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Eswe dünnt Wiesbadener Busverkehr drastisch aus

Busse der ESWE in Wiesbaden

Im Wiesbadener Busverkehr gilt ab Montag vorerst der Samstags-Fahrplan. Das deutlich reduzierte Fahrangebot sei dem Personalmangel geschuldet, teilte Eswe Verkehr mit - und sieht in der Problemlösung eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe".

Im Wiesbadener Nahverkehr gilt bis auf Weiteres jeder Tag als ein Samstag. Doch was so vielversprechend klingt, hat einen ernsten Hintergrund:

Ab Montag, 5. September, reduziert der städtische Mobilitätsdienstleister Eswe Verkehr seine Bus-Fahrpläne. "Grundsätzlich fahren alle Linien montags bis freitags nach dem Samstags-Fahrplan", teilte Eswe Verkehr am Mittwoch mit.

Eswe: 50 Busfahrer fehlen täglich

Ursache ist laut dem Unternehmen ein Mangel an Personal. Derzeit fehlen Eswe Verkehr demnach täglich etwa 50 Busfahrer, um einen Regelbetrieb aufrecht zu erhalten.

Der Personalmangel hatte in Kombination mit einem auch durch Corona-Infektionen erhöhten Krankenstand schon in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder zu Ausfällen im Wiesbadener Busverkehr gesorgt.

750 Busfahrer reichen nicht für volles Fahrplanangebot

"Wir gehen nun den ehrlichen Schritt und sagen: Wir wollen keine Ausfälle mehr, wir wollen wieder Zuverlässigkeit im Fahrplan für unsere Kundinnen und Kunden", sagte Eswe-Verkehr-Geschäftsführer Jan Görnemann. Gleichzeitig müssten aber auch die verbliebenen Mitarbeiter entlastet werden. "Die Kollegen arbeiten seit Monaten über dem Limit!", sagte Görnemann.

Wie Eswe Verkehr weiter mitteilte, haben seit Jahresbeginn 58 Fahrer das Unternehmen auf eigenen Wunsch hin verlassen, 12 weitere sind in die Rente eingetreten. Zur gleichen Zeit seien 42 Mitarbeiter ins Unternehmen gekommen, in dem derzeit 750 Busfahrer arbeiten. Doch das reiche nicht, um das volle Fahrplanangebot zuverlässig anbieten zu können.

"Wir drücken den Reset-Knopf"

Die Fahrplananpassung versetze den Mobilitätsdienstleister nun in die Lage, wieder genug Reservefahrer vorzuhalten, um gezielt auf Strecken mit hoher Auslastung Zusatzfahrten anzubieten. So könnten Fahrer und Fahrzeuge flexibler am tatsächlichen Bedarf orientiert eingesetzt werden. "Wir drücken den Reset-Knopf und fahren das System langsam wieder hoch", sagte Geschäftsführer Görnemann.

Dazu werde zwar das Fahrplan-Grundgerüst unter der Woche umgestellt, der Schülerverkehr innerhalb Wiesbadens aber solle auch weiterhin in vollem Umfang gewährleistet sein. "Darüber hinaus wollen wir jeden verfügbaren Fahrer im Liniennetz einsetzen und für Entlastung sorgen", sagte Görnemann.

Welcher Bus nun wann fährt, lässt sich über die RMV-App oder die RMV-Fahrplanauskunft auf eswe-verkehr.de prüfen.

Wie lange das Fahrplanangebot reduziert bleibt, sei noch nicht absehbar. Der reguläre Fahrplan solle so schnell wie möglich wieder gefahren werden. "Es hängt davon ab, wann wir wieder genug Busfahrer zur Verfügung haben", teilte Eswe Verkehr dazu mit.

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Ausnahmen von der Fahrplan-Reduzierung

1. Der komplette Schülerverkehr inklusive aller E-Linien fährt ohne Einschränkungen.
2. Die Linien 9, 34, 38, 46, 49 fahren weiter nach dem regulären Fahrplan.
3. Auf den Linien 20, 37 und 47 werden zur Entlastung zusätzlich zum Samstags-Fahrplan Verstärker-Fahrten eingeplant, die nach und nach über die Online-Fahrplanauskunft einsehbar sein werden.
4. Die Linie 28 fährt zwar grundsätzlich nach dem Samstags-Fahrplan. Jede Fahrt geht jedoch bis zur Haltestelle "Bismarckplatz" in Mainz.
5. Die Linien 2 und 43 entfallen komplett.
6. Im Nachtverkehr fahren alle Nightliner (Linien N2 bis N13) sowie die Linie 6 von und bis Mainz Hauptbahnhof nach ihrem üblichen Fahrplan. Hier gibt es keine Änderungen.

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Personalfindung als "gesamtgesellschaftliche Aufgabe"

Und man arbeite seit einiger Zeit daran, Fahrpersonal zu gewinnen. So würden die Vorbeschäftigungszeiten von Fahrern bei vorherigen Unternehmen anerkannt, was sich positiv in der Eingruppierung in den Entgeltstufen auswirkt.

Zudem sei Eswe Verkehr eines der wenigen kommunalen Verkehrsunternehmen in der Region, das selbst Busfahrer ausbildet. Bis zu 60 Fahrer könnten in Wiesbaden jährlich den entsprechenden Führerschein erwerben.

"Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dafür zu sorgen, dass wir auch in Zukunft Menschen finden, die mit Leib und Seele einen systemrelevanten Beruf ergreifen: den des Busfahrers", sagte Görnemann.

RMV sieht Fachkräftemangel in der gesamten Branche

Dieses Problem sei zudem keines, das Eswe Verkehr exklusiv plagt, teilte der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) auf hr-Anfrage mit. "Grundsätzlich ist der Fachkräftemangel in der gesamten Nahverkehrs-Branche immer wieder ein Thema", sagte eine Sprecherin am Mittwoch.

Immer wieder meldeten einzelne Partner lokale Ausfälle im Bus- oder Zugverkehr. "Doch jeder Verkehrsdienstleister im RMV sucht für sich mit Hochdruck nach neuem Personal."

Dass Hochdruck geboten ist, verdeutlichen auch die Zahlen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Einer Studie von 2021 zufolge müssen im öffentlichen Personennahverkehr bis 2030 rund 74.000 altersbedingt freiwerdende Stellen wieder besetzt werden - und prognostizierte 110.000 neuen Mitarbeiter gefunden werden, "die wir für die Mobilitätswende dringend suchen", sagte Oliver Wolff, der VDV-Hauptgeschäftsführer.

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