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Frankfurt schafft Parkplätze in der Innenstadt ab

Parkende Autos

Um den Autoverkehr in der Stadt zu drosseln, will Frankfurt Parkplätze in den Straßen der Innenstadt nur noch für Menschen mit Behinderung und den Lieferverkehr anbieten. Auch andere hessische Städte wollen Fußgängern und Radfahrern mehr Raum geben.

Auf den Straßen in der Frankfurter Innenstadt soll es künftig außer Parkplätzen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und Ladeverkehr keine Parkplätze mehr geben. Wie Verkehrsdezernent Stefan Majer (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur sagte, solle so der "Suchverkehr" vermieden werden. Stattdessen sollen Autos in die Parkhäuser geleitet werden.

Das Konzept werde schrittweise umgesetzt, wenn Straßen neu geordnet würden. "Eine Innenstadt muss mehr sein als nur ein Laden mit einem Parkplatz davor, das ist kein Zukunftsmodell. Wir brauchen eine Qualität in den Innenstädten", sagte Majer.

Das Konzept soll langfristig innerhalb des Anlagenrings und im nördlichen Sachsenhausen umgesetzt werden. Zunächst geht es laut Verkehrsdezernat um die Altstadt, nördlich und südlich der Berliner Straße.

In den Wohngebieten mit Anwohnerparken soll es zudem keine kostenfreien Parkplätze mehr geben. "Das ist bereits in ersten Zonen umgesetzt, das müssen wir jetzt weiterführen", sagte Majer. Um den Verkehr besser steuern zu können, soll das Parkleitsystem modernisiert, digitalisiert und vernetzt werden.

Das Frankfurter Ziel: Mehr Raum für Fußgänger und Radfahrer

Die kleineren Straßen in der Innenstadt sollen beginnend in den kommenden Monaten zu verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen werden, in denen das zulässige Höchsttempo auf 20 Kilometer pro Stunde reduziert wird. "Das ist auch ein Angebot an Handel und Gastronomie", sagte Majer.

Die Stadt hat sich 2019 mit der Bürgerinitiative "Radentscheid" geeinigt. An Hauptstraßen entstanden rot markierte Radwege, auch auf Kosten von Fahrspuren des motorisierten Verkehrs. Nun werden Nebenstraßen wie der Oeder Weg umgestaltet.

Neuer Verkehrsdezernent: "So kann es nicht weitergehen"

Verkehrsdezernent Majer geht im Juli in den Ruhestand, sein Nachfolger ist der Grünen-Politiker Wolfgang Siefert. Siefert sagte, der "Radentscheid" zeige, dass es einen Bewusstseinswandel gebe: "Mit dieser autogerechten Konzeption von Frankfurt kann es so nicht weitergehen."

Ziel sei, den Straßenraum dauerhaft neu aufzuteilen: "Da ist ein bisschen Parken, da ist Lieferverkehr, aber auch viel Grün und mehr Aufenthaltsqualität, viel mehr Raum für Fuß- und Radfahrer, das ist das Grundkonzept, das wir uns in Zukunft vorstellen können", sagte Siefert.

Wiesbaden übernimmt Parkhaus-Regie

Den Autoverkehr zu reduzieren, hat sich auch die Landeshauptstadt Wiesbaden vorgenommen. Tagesgäste mit Auto sollen auch hier nicht im öffentlichen Raum parken, sondern in die Parkhäuser geleitet werden. Die Stadt wolle verpachtete Parkhäuser unter eigene Regie stellen, "um in Sachen Parkraumbewirtschaftung über mehr Steuerungsmöglichkeiten zu verfügen", erklärt ein Sprecher des Verkehrsdezernats.

Mehr Platz für Carsharing-Autos soll Anwohnern Anreiz bieten, "den eigenen Pkw abzuschaffen". Sie müssen auch mehr für das Anwohnerparken zahlen – statt 23,50 Euro nun 240 Euro für zwei Jahre. Dafür wird das städtische Schülerticket günstiger. Bisher kostenlose Parkplätze werden abgeschafft.

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Städte erhöhen Gebühren für das Anwohnerparken

In vielen hessischen Kommunen ist das Anwohnerparken deutlich teurer geworden. In Fulda betragen die Gebühren je nach Tarifzone 50 bis 90 Euro pro Jahr, zuvor lagen sie zwischen 15 und 30 Euro. Eine Erhöhung plant auch Frankfurt. Die genaue Summe steht noch nicht fest, bisher waren es 25 Euro pro Jahr. In Wiesbaden wird mit den von 11,75 auf 120 Euro pro Jahr erhöhten Gebühren das städtische Schülerticket verbilligt. Offenbach erhöhte von 30,70 auf 75 Euro. Gießen beobachtet nach eigenen Angaben zunächst die Erfahrungen der anderen Städte. Grundlage der Erhöhungen ist, dass eine zuvor geltende Obergrenze von rund 30 Euro aufgehoben wurde. Kommunen dürfen nun selbst entscheiden, was sie von Anwohnern verlangen wollen.

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Auch in Kassel sind Parkplätze zunehmend ein Thema. Die Platzaufteilung werde seit längerer Zeit diskutiert und Entscheidungen bisher dann gefällt, wenn konkrete Straßenbauprojekte anlägen, sagt ein Sprecher der Stadt. Ein systematisches Rückbauprogramm gebe es nicht. Parkplätze würden aber regelmäßig reduziert – wenn etwa Straßen und Plätze umgebaut werden. Dies geschehe dann zugunsten von Radwegen, Abstellanlagen für Fahrräder oder zur Pflanzung von Bäumen.

Darmstadt will den "Superblock"

Ein Vorhaben nach dem Vorbild der spanischen Metropole Barcelona hat sich Darmstadt für dieses Jahr vorgenommen: Die Stadt will einen sogenannten "Superblock" schaffen: ein autoarmes Quartier, in dem kein Durchgangsverkehr mehr zugelassen ist. Das Konzept soll zunächst in einem Viertel erprobt werden, sagt Verkehrsdezernent Michael Kolmer (Grüne): "Straße ist ein sozialer Ort und nicht nur ein Verkehrsraum und Parkplatz." Es soll mehr Raum geben für Sitzgelegenheiten, Begrünung, Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge.

Wo genau der "Superblock" entstehen soll, ist noch nicht klar. Jedenfalls soll dies in einem bereits bestehenden Quartier geschehen, nicht in einem Neubaugebiet. Für das Mobilitätskonzept in einem solchen, der autoarmen Lincoln-Siedlung, ist die südhessische Stadt bereits mehrfach ausgezeichnet worden.

VCD: Mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer

Die Geschäftsführerin des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in Hessen, Anja Zeller, sieht Darmstadt und Frankfurt als Vorreiter in Hessen, fordert aber auch hier mehr Tempo. "Die Ideen, die nun umgesetzt werden, gibt es schon seit den 90er Jahren", sagt Zeller. Generell sei "Entparken" ein Vorhaben, an das sich viele Kommunalpolitiker nicht so richtig heran trauten.

Die Neuverteilung von Flächen führe zu mehr Gerechtigkeit und zu mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. "Auch für die, die nicht in einem großen Auto sitzen", sagt Zeller. Musterlösungen gebe es nicht, weshalb viel Kommunikation nötig sei.

ADAC für "mehr Tempo" beim Parkplatzabbau

Dass in den Städten eine Umverteilung von Flächen stattfinden müsse, das sieht auch der ADAC so. Die Innenstädte seien zunehmend verstopft, da bleibe nichts anderes übrig, um Kollapssituationen zu verhindern, sagt Verkehrsexperte Wolfgang Herda. Die Folgen einzelner Maßnahmen müssten aber genau abgewogen werden, etwa für Gewerbetreibende, Schichtarbeiter oder Anwohner, wenn Parkplätze wegfielen.

"Das Modell der autogerechten Stadt hat sich als ein Fehler erwiesen, doch man kann es jetzt auch nicht einfach umkrempeln", sagte Herda. Wichtig sei ein Gesamtkonzept mit Beteiligung der Öffentlichkeit. Der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs – ein besserer Takt und mehr Service – müsse ein Bestandteil sein.

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hessenschau.de-Verkehrscheck

In einer sechsteiligen Serie haben wir im Sommer 2022 die Verkehrssituation in hessischen Großstädten unter die Lupe genommen. Welche Maßnahmen ergreifen die Städte? Reichen diese aus? Wir haben einen Blick auf ganz Hessen und jeweils auf die Städte Offenbach, Frankfurt, Darmstadt, Kassel und Wiesbaden geworfen.

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Ihre Kommentare Weniger Parkplätze in den Innenstädten: Wie stehen Sie dazu?

212 Kommentare

  • Unter der Woche: Schule im einen Stadtteil, Kindergarten der nächsten, Arbeit in Wiesbaden. Das ist mit öffentlichen oder gar mit dem Fahrrad schlicht nicht zu machen, vor allen Dingen wenn man Vollzeit mit 40 Stunden und mehr arbeitet.
    Und auch am Wochenende, wenn es übrigens in der Stadt nicht gerade von Autos wimmelt, werden Besuche in anderen Stadtteilen oder in der City per Auto gerade mit kleinen Kindern wesentlich leichter.
    Warum also nicht eine Regelung, nach der wegfallende Parkplätze im öffentlichen Raum durch neu zu schaffende Parhauskapazitäten ersetzt werden?

    Ansonsten sehe ich das ganze als eine Erziehungsmaßnahme aus politischer Ideologie, Die die Lebensrealitäten vieler Frankfurter ignoriert

  • Warum haben so viele Stadtmenschen ein Auto, wenn man mit ÖPNV und Fahrrad alles so toll erledigen kann, wie hier einige behaupten?

    Es gibt viele Beispiele, wie gute Verkehrsplanung funktioniert und wie man (fast) autofreie Innenstädte gestalten kann. Nur leider haben die nichts mit der Realität in Frankfurt zu tun.
    Über WI oder DA kann ich nichts sagen, da kenne ich mich nicht aus. Dürfte aber kaum besser sein als in F.

    Einfach nur Straßen sperren und dadurch den Verkehr in andere Straßen verlagern ist keine Planung sondern Chaos.

    Für den ruhenden Verkehr fehlen auch im Umland vernünftige Planungen. Autos parken die Straßen zu, die (privaten) Grundstücke bleiben frei.
    Auch hier wird es Zeit, dass die kleinen Städte und Gemeinden sich mit Parkraumbewirtschaftung am Straßenrand beschäftigen.

  • Menschen, die mehrere Arbeitstermine in verschiedenen Frankfurter Stadtteilen haben, können diese per ÖPNV gar nicht rechtzeitig wahrnehmen, da ist man auf das Auto angewiesen. Zum Einkaufen fährt man dann aber eben in große Einkaufszentren, die Innenstadt wird noch mehr darunter leiden. Sehr kurzfristig gedacht, die Reichen parken in Parkhäusern, die nicht so Wohlhabenden haben das Nachsehen.

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