Fit für den Klimawandel Kakis, Feigen und Pawpaw aus Nordhessen

Feigen aus dem Werratal, nordhessische Kakis: Ein Agroforst aus exotischen und heimischen Pflanzen soll dem Klimawandel trotzen. Auf einem zwölf Hektar großen Experimentierfeld wollen junge Landwirte zeigen, dass exotische Früchte und Sträucher in Hessen eine Zukunft haben - und den heimischen Pflanzen sogar helfen können.
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Exotische Früchte aus Nordhessen

Eine Roggenfeld wiegt sich in der Sommerhitze, darüber beugen sich Bäume mit reifen Feigen und Kakifrüchten - so könnte es in unserer vom Klimawandel und Monokulturen geplagten Landschaft in der Zukunft aussehen.
Agrarwissenschaftler Christoph Meixner steht auf den zwölf Hektar Land bei Eschwege (Werra-Meißner), auf der diese Zukunft künftig sprießen soll. Er pflanzt einen Kakibaum. Der Himmel ist grau, es ist kalt und nass. "Wir wissen, dass die Kaki es hier schaffen könnte", sagt Meixner, der Baum kommt aus Israel, wo es heiß und trocken ist.
Auch die Pawpaw soll hier künftig wachsen, die sogenannte Indianerbanane, deren Geschmack an Mango und Vanille erinnert. Das Feld in Nordhessen soll zeigen, ob die exotischen Pflanzen in Hessen überleben - und bald eingebürgert werden können.
Revolution mit Pekannüssen
Zusammen mit dem Bio-Landwirt Julius Nennewitz will Meixner damit die traditionelle Landwirtschaft revolutionieren, zumindest ein bisschen. Das Prinzip: Sie haben für ihr Experiment Land vom Biohof Werragut gepachtet, dem Betrieb der Familie Nennewitz. Hier wird ein Agroforstsystem entstehen. Dafür sollen 1.000 Beerensträucher, Obst- und Nussbäume gepflanzt werden.
Dazwischen ist Platz für herkömmliche Landwirtschaft wie Äcker mit Roggen. Eine bunte Mischung aus heimisch und exotisch soll so entstehen mit Kakis, Apfelbäumen, Ölweiden, Pekannüssen, Quitte, Maulbeeren oder Feigen.
Ziel ist, dass die Böden im Sommer nicht mehr so schnell austrocknen, die flachen Wurzeln der Ackerpflanzen bekommen dann zu wenig Wasser. Tief wurzelnde Bäume und Sträucher sollen das Austrocknen verhindern: Sie sollen Wasser aus tieferen Schichten hochziehen, erklärt Landwirt Nennewitz. Die einjährigen Ackerkulturpflanzen wie Roggen haben dann die Möglichkeit, auch in den oberen Bodenschichten an Wasser zu kommen.
Spenden für die Landwirtschaft der Zukunft
"Wir wirken dem Klimawandel entgegen, indem wir Kohlenstoff in den Wurzeln und dem Holz einspeichern und gleichzeitig kühlen wir den Boden, weil der Boden bedeckt ist durch die Baumkronen", sagt der 32-jährige Meixner. Für ihre Idee von einem Agroforst mit exotischen Sorten sammeln sie Spenden. Sieben Euro kostet "gutes Karma", 50 Euro eine Baumpatenschaft und für 300 Euro erwerben Spender "Fünf Quadratmeter Vielfalt". Öffentliche Gelder gibt es für solche Projekte nicht.
Im Gegenzug wollen die Agroforst-Pioniere ihre Erfahrungen und Daten teilen. Sie wollen einen Lehr- und Lernhof aufbauen: Wenn die Pflanzen in nordhessischem Boden gedeihen und das Konzept aufgeht, wollen sie ihre Erfahrung in Workshops auch an andere Betriebe weitergeben.
Nennewitz Mutter Katharina betreibt den Biolandhof Werragut. Dass ihr Sohn jetzt einige Hektar zu einem Versuchsfeld umbauen will, findet sie gut: "Das macht doch Freude, wenn man sieht, wie die junge Generation da mit Elan dran geht und mit Sinn und ihre Energie da reinsteckt", sagt sie. Auf ihrem Hof werden schon wetterfeste Sorten wie Hanf und Lupinen gepflanzt.
"Eine unglaublich schöne Aufgabe"
Für Sohn Julius hat der Beruf des Biolandwirts das wohl größte "Potenzial, die Welt zu verbessern" sagt der 28-Jährige. Die Menschen würden sich in Zukunft sowieso vor allem pflanzlich ernähren - da brauche es viele verschiedene Arten, die vor Ort angebaut werden und Proteinlieferanten wie Nüsse.
"Wir müssen wegkommen von diesen einjährigen, sehr krisenanfälligen Kulturen, die jedes Jahr neu ausgesät werden - es gibt auch genug Weizen auf dem Weltmarkt", sagt er. Für kleinere Höfe lohne sich die Weizenproduktion nicht. Die Landwirtschaft müsse sich wandeln, findet Nennewitz - daran mitzuarbeiten sei "eine unglaublich schöne Aufgabe".