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Folge der Inflation: Bio-Bauern in der Krise

Aufmacher mit Outline von 5 Geschäftsinhabern

Sprit, Lebensmittel, Energiekosten – alles wird teurer. Die Inflation in Hessen ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Wie gehen Betriebe, Café-Besitzer und Metzger mit der Situation um? Wir haben nachfragt.

Die Preise ziehen an – und am Ende des Monats bleibt den Hessinnen und Hessen weniger im Geldbeutel. Doch die Inflation belastet nicht nur die Verbraucher und Verbraucherinnen, sondern auch Menschen aus dem produzierenden Gewerbe. Wir haben bei einem Metzger, einem Bio-Bauern, einer Lebensmittelhändlerin, einem Café-Besitzer und einem Bäcker nachgefragt, wie sie mit der Situation umgehen.

Metzger: "Wir sparen, wo es geht"

Peter Martus steht hinter der Theke seiner Metzgerei in Frankfurt-Eckenheim, trägt eine rote Schürze und sortiert die Fleischauslage hinter der Glasscheibe. Zwei Mal musste er schon die Preise in seiner Metzgerei erhöhen. Vor allem die hochpreisigen Produkte können sich immer weniger Kunden und Kundinnen leisten. "Das tut manchen dann schon weh, Rumpsteak oder Lende zu kaufen." Manche Stammkunden und Stammkundinnen hat Martus durch die Preiserhöhungen schon verloren. Die, die geblieben sind, nehmen die Preise auf sich oder kaufen weniger.

Doch nicht nur die steigenden Fleischpreise, vor allem die steigenden Energiekosten machen Martus zu schaffen. "Wir haben gerade von der Strompreiserhöhung erfahren, das sind um die 20.000 Euro, die im Jahr mehr anfallen." Um Strom zu sparen, packt er verschiedene Produkte zusammen, um Platz in der Kühlung zu schaffen und achtet penibel darauf, dass die Backofentüre immer geschlossen ist. "Wir sparen, wo es geht."

Peter Martus steht hinter Fleischtheke seiner Metzgerei. Ein Mann mit weißen Haaren und Brille. Hinter ihm hängen Würste.

Bio-Bauer: "Jetzt tankt man den Schlepper für 800 Euro"

Florian Werle sitzt an seinem Schreibtisch auf dem Biohof Groß und kalkuliert Gemüsepreise. Mittlerweile macht er das drei Mal die Woche. Erst vor einem Jahr hat der Hof in Homberg-Mühlhausen (Schwalm-Eder) seine Fläche erweitert. Dazugekommen ist auch ein kleines Café. Schon während der Pandemie ist der Umsatz gesunken, doch "dieses Jahr merken wir es etwas mehr. Im letzten halben Jahr hatten wir einen Umsatzrückgang von ungefähr drei Prozent. Tendenz steigend", sagt Werle.

Für schwere Bodenarbeiten kommen große Traktoren zum Einsatz, doch auch die gestiegenen Spritpreise machen Werle zu schaffen. "Die Kosten haben sich fast verdoppelt. Jetzt steht man an der Tankstelle und tankt für 800 Euro den Schlepper voll. Das kann man nicht alles umlegen." Doch er hat Pläne, um das Risiko zu streuen und sich von Supermärkten abzuheben: Einen Onlinehandel, mehr Gemüsesorten und ein Mittagstisch-Angebot. Dieses Jahr hat der Hof außerdem Backdinkel angebaut. 20 Tonnen wollen sie an ihren Backlieferanten verkaufen. "Das Brot aus unserem Dinkel gibt es dann auch hier im Laden zu kaufen. Wir versuchen viel über regionale Netzwerke abzufedern."

Die Stammkundschaft ist dem Biohof Groß treu geblieben. Über eine Mitgliedschaft, die monatliche Rabatte einräumt, bindet der Hof Kunden und Kundinnen. "Wir merken aber, dass vor allem weniger Gelegenheitskäufer kommen", berichtet Werle, dessen Hof in einem 300-Einwohner-Dorf liegt. "Da überlegen sich viele, ob sie den Weg für ein paar Kleinigkeiten auf sich nehmen."

Florian Werle steht im Hofladen des Biohof Groß.

Lebensmittelhändlerin: "Wir reden nicht von Luxusartikeln"

Inhaberin Sevim Demirel steht hinter der Kasse des kleinen türkischen Supermarkts Bizim im Frankfurter Nordend. Sie rechnet den Einkauf einer Kundin zusammen: Schafkäse, Petersilie und Käse. Es duftet nach frischem Baklava (Gebäck). Jeden Morgen geht Demirel die Lieferliste durch, ständig steigen die Preise.

Sie greift in die Kühlung und nimmt eine Packung Pastirma, einen türkischen Schinken, aus dem Regal. 4,49 Euro kostet das Paket. "Das hat vor ungefähr drei Wochen noch 3,99 Euro gekostet", erzählt sie. Während ihre Kunden und Kundinnen vorher "Luxusprodukte" wie Pastirma mehrmals die Woche gekauft haben, verzichten nun viele angesichts der Preise darauf und verlassen Demirels Laden nur mit dem Nötigsten. "Die Preise für Getränke, Öl oder Mehl sind hochgeschossen."

Vor dem Geschäft werden frische Gözleme (gefüllte Fladen) auf einer Heizplatte zubereitet. Dafür braucht Demirel Gas – und auch das wird immer teurer. Trotzdem kann Demirel die steigenden Kosten nicht komplett auf ihre Kundschaft umlegen. Die Angst ist zu groß sie zu verlieren. Manche kommen gar nicht mehr. Andere, die früher mehrmals die Woche da waren, kommen nun nur noch ein oder zwei Mal. "Das Krasse ist, wir reden von Lebensmitteln, nicht von Luxusartikeln wie Kleidung oder Schuhe. Die Kunden regen sich zwar über die Preise auf, aber kaufen die Produkte trotzdem, weil sie darauf angewiesen sind."

Sevim Demirel steht in ihrem türkischen Supermarkt im Nordend hinter der Obstauslage.

Café-Besitzer: "Wir wollen ab 2023 auf Fleisch verzichten"

Ein paar Straßen weiter, vier Tische im Frankfurter Café Lucille sind an diesem Mittag besetzt. Inhaber Mehran Alvani kommt gerade vom Einkaufen. "Fast jeder Artikel unseres Einkaufes ist zwei bis drei Euro teurer geworden."

Das macht sich auch auf der Speisekarte bemerkbar. "Die Produkte auf unserer Frühstückskarte sind zwischen 20 Cent und einem Euro teurer geworden. Der Preis für die Produkte auf unserer Mittagskarte ist zwischen 1,50 Euro und 2 Euro gestiegen." Vor allem Fleisch sei teurer geworden. Bis zu vier Euro pro Kilo, erzählt Alvani. Deshalb hat er einen Masterplan entwickelt: "Wir wollen ab dem 1. Januar 2023 komplett auf Fleisch verzichten und unsere Karte auf vegetarisches und veganes Essen umstellen."

Die Kunden und Kundinnen kommen trotz gestiegener Preise. Kaum jemand hat sich bisher beschwert. Alvani glaubt, dass die Folgen hier erst in ein bis zwei Monaten zu spüren sind, "dann, wenn die Leute merken, dass weniger Geld am Ende des Monats übrigbleibt“.

Inhaber Mehran Alvani sitzt in seinem Café Lucille in Frankfurt Nordend und lächelt.

Bäcker: "Wünsche mir Welt ohne Corona und Krieg"

Milchbrötchen, Laugenecken und Tortenstücke: Die Auslage der Frankfurter Bäckerei Huck ist gut gefüllt. Doch die Inflation macht sich bemerkbar. "Das ist im Moment eine Katastrophe. Die steigenden Preise für Weizenmehl und Energie machen uns sehr zu schaffen. Wir müssen kühlen, backen, erhitzen und das kostet viel Energie. Wir haben derzeit einen ganz anderen Kostenapparat", sagt Geschäftsführer Alexander Huck.

Erst vor vier Wochen hat Huck die Preise angehoben. "Da kam überraschenderweise sehr viel Verständnis unserer Kundschaft. Das erste Mal bei so bei einer Preissteigerung." Meist versucht er die Preissteigerungen über drei Monate zu halten, "um den Verbraucher nicht endlos zu belasten", sagt er.

Alexander Huck von der Bäckerei Huck lächelt in die Kamera. Er trägt eine Brille und ein schwarzes Hemd.

Die Bäckerei versucht dasselbe Sortiment anzubieten. Wenn der ein oder andere Rohstoff doch nicht geliefert werden kann, "dann müssen wir das Produkt für eine Zeit weglassen oder das Endprodukt verändern und beispielsweise weniger von dem Rohstoff dazugeben". Zeitweise konnten weder Mohn noch Kürbiskerne geliefert werden. Huck wünscht sich eine Zukunft ohne Corona und Krieg, denn "die nächsten Jahre zu planen, ist derzeit sehr schwierig".

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