Hohe Energiepreise Wenn Brennholz zum lukrativen Diebesgut wird

Zwölf Lkw-Ladungen Holz sind einem Händler aus Rabenau aus dem Wald gestohlen worden. Angesichts steigender Energiepreise befürchtet das Landesunternehmen Hessen Forst, dass Holzdiebstahl immer lukrativer wird.
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Holzdiebstahl im Vogelsbergkreis

Früher habe er fast schmunzeln müssen, wenn ihm einzelne Holzstämme gestohlen wurden, sagt Marcel Bender. So amateurhaft sei das Vorgehen gewesen. An herumliegenden Sägespänen neben dem Holzstapel konnte der Holzhändler aus Rabenau (Gießen) sehen, wie sich die Diebe beim Zersägen abmühten.
Mittlerweile ist dem Holzhändler das Schmunzeln vergangen: Stammholz im Wert von 18.000 Euro sei ihm in den vergangenen drei Monaten gestohlen worden, sagt er. "Das ist kein Kavaliersdelikt mehr."
300 Festmeter Holz gestohlen
Ganze Holzpolter - so werden die aufgestapelten Stämme im Wald genannt - seien plötzlich verschwunden gewesen. Insgesamt habe er 300 Festmeter Holz verloren, was einer Ladung von zwölf Lkw mit Anhängern entspreche. Bender verkauft Brennholz an größere Abnehmer aus der Industrie, aber auch an Privatpersonen. Dazu kauft er gefällte Baumstämme, die im Wald lagern und bringt sie zum gewünschten Zeitpunkt seinen Kunden.

Einer der größten Waldbesitzer in Hessen ist das Land. Beim Landesbetrieb Hessen Forst ist das Thema Holzdiebstahl nicht neu. Hessen Forst-Sprecherin Michelle Sundermann befürchtet, dass angesichts hoher Energiepreise und steigender Brennholz-Nachfrage Holzdiebstahl in Zukunft noch lukrativer werde.
Dabei sei der Rohstoff aus hessischen Wäldern ohnehin knapper geworden. "Es darf nur so viel geerntet werden, wie nachwächst", erklärt Sundermann. Wegen der vielen Schadflächen durch Borkenkäfer und Dürreperioden und wegen unpassendem Wetter sei die Holzernte im vergangenen Jahr um ein Drittel kleiner ausgefallen.
Auch die die Corona-Pandemie habe die Nachfrage für Holz gesteigert, ergänzt Holzhändler Bender. Wegen der Hamsterkäufe von Toilettenpapier und anderen Zellulose-Produkten, aber auch durch den Bau-Boom sei Holz gefragter denn je. Zudem sei weniger Holz auf dem Markt. Wegen der Reisebeschränkungen hätten weniger Arbeiter, die vor allem aus Polen und Slowenien stammen, im Wald Holz schlagen können.
Professionelle Transporter fallen kaum auf
Bender vermutet hinter dem Holzdiebstahl keine Privatpersonen. "Es müssen Leute gewesen sein, die genau das gleiche Gewerk betreiben wie wir auch", sagt er. Die großen Holzmengen könnten nur mit professionellen Holztransporter aus dem Wald geschafft worden sein. "Ich glaube, dass das einfach tagsüber ohne irgendwelche Skrupel passiert. Wenn jemand Holz lädt, denkt sich dabei kein Spaziergänger etwas Böses."
Michelle Sundermann von Hessen Forst appelliert an Bürgerinnen und Bürger, Augen und Ohren im Wald offen zu halten. "Wenn etwas verdächtig erscheint, sollte man sich beim jeweiligen Revierleiter melden", sagt die Försterin.
GPS-Tracker zur Aufklärung und Abschreckung
Hessen Forst habe inzwischen einige Forstreviere mit insgesamt 59 GPS-Trackern ausgestattet, die in einzelne Holzstämme eingebaut werden, um Diebe zu überführen. Wie die Polizei Nordhessen mitteilte, konnte ein Fall im vergangenen Sommer auf diese Weise aufgeklärt werden.
Auch Holzhändler Bender setzt solche GPS-Tracker jetzt vereinzelt ein. "Es ist aber sehr aufwändig, die Geräte so in die Stämme einzubauen, dass sie nicht auffallen", sagt er. Außerdem seien die Tracker mit bis zu mehreren hundert Euro pro Stück relativ teuer.