Ein Energieversorger bietet an einer Tankstelle in Frankfurt Diesel aus altem Speiseöl und Speisefett an - das gibt es in Hessen sonst nicht. Doch Autofahrer erhalten den CO2-armen Sprit nicht. Aus Sicht der Grünen ist das sinnvoll.

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Öko-Diesel an Frankfurter Tankstelle - aber nicht für Privatleute

Kim Backhaus, der Geschäftsführer des Energieversorgers Roth, an der Öko-Diesel-Zapfsäule einer Roth-Tankstelle in der Frankfurter Borsigallee
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Vielleicht würde die Kundschaft an der Zapfsäule mit dem auffälligen grünen Design ja Schlange stehen. Aber die Anzeige für Menge und Preis ist mit einem Zettel überklebt worden. Darauf steht: "Zapfsäule außer Betrieb". Dabei handelt es sich nach Roths Angaben um Hessens erste Öko-Sprit-Zapfsäule.

Das Regierungspräsidium Darmstadt hat dem Gießener Energieversorger Roth untersagt, an seiner Tankstelle im Frankfurter Osten einen umweltfreundlichen Kraftstoff für Dieselmotoren zu verkaufen. Roth-Marketingchef Kim Backhaus holt tief Luft, bevor er seinem Ärger Ausdruck verleiht.

"Dass man sich in Hessen so querstellt, hatten wir nicht erwartet. In anderen Bundesländern ist ein Verkauf möglich, etwa in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein", sagt er: "Ich kann nicht verstehen, warum man hier den Verkauf von HVO100 nicht erlaubt und so Klimaschutz verhindert."

Annähernd klimaneutraler Kraftstoff

HVO100 - so heißt der Stoff, um den es Streit gibt. Er ist klar wie Wasser und riecht deutlich dezenter als herkömmliches Diesel. Nach Angaben der Firma Roth werden beim Verbrennen bis zu 90 Prozent weniger CO2 ausgestoßen.

So gut wie jeder Dieselmotor laufe mit dem synthetischen Diesel, der aus pflanzlichen und tierischen Abfallstoffen und alten Pflanzenölen wie Fett aus einer Pommesfritteuse gewonnen wird. "Wir reden hier von einer Untergattung der E-Fuels, den sogenannten Re-Fuels", sagt Backhaus. Annähernd klimaneutralem Kraftstoff.

Das Problem: Das Produkt ist noch nicht zugelassen. Daher hat das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt untersagt, dass aus der Mitte April eröffneten Zapfsäule in der Frankfurter Borsigallee der Öko-Kraftstoff fließt - zumindest für Diesel-Normalverbraucher.

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Nur zu Forschungszwecken erlaubt

Das RP teilt auf hr-Anfrage schriftlich mit: "Die Anfrage befindet sich in der Prüfung. Wir bewegen uns bei dieser Prüfung in dem vom Bund vorgegebenen gesetzlichen Rahmen." Das bedeutet: Die private Diesel-Kundschaft bleibt erst mal außen vor. Geprüft wird, ob etwa Linienbusse oder die Laster der Müllabfuhr schon mit der Diesel-Alternative betankt werden dürfen.

Auch das hessische Umweltministerium unterstreicht: "Bis zu einer gesetzgeberischen Klarstellung ist die Nutzung der in Rede stehenden Kraftstoffe nur unter engen Voraussetzungen zu Forschungs- und Erprobungszwecken erlaubt." 

Das ist wahlweise sehr korrekt oder kleinkariert. Der Bundestag hat am 1. März beschlossen, eine Gruppe neuer Kraftstoffe zuzulassen, zu der auch HVO100 gehört. Zeitnah soll das geschehen - wird es aber wohl nicht. Erst muss eine Verordnung geändert werden. Das bedeutet, dass es in Frankfurt wohl erst Ende des Jahres heißen wird: Freie Fahrt dank Frittenfett.

Teure Herstellung

Es geht dabei wohl auch um politische Überzeugungen. Im Frankfurter Industriepark Höchst entsteht gerade Deutschlands größte Produktionsanlage von E-Fuels. Vor einer Woche begannen offiziell die Bauarbeiten dafür.

Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) lobte dabei die Technologie ausgiebig, sagte aber auch: "Es ist wie immer eine Frage der Effizienz und der besten Lösung. Die Herstellung von E-Fuels ist siebenmal energieintensiver als die Nutzung von Strom in der Batterie, und deswegen sind sie teurer. Und daher muss ich diesen Kraftstoff nutzen, wo es keine Alternative gibt."

Vorrangig für Flug- und Schiffsverkehr

Auch das von der Grünen-Politikerin Priska Hinz geführte Umweltministerium gibt zu bedenken: "Synthetische Biokraftstoffe aus nachhaltiger Herkunft, welche ausschließlich aus fortschrittlicher Biomasse gewonnen werden, sind ein begrenztes Gut. Sie sollten daher nur dort eingesetzt werden, wo ein Verzicht auf hochenergetische flüssige Kraftstoffe nicht möglich ist. Dies ist vor allem der Flug- und Schiffsverkehr."

Dessen Bedarf soll im Fall einer Zulassung von HVO100 vorrangig gedeckt werden. Die derzeit zur Verfügung stehenden Mengen dieser nachhaltigen Kraftstoffe reichen dafür bei weitem nicht aus. Und daher setzen die Grünen auf der Straße voll und ganz aufs E-Auto. 

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