Was tun gegen explodierende Kosten beim Bau von Wohnungen, Straßen, Brücken? Hessens Unternehmerverbände sehen in Erleichterungen beim Abbau von Sand, Kies oder Basalt eine Lösung. So einfach ist die Sache laut Umweltministerium nicht.

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Baukostenexplosion durch mehr regionalen Abbau entgegenwirken

Die Baustelle eines Mehrfamilienhauses (dpa)
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Angesichts steigender Baupreise fordert die hessische Wirtschaft von der Landspolitik Erleichterungen bei der Gewinnung von mineralischen Rohstoffen in Hessen. Genehmigungen zur regionalen Förderung von Sand, Kies, Basalt oder Ton müssten in Zukunft schneller erteilt werden, wünschte sich die Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU) am Montag in Wiesbaden.

Andernfalls drohten die Kosten für Wohnungs- oder Straßenbau und die Industrie noch deutlicher als bislang zu steigen, weil teurer importiert werden müsse. Das schaffe auch unnötige Verkehrs- und Umweltbelastungen.

"Die wirtschaftliche Versorgung der Bauwirtschaft mit regionalen mineralischen Rohstoffen ist ein Beitrag, die steigenden Kosten beim Wohnungsbau zu dämpfen", sagte VhU-Vizepräsident Thomas Reimann. In Hessen würden rund 50 Millionen Tonnen mineralischer Rohstoffe pro Jahr nachgefragt. Nur 35 Millionen Tonnen würden im Bundesland selbst gewonnen.

Flächen für Rohstoffgewinnung sichern

Die VhU will erreichen, dass ihre Forderungen Eingang in die Programme der Parteien zur Landtagswahl im Herbst 2023 finden. Sie stellt bereits seit Frühjahr ähnliche Forderungskataloge auch für andere Politikfelder auf.

Meist geht es den Unternehmen bei gewünschten Abbau-Genehmigungen um die Erweiterung bestehender Abbauflächen. Das Land müsse ausreichend und vorrangig Flächen für die Rohstoffgewinnung sichern, forderte Christoph Hagemeier, Landesvorsitzender des Verbands der Bau- und Rohstoffindustrie.

"Bodenschätze sind nun mal standortgebunden", sagte Hagemeier. In den Abbaugebieten entstünden oft neue Biotope oder Freizeitareale. Ökologisch wertvoll sei der Abbau aber vor allem bei laufendem Betrieb, das schaffe Dynamik zugunsten der Artenvielfalt. Allerdings ist der lokale Widerstand trotz solcher Argumente oft enorm.

Kritik an Widerstand von Umweltaktivisten

So machten Umweltschützer in jüngster Vergangenheit gegen den Sand- und Kiesabbau am Langener Waldsee mobil, sprachen von "Raubbau". Es drohe weder Sand- noch Kiesmangel in Hessen. Außerdem seien andere, umweltverträglichere Baustoffe nötig.

Auch angesichts solcher Widerstände fordert die VhU, das Land solle den betroffenen Kommunen einen finanziellen Ausgleich für die mit dem Abbau verbundene Belastung zahlen. Größter Preistreiber beim Bauen sei die Entsorgung von Erdaushub. Die Kosten stiegen demnach seit 2015 um 62 Prozent, weil Deponieraum fehle und die Regeln zur Verfüllung alter Gruben mit Erde nicht praxistauglich seien.

Land soll mehr Recycling-Baustoffe einsetzen

Nachholbedarf gibt es in Hessen nach Angaben des Industrieverbands Steine und Erden auch bei der Akzeptanz von Recycling-Material. Das gelte auch für das Land selbst. Bei den öffentlichen Ausschreibungen kämen hochwertige Recycling-Baustoffe nicht zum Zug - aus Bequemlichkeit, Gewohnheit oder wegen fehlenden Wissens.

Gefährdet ist die Versorgungssicherheit bei den mineralischen Rohstoffen laut VhU auch wegen Transportproblemen. Das meiste wird auf Schienen befördert, "aber schon seit Jahren bremsen Probleme bei der Bahn den Güterverkehr aus".

Trockenheit und Ukraine-Krieg führen Probleme vor Augen

Wie schnell die Materialbeschaffung von Rohstoffen für Hessen akut zum Problem werden könne, zeigten aktuelle Krisen. Die Rhein-Schifffahrt sei wegen der niedrigen Pegel eingeschränkt. Kriegsbedingt fielen zudem die Ukraine und Russland als Lieferanten von jährlich fünf Millionen Tonnen Material aus.

Das stellt die betroffenen Branchen vor enorme Probleme, wie Matthias Schlotmann sagte, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Steine und Erden von Hessen/Thüringen. So treffe der Wegfall ukrainischen Tons die keramische Industrie in Hessen schwer.

Ministerium weist Kritik zurük

FDP und AfD im Landtag gaben den Unternehmen in ihren jeweiligen Stellungnahmen Rückendeckung, forderten das Land zum Handeln auf. So einfach liegen die Dinge nach Sicht des von der Grünen Priska Hinz geführten Umweltministeriums allerdings nicht. Das rühre schon daher, dass das Land Genehmigungsverfahren kaum beeinflussen könne.

So sinnvoll der regionale Abbau von Rohstoffen grundsätzlich sei: Auflagen, die dem Schutz der Natur und der Bevölkerung dienten, gingen "in erster Linie auf europarechtliche und nationale Regelungen zurück", teilte das Ministerium auf Anfrage mit. Ausgleichszahlungen an Kommunen würden Verfahren kaum beschleunigen, da die Klagen gegen den Abbau häufig nicht von betroffenen Gemeinden ausgingen. Und bei der Verwertung von Erdaushub und Bauschutt stelle der Schutz des Grundwassers hohe Anforderungen.

Es sind nach Sicht des Umweltministeriums nicht zuletzt die Unternehmen selbst, die am ehesten die Akzeptanz von Anliegern für einen Rohstoff-Abbau und den damit verbundenen Lkw-Verkehr befördern können. Einzelne Betriebe engagierten sich zum Beispiel erfolgreich sozial in den Kommunen.

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