt bei 28 Grad

Auch in anderen Städten wird darüber nachgedacht, ob kälteres Badewasser in dieser Lage eine geeignete Maßnahme sein könnte. Das Thema Energieverbrauch und Einsparpotential sei ohnehin ständig präsent, betont Boris Zielinski, Geschäftsführer der Frankfurter Bäderbetriebe. Aber aktuell sei es wichtiger denn je. Trotzdem sollen die Wassertemperaturen in den Frankfurter Hallenbädern vorerst nicht gesenkt werden. In den Schwimmerbecken liegen sie laut Zielinski bei 27 bis 28 Grad, in den Nichtschwimmer- und Therapiebecken etwas höher.

Für ihn ist es eine Sache der Abwägung. "Wir müssen alle Gruppen der Gäste mit einbeziehen, das geht von den Babys bis hin zu den Senioren. Da sind auch manchmal gewisse Wasser- und Heizungstemperaturen notwendig", erklärt Zielinski die Beweggründe. Ein wenig kälter ist es für die Badegäste dennoch geworden: In den Umkleiden und Eingangsbereichen herrschen nun etwas niedrigere Raumtemperaturen. Dort merke man den Unterschied von einem Grad nicht groß, so Zielinski.

Hanau: Minimum im Außenbecken schon erreicht

In Hanau hat man sich nach einer Prüfung ebenfalls gegen kälteres Wasser entschieden, wie eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage erklärt. Es habe sich gezeigt, dass eine Absenkung um ein Grad in den Hallenbädern nicht wirklich viel Einsparung bringe.

Eine stärkere Reduktion sei nicht möglich: Zum einen aus bestimmten technischen Gründen, zum anderen weil es "zu massiven Beschwerden der Gäste führen" würde, vor allem bei den beliebten Kursangeboten für Babys und Schwimmanfänger. Auch in den Außenbecken soll das Wasser nicht kälter werden. Mit 24 bzw. 21 Grad herrschten dort schon Mindesttemperaturen, die nicht weiter gesenkt werden könnten.

In Zukunft wollen sich die Hanauer Bäder unabhängiger von steigenden Energiepreisen machen: In den kommenen beiden Jahren sollen Solaranlagen auf den Dächern installiert werden.

Kassel und Wiesbaden nutzen Sonnenenergie

In Kassel ist man da schon einen Schritt weiter. Dort gibt es bereits Solaranlagen, so dass das Wasser in den Becken mittels Sonnenenergie geheizt wird. Außerdem setzt die Stadt auf Fernwärme, die aus der Verbrennung von Müll gewonnen wird. Auf Gas sei man deshalb nicht angewiesen, wie ein Sprecher der Stadtwerke erklärte. Deswegen gebe es auch keine Überlegungen, in den Bädern die Wassertemperatur zu senken.

Mehrere Schwimmer ziehen in einem Becken ihre Bahnen

Auch in Wiesbaden setzt man schon auf die Kraft der Sonne, zumindest in den Freibädern, wie ein Sprecher der Bäderbetriebe mattiaqua sagte. Dort wird das Wasser über sogenannte Solarabsorber-Anlagen – dunkle Matten, durch die das Wasser fließt - aufgeheizt. Auch in den beiden Thermalbädern der Stadt sei die Situation weniger akut, da sie bereits mit warmem Thermalwasser betrieben würden.

Sollten in den anderen Bädern Einsparungen nötig werden, so wolle man auf eine Mischung unterschiedlicher Maßnahmen setzen – "um einerseits Energie einzusparen, andererseits unseren Gästen dennoch einen angemessenen Badekomfort zu bieten", so der Sprecher.

Wasser im Fuldaer Freibad wird kühler

Diesen Spagat will man auch in Fulda schaffen. Neben der Absenkung der Wassertemperaturen im Hallenbad soll es in diesem Sommer auch im Freibad Rosenau etwas kühler zugehen. Am 20. Mai wird es öffnen, zum Saisonstart will man das Wasser dann gar nicht erst so weit hochheizen wie üblich.

Weitere Einsparungen soll dort eine Abdeckung für das große 50-Meter-Becken ermöglichen. "Durch diese Abdeckung werden wir nennenswert sparen können", ist RhönEnergie-Geschäftsführer Heun überzeugt. Acht bis neun Prozent weniger werde man bestimmt erreichen. Diese Maßnahme, die schon vorher geplant war, kommt damit genau zur richtigen Zeit.

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