Streikende Verdi-Mitglieder in gelben Westen in einer großen Flughafenhalle.

Mitten in der ersten Sommerferien-Woche drohen am Frankfurter Flughafen weitere massive Einschränkungen: Die Gewerkschaft Verdi hat das Lufthansa-Bodenpersonal für Mittwoch zu einem Warnstreik aufgerufen.

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LH-Bodenpersonal will streiken

hs
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Die Gewerkschaft Verdi ruft die rund 20.000 Beschäftigten des Lufthansa-Bodenpersonals an allen deutschen Standorten zu einem eintägigen Warnstreik auf. Am Mittwoch werde es deswegen auch am Frankfurter Flughafen zu größeren Flugausfällen und Verzögerungen kommen, kündigte die Gewerkschaft am Montag an. Die Warnstreiks sollen demzufolge am Mittwoch ab 3.45 Uhr beginnen und am Donnerstagmorgen um 6 Uhr enden. 

Verdi will Druck auf Lufthansa erhöhen

Hintergrund sind der Mitteilung zufolge die laufenden Tarifverhandlungen, in deren zweiter Verhandlungsrunde Mitte Juli Lufthansa ein Angebot vorgelegt habe, das die Verdi-Mitglieder "als unzureichend kritisiert" hätten. Verdi wolle nun den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, in der nächsten Verhandlungsrunde "ein deutlich verbessertes, abschlussfähiges Angebot" vorzulegen.

Nach Gewerkschaftsangaben hatte Lufthansa Festbeträge und eine ergebnisabhängige Komponente bei einer Laufzeit von 18 Monaten angeboten. Die Gewerkschaft fordert hingegen bei 12 Monaten Laufzeit 9,5 Prozent mehr Geld in den Lohntabellen. Bei einer Laufzeit von 12 Monaten sollen die unteren Lohngruppen besonders profitieren. Die Gehaltssteigerung müsse mindestens 350 Euro betragen und zusätzlich sollten sich alle Stundenlöhne deutlich vom gesetzlichen Mindestlohn absetzen, der im Oktober auf 12 Euro die Stunde steigt.

Ausnahmezustand am Frankfurter Flughafen

Zum Bodenpersonal gehören unter anderem Techniker und Logistiker, ohne deren Dienstleistungen die Flugzeuge nicht abheben können. Auch der Check-In ist betroffen. Wie groß die Streik-Auswirkungen sind, konnte die Lufthansa in einer ersten Stellungnahme zunächst nicht beziffern. Das hänge auch davon ab, wie viele Beschäftigte dem Aufruf folgen.

Klar ist bereits: Der Arbeitskampf kommt zur Unzeit. Seit Wochen herrscht am Frankfurter Flughafen Ausnahmezustand. Es gibt Probleme bei der Gepäckabfertigung, weil Personal fehlt. Schon vor Beginn der hessischen Sommerferien lagen tausende herrenlose Gepäckstücke am Flughafen herum. Der Flugplan wurde zuletzt mehrfach ausgedünnt, tausende Flüge wurden gestrichen, so dass nicht so viele Flugzeuge gleichzeitig abgefertigt werden müssen.

Flughafenbetreiber Fraport bittet Reisende deswegen, mindestens zweieinhalb Stunden vor dem Abflug am Schalter zu sein und nach Möglichkeit online einzuchecken. Statt der üblichen Wartezeit von 20 Minuten könne es an der Handgepäckskontrolle eine Stunde dauern, teilte die Bundespolizei mit.

Kritik von Lufthansa und Arbeitgeberverband

Ein Streik bedeute "eine erneute, erhebliche und unnötige Belastung für unsere Fluggäste und auch für unsere Mitarbeitenden über den Streiktag hinaus", kritisierte Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann. "Verdi hat nach nur zwei Verhandlungstagen einen Streik angekündigt, den man aufgrund der Breite über alle Standorte hinweg und der Dauer kaum noch als Warnstreik bezeichnen kann", so Niggemann. Der Aufruf sei "umso unverständlicher, als die Arbeitgeberseite bereits hohe und sozial ausgewogene Vergütungserhöhungen angeboten hat".

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Verdi ruft Lufthansa-Bodenpersonal zum Warnstreik auf

Streikende Verdi-Mitglieder in gelben Westen in einer großen Flughafenhalle.
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Kritik kam auch von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter erklärte am Montag: "Die Lufthansa und vor allem deren Passagiere mit Lohnforderungen mitten im Sommer zu belasten, ist absolut unverhältnismäßig. Hier wird der nachvollziehbare Urlaubswunsch der Menschen schamlos ausgenutzt, um einen Vorteil zu erlangen." In diesen Tagen der vielfältigen Krisen sei Kooperation das Gebot der Stunde.

Verdi: Angebot reicht "vorne und hinten nicht"

Verdi gehen die bisherigen Angebote der Lufthansa nicht weit genug. Angesichts der Überlastung, der hohen Inflation und eines Lohnverzichts über drei Jahre seien deutliche Lohnsteigerungen gerechtfertigt, erklärte Verhandlungsführerin Christine Behle. Sie ist Verdi-Vizevorsitzende und zudem stellvertretende Vorsitzende des Lufthansa-Aufsichtsrats. Die Situation auf den Flughäfen eskaliere, sagte Behle. Die Beschäftigten bräuchten "dringend mehr Geld und sie brauchen Entlastung - für sich selber und für die Passagiere. Dazu reicht das Arbeitgeberangebot vorne und hinten nicht."

Die nächste Verhandlungsrunde findet am 3. und 4. August in Frankfurt statt.

Urabstimmung bei LH-Piloten

Der Streik des Bodenpersonals könnte noch längst nicht alles gewesen sein. Bei der Vereinigung Cockpit (VC) läuft eine Urabstimmung über unbefristete Piloten-Streiks bei Lufthansa und Lufthansa Cargo. Sie wird am 31. Juli ausgezählt, die Zustimmung der Stammpiloten wird sicher eingeschätzt. Damit wäre die VC ab August voll streikfähig. Hintergrund sind Tarifverhandlungen, die nach sechs Gesprächsrunden festgefahren sind.

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