Für den Traum vom Eigenheim müssen die Hessen immer tiefer in die Tasche greifen. Jahrelang konnten sie Baukredite zu günstigen Konditionen bekommen. Doch das ist vorbei. Ist der Immobilienboom zu Ende?

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Steigende Bauzinsen: Platzt der Traum vom Eigenheim?

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Die Immobilien-Suche ist ein Riesenproblem - auch für Anna und David. Ihnen ist es in ihrer Drei-Zimmer-Wohnung in Frankfurt längst zu eng geworden, seit Tochter Lea auf der Welt ist. Schon drei Jahre lang sucht die junge Familie nach einem Haus, bisher ohne Erfolg. "Das ist frustrierend", räumt David ein. "Dabei ist das unser Lebenstraum, den wir uns gerne erfüllen würden."

Dieser Traum wäre für das junge Paar allerdings schwierig zu finanzieren: Denn um sich so ein Haus leisten zu können, planen die beiden mit einem Kredit von 400.000 Euro. Den wollen sie innerhalb von 30 Jahren zurückzahlen. Dafür würden aktuell jeden Monat fast 1.600 Euro fällig werden, das wären etwa 600 Euro mehr als Ende letzten Jahres. Damals war die Immobilienfinanzierung günstig wie lange nicht.

"Zinsschock" am Anfang des Jahres

Doch Anfang des Jahres habe es einen Zinsschock gegeben, so formuliert es der Frankfurter David. Seitdem sind die Bauzinsen massiv gestiegen: Blickt man auf Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung werden dafür mittlerweile im Schnitt 2,7 Prozent fällig. Dagegen war es in der Zeit von Mitte 2019 bis Ende 2021 weniger als ein Prozent. Laut FMH-Finanzberatung waren es zeitweise – am absoluten Tiefpunkt – sogar nur 0,62 Prozent.

Noch weiter ging es bei den Krediten mit 15-jähriger Zinsbindung seitdem nach oben, da ist die Drei-Prozent-Marke bereits überschritten.

Es ist eine Entwicklung, die der Oberurseler Baufinanzierungsberater Uwe Steffen zwar erwartet hatte. Von der Geschwindigkeit ist er aber ebenso überrascht ist wie die Volkswirte der meisten Banken. Der Markt nehme vorweg, was viele von der Europäischen Zentralbank erwarten, meint Uwe Steffen: "Im Laufe des Jahres dürfte sie die Zinswende umsetzen, nachdem die Verbraucherpreise in Folge des Ukraine-Krieges rasant gestiegen sind."

Ist der Immobilienboom bald vorbei?

Auch viele Baumaterialien wie Holz oder Stahl verteuerten sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes innerhalb eines Jahres drastisch - teilweise um bis zu 77 Prozent. Neben den steigenden Bauzinsen ist das ein zusätzliches Problem für diejenigen, die selbst bauen oder eine bestehende Immobilie sanieren wollen. Zumal auch die dafür nötigen Handwerker immer schwerer zu finden sind.  

"Der Immobilienboom neigt sich dem Ende zu", heißt es bereits beim Online-Portal Immowelt. Nach der jahrelangen Preisrallye würden die Preise in vielen Städten bis zum Ende des Jahres stagnieren oder gar sinken. In Frankfurt sei der stärkste Rückgang zu erwarten, um etwa fünf Prozent. Demnach würde bei einer durchschnittlichen Drei-Zimmer-Wohnung der Quadratmeter bald nur noch knapp 6.300 Euro kosten – etwa 300 Euro weniger als im Moment.  

Einige greifen gerade jetzt zum "Betongold"

Das hält man auch beim Immobilienverband IVD Mitte für plausibel, denn die Nachfrage nach Immobilien sei gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen. Viele Menschen würden sich zurückhalten, nicht nur wegen der steigenden Bauzinsen. Sie seien verunsichert durch den anhaltenden Ukraine-Krieg und würden sich sorgen, wie sich die Lebenshaltungskosten weiter entwickeln könnten.

Offenbar gibt es aber auch andere, die gerade angesichts der hohen Inflation zum "Betongold" greifen. Jedenfalls beobachtet Immobilienmakler Martin Jalink aus Nidderau, dass viele seiner Kunden zwar angesichts der steigenden Baukosten und Bauzinsen verunsichert seien. "Trotzdem steigt die Nachfrage, weil sich viele Privatleute die aktuellen Zinsen sichern wollen, bevor sie weiter steigen", so Jalink. Ob es wirklich zu einem weiteren Zinsanstieg kommt, da gehen die Meinungen unter Experten allerdings auseinander.

Wer früher dran war, kann sich freuen

Familie Gaida kann dagegen ganz entspannt sein. Ihre Traumimmobilie nimmt bereits Gestalt an, eine Doppelhaushälfte in Frankfurt. Auch den Kredit dafür hat sie sich längst gesichert. Den Vertrag habe man bereits vor zwei Jahren bei der Bank unterzeichnet, berichtet Familienvater Jens: "Wir konnten ein Darlehen über 15 Jahre noch zum Zins von 0,85 Prozent abschließen und Fördermittel der Kfw bekommen, das hat uns sehr gefreut."

Rückblickend war das für die Familie ein absoluter Glücksfall: Denn zu den aktuellen Konditionen hätte sie ihr Bauprojekt nicht mehr so leicht umsetzen können, jedenfalls nicht im Rhein-Main-Gebiet. Zumindest hätte sie deutlich weiter rausziehen müssen.

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