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Muss Hessen die Frist zur Abgabe der Grundsteuer-Erklärung verlängern?

Häuserfassaden in Wiesbaden

Die Frist läuft Ende Oktober ab - und die allermeisten in Hessen haben die Erklärung für die Grundsteuer-Reform noch abgegeben. Das Finanzministerium ist zufrieden, andere sind sicher: Der Zeitplan ist nicht mehr zu halten.

Größe des Grundstücks, Größe der Wohnung, Flurstück: Die Eigentümer von rund 2,8 Millionen Häusern, Wäldern und Wiesen in Hessen müssen den Finanzämtern bis spätestens 31. Oktober Daten liefern, damit für sie die Grundsteuer neu berechnet werden kann. Nach dem Start am 1. Juli sind zur Halbzeit bislang rund 546.000 der fälligen Erklärungen abgegeben worden.

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Spätere Abgabefrist

Die Finanzminister der Bundesländer einigten sich am 13. Oktober auch wegen des bis dato geringen Rücklaufs darauf, dass die Abgabefrist für die Grundsteuererklärung von Ende Oktober auf Ende Januar 2023 verlängert wird.

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Das entspricht einem Rücklauf von erst 19 Prozent. Für das Finanzministerium und die federführende Oberfinanzdirektion in Frankfurt trotzdem ein Grund zur Zufriedenheit. Von einem "gelungener Start in das Mammutprojekt Grundsteuerreform" sprach jedenfalls Martin Worms, Staatssekretär im CDU-geführten hessischen Finanzministerium.

Kommt der große Schwung erst noch?

Worms gab sich zuversichtlich, dass "noch weitaus mehr Erklärungen eingehen und wir eine starke Schlussphase erleben werden". Dass der Rücklauf in den ersten beiden von vier Monaten nicht größer ist, führte er neben der Urlaubzeit auch darauf zurück, dass Sorgen wegen des Krieges, der Preissteigerung und der Energieknappheit die Menschen beschäftigten.

Auch Jürgen Roßberg, Präsident der Oberfinanzdirektion Frankfurt, zeigte sich zufrieden. Es sei nicht ungewöhnlich, dass eine erhebliche Menge an Erklärungen erst kurz vor Fristende eingeht. Das lehre das Verhalten der Steuerpflichtigen bei der Einkommensteuer.

95 Prozent aller Erklärungen wurden den Angaben zufolge elektronisch abgegeben: Lediglich die restlichen fünf Prozent seien in Papierform erfolgt. Die digitale Abgabe über Elster, das Online-Portal der Finanzverwaltung, ist Pflicht. Die schriftliche Erklärung auf Papierformular bedarf eines besonderen Antrags.

Verwunderung über Erfolgs-Zwischenbilanz

Die Papierform zu beantragen läuft nach den Erfahrungen des Eigentümerverbandes Haus & Grund tatsächlich ziemlich problemlos. Über die Zufriedenheit von Ministerium und Verwaltung mit dem bisherigen Rücklauf könne er sich aber nur wundern, sagte Younes Frank Ehrhardt, Geschäftsführer des Verbandes in Hessen.

Nach Meinung Ehrhardts zeigen die Zahlen: Der Versuch, die Erklärungen von den Bürgern binnen vier Monaten zu bekommen, sei schon jetzt gescheitert. "Wir sind sicher, dass die Frist verlängert werden muss." Haus & Grund Hessen hatte schon früh gefordert, den Bürgern mehr Zeit zu lassen. Die ganze Reform dauert knapp vier Jahre, soll 2026 wirksam werden. Den Bürgern lasse man vier Monaten, und der Zeitraum falle auch noch in die Ferien, bemängelt Ehrhardt. "Deutlicher kann man Bürgerferne nicht dokumentieren."

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Mehr Steuergerechtigkeit versuchen

Die bundesweite Grundsteuerreform ist nötig, weil das Bundesverfassungsgericht die geltende Berechnung für ungerecht hält. Mit den Daten, die derzeit erhoben werden, legt die Finanzverwaltung in Hessen den Grundsteuermessbetrag fest. Kombiniert mit den jeweiligen Steuer-Hebesätzen der Kommunen ergeben sich daraus die fälligen Beträge, die Eigentümer zahlen müssen. Die Steuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Städte und Gemeinden, ihre Hebesätze unterschieden sich teils deutlich.

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Lindners Signale

Eine Überlastung der Plattform Elster, Verständnisprobleme der Steuerpflichtigen beim Abgeben der Erklärung und geringer Rücklauf haben bundesweit zu einer Debatte über das Verfahren geführt. Eine Verlängerung der Frist wird in Ländern wie Baden-Württemberg längst konkret erwogen. Im Nachbarbundesland liegt die Rücklaufquote mit 16 Prozent drei Prozentpunkte niedriger als in Hessen.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte nach den vielen Beschwerden signalisiert, Eigentümer könnten mehr Zeit erhalten. Hessen hatte Probleme beim Ausfüllen ausdrücklich vermeiden wollen. Der Landtag hatte Ende 2021 mit den Stimmen der schwarz-grünen Koalition ein einfacheres Verfahren beschlossen, als es in den meisten anderen Ländern angewendet wird.

Was ist ein Flurstück?

Aus den Fragen der Mitglieder an Haus & Grund ergibt sich nach Angaben von Geschäftsführer Erhard aber: Die Eingabe auf dem Onlineportal Elster sei auch in Hessen längst nicht so einfach, wie zum Start dargestellt. "Wir bekommen auch viele Fragen von unseren Mitgliedern zur Feststellung der Wohnungsgröße."

Die Oberfinanzdirektion sprach auf Anfrage von "möglichen individuellen Problemen und einzelfallbezogenen Schwierigkeiten". Dafür stehe den Bürgern aber ein breites Serviceangebot zur Verfügung. Die meisten Rückfragen gab es demnach zu den verwendeten Begriffen des Grundstückskatasters wie Flur, Flurstückszähler und -nenner. Vergleichsweise häufig gehe es auch um Fälle von Miteigentümern und Gemeinschaften.

Bundesweit spitze

Finanzministerium und Oberfinanzdirektion begründen ihre Zufriedenheit mit der Halbzeit-Bilanz nicht zuletzt damit, bei den digitalen Erklärungen sei Hessen im Vergleich der Bundesländer derzeit immerhin Spitzenreiter.

Die bundesweiten Vergleichszahlen waren am Donnerstag auf Anfrage aus der hessischen Finanzverwaltung allerdings nicht zu erhalten. Sie lägen in Hessen vor, aber nicht zur Veröffentlichung. Das sei Sache jedes einzelnen Landes.