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Die Nachfrage nach Lastenrädern ist groß. Angeheizt wird sie in Hessen durch hohe Fördersummen von Kommunen und Land. Der klimafreundliche Autoersatz ist nicht mehr nur ein Thema für vermögende Großstädter.

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Lastenräder immer gefragter

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Acht Minuten nach Mitternacht schickte Cornelia Grüneisen ihre Mail an die Stadt Frankfurt ab. Darin beantragte sie einen Zuschuss zum Kauf eines Lastenrads mit Elektroantrieb, immerhin 1.000 Euro. Die Stadt hatte eine Fördersumme von insgesamt 200.000 Euro für dieses Jahr in Aussicht gestellt. Das sprach derart viele Bürgerinnen und Bürger an, dass Cornelia Grüneisens Antrag, abgeschickt um 0.08 Uhr, also unmittelbar nach Anbruch des Stichtags für die Bewerbungen, bereits auf einer Warteliste landete.

Die Frankfurterin und ihr Mann haben dann aber doch Glück gehabt. Aufgrund des großen Andrangs zog die Stadt die Fördermittel für das kommende Jahr vor. Cornelia Grüneisen rutschte nach, kassierte den Zuschuss und bezahlte für ihr neues E-Lastenrad 3.000 statt 4.000 Euro.

Kindertransport, Wocheneinkauf - alles per Lastenrad

Dass Menschen ihre alltäglichen Wege statt mit dem Auto mit dem Rad zurücklegen, das ist politisch gewollt. Deshalb unterstützen hessische Städte wie Frankfurt, Wiesbaden und Gießen den Kauf von Lastenrädern mit verhältnismäßig großen Zuschüssen, 1.000 Euro für ein E-Lastenrad, 500 Euro für ein Lastenrad ohne Motor. Damit heizen sie die Nachfrage nach dieser klimafreundlichen Alternative zum Auto an - ohnehin stieg der Absatz von Lastenrädern in den Corona-Jahren nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands deutlich.

"Wir haben kein Auto und machen alles mit dem Rad. Wir fahren unsere Kinder damit quer durch die Stadt und gehen damit einkaufen", berichtet Cornelia Grüneisen. Daher kauften die beiden sich jetzt sogar ihr zweites Lastenrad. Grüneisen ist mit ihrem sogenannten Long Tail sehr zufrieden. Auf dem langen, gepolsterten Gepäckträger könne sie ihre beiden sechsjährigen Kinder mitnehmen, aber auch einen Erwachsenen, berichtet sie. Oder ihren Wocheneinkauf oder eine Sprudelkiste. Dank der Motorunterstützung komme sie dabei kaum ins Schwitzen.

Cornelia Grüneisen aus Frankfurt mit ihrem Lastenrad

Cornelia Grüneisen und ihr Mann nutzen ihre Lastenräder jeden Tag. Sie bringen ihre Töchter zum Kindergarten oder zum Sport, zweieinhalb Kilometer quer durch die Stadt. "Unsere Töchter können zwar schon selbst Fahrrad fahren. Aber für manche Strecken ist es einfach sicherer, wenn sie hinten drauf mitfahren", sagt sie. Gerade in einer Großstadt wie Frankfurt, in der nicht alle Fahrradwege sicher für Kinder ausgebaut sind, sei das ein Riesenvorteil.

1,5 Millionen Euro vom Land Hessen

Auch das Land fördert die Anschaffung von Lastenrädern. In der ersten Förderrunde 2020 steuerte es hessenweit zwei Millionen Euro an Zuschüssen bei. "Wir wollen, dass Hessen klimaneutral wird. Das bedeutet, dass wir Anreize schaffen dafür, dass Menschen umsteigen und eine andere Art der Mobilität nutzen" sagt Umweltministerin Priska Hinz (Grüne).

Im laufenden Jahr gibt das Land dafür 1,5 Millionen Euro aus. Auch dieser Topf sei bereits leer, teilt das Umweltministerium mit, neue Anträge könnten nicht mehr gestellt werden. Der Kauf von gut 1.850 Lastenrädern und Fahrradanhängern sei damit gefördert worden. Für das kommende Frühjahr stellt Ministerin Hinz die nächste Förderrunde in Aussicht, erneut mit einem Volumen von 1,5 Millionen Euro.

Mehr Lastenräder, mehr Konflikte im Straßenraum

Und so fahren in Hessen immer mehr Lastenräder durch die Gegend. Aber nicht jedem Fußgänger oder jeder Autofahrerin sind die schnellen, großen und breiten Fahrräder geheuer. Dennis Knese hat an der Frankfurt University of Applied Sciences eine der ersten Rad-Professuren in Hessen inne. Sein Fachgebiet: Nachhaltige Mobilität und Radverkehr. Er freut sich, dass mehr Lastenräder unterwegs sind, sieht aber auch das Konfliktpotenzial.

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Die Kommunen müssten handeln, findet Knese: "Der Straßenraum muss gerechter aufgeteilt werden. Wir müssen dem motorisierten Verkehr Platz wegnehmen, um sichere Verhältnisse für alle zu schaffen." Für Lastenräder brauche es eine entsprechende Infrastruktur, so Knese: "Weil sie länger sind, breiter und schwerer und andere Fahrdynamiken haben." Der Trend zu mehr Lastenrädern lässt sich aus Sicht des Radprofessors nicht mehr aufhalten.

Fahrradstraßen in Frankfurt

Die Stadt Frankfurt hat erste Projekte auf den Weg gebracht. Der Oeder Weg im Nordend wird zu einer Fahrradstraße umgebaut, seinem Beispiel sollen weitere Straßen folgen. Parkflächen werden reduziert, breite rote Markierungen auf der Fahrbahn geben dem zunehmenden Radverkehr Raum, es gibt mehr Flächen für Außengastronomie. Das Ziel: weniger motorisierter Verkehr, mehr Lebensqualität. Doch Autos und Lastwagen weichen jetzt auf kleinere Nebenstraßen aus.

Lastenräder sind dabei längst nicht mehr nur ein Großstadtphänomen. Die Zahlen des Umweltministeriums zeigen, dass knapp die Hälfte der Förderanträge (48 Prozent) von Menschen im ländlichen Raum gestellt wurden. Radprofessor Knese überrascht das nicht: "Durch den Elektromotor kann man längere Strecken zurücklegen. Deshalb bieten Lastenräder eine gute Alternative zum Auto gerade auch im ländlichen Raum."

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"Günstiger als ein Kleinwagen"

Dem Vorurteil, dass Lastenradfahren nur ein nettes Hobby für hippe Besserverdiener sei, erteilt Dennis Knese eine klare Absage: "Ein Lastenrad ist natürlich teuer, aber wer es als Auto-Ersatz nutzt, kommt günstiger weg als mit einem Kleinwagen." Für ein solches Fahrrad fallen keine Ausgaben für Versicherung oder Sprit an.

Die Lastenrad-Industrie erhält aktuell jedenfalls viel Aufwind, nicht zuletzt aufgrund der hohen Fördersummen von Kommunen und Land. In Zukunft, glaubt Radprofessor Knese, würden die Auswahl dadurch größer und die Modelle kostengünstiger.

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Ihre Kommentare Sind Lastenräder die Zukunft im innerstädtischen Verkehr?

56 Kommentare

  • Auf jedenfall.
    Radwege sollten mehr sein. Vorhandene ausgebessert werden.

  • Ich hab ein Pferd im Stall....ist viel besser.

  • Hallo,das größte Problem bei Lastenrädern ist doch das nächtliche Abstellen. Die wenigsten hippen Städter haben eine Garage. In den Keller kann man es nicht tragen. Es sicher anschließen ist quasi nicht möglich. Es gibt natürlich GPS Tracker,aber das wissen die Diebe mittlerweile auch und können das Fahrrad entsprechend absuchen. Und 7000 für ein Urban Arrow,das ist schon heftig. Da werden wieder mal die Leute mit einem ökologischen Gewissen abgezockt, so ähnlich wie bei Bio- oder Veganprodukten.

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