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Lufthansa: Mitarbeiter werben Mitarbeiter

Check-In-Schilder der Lufthansa

Die Luftfahrtbranche ist im Aufwind, die Lufthansa kann die Nachfrage kaum befriedigen. Doch es fehlt das Personal. Jetzt soll die Belegschaft selbst neue Kollegen rekrutieren - gegen Zahlung einer Prämie.

Die Lufthansa braucht dringend Personal. Um das zu rekrutieren, schickt die Airline jetzt auch ihre Belegschaft auf die Suche. In einer Betriebsvereinbarung wurde festgelegt, dass Beschäftigte, die eine Neueinstellung vermitteln, eine Prämie erhalten. Jeder ist aufgerufen, im Freundes- und Bekanntenkreis herumzufragen und neue Kolleginnen oder Kollegen anzuwerben.

Statt Geschenk 1.500 Euro

Das Prinzip kennt man von Zeitschriftenabos. Wer einen Neukunden wirbt, erhält ein Geschenk. Im Falle der Mitarbeiterwerbung bei der Lufthansa winken Werbenden zunächst 500 Euro, wenn sich jemand erfolgreich über die Karriereportale der Lufthansa bewirbt und sich dabei ausdrücklich auf die Empfehlung bezieht. Übersteht der Kandidat sechs Monate Probezeit und wird übernommen, gibt es noch einmal 1.000 Euro.

Die Bewerbung muss online auf eine extern ausgeschriebene Stelle in einem sogenannten Engpassprofil erfolgen. Nach Worten von Lufthansa-Sprecherin Anja Stenger sind dies vor allem operative Stellen wie Check-In und Gates an den Drehkreuzen Frankfurt und München, aber auch Techniker und IT-Fachleute werden dringend gesucht.

Plötzliche Nachfrage hat viele überrumpelt

Wegen der Corona-Krise hatte die Lufthansa einen strengen Sparkurs gefahren und den Personalstamm über Abfindungs- und Altersteilzeitprogramme reduziert. Personal, das jetzt an vielen Ecken und Enden fehlt. Denn dass sich die Nachfrage so schnell erholen würde, damit hatte niemand in der Branche gerechnet.

Im vergangenen Sommer herrschten am Frankfurter Flughafen wie an vielen weiteren Knotenpunkten Europas chaotische Zustände. Plötzlich wollte nach dem Abebben der Pandemie wieder jeder in den Urlaub fliegen. Sicherheits- und Abfertigungsdienste des Flughafens, aber auch Airlines, kamen nach dem personellen Aderlass schnell an ihre Kapazitätsgrenzen.

Wenn man es mit dem Sparen übertreibt

Viele Verbindungen mussten wegen Personalmangels gestrichen werden. Hinzu kamen krankheitsbedingte Ausfälle. Corona erwischte so manches Belegschaftsmitglied. Aus Mitarbeiterkreisen war aber auch immer wieder von körperlicher und psychischer Überlastung zu hören. Zeitweise waren Kollegen der Lufthansa-Verwaltung aufgerufen, bei der Abfertigung an den Schaltern auszuhelfen.

Im Juni räumte Lufthansa-Chef Carsten Spohr in einem Schreiben an die Mitarbeiter dann ein: "Wir haben es an der einen oder anderen Stelle mit dem Sparen übertrieben." Doch das Personal, das den Konzern verlassen hatte, ließ sich nicht so leicht wieder beschaffen. Der Arbeitsmarkt im Rhein-Main-Gebiet war leergefegt, viele hatten sich längst anders orientiert.

Betriebsrat: "Wir haben zuviel abgebaut"

"Wir haben zuviel abgebaut", sagt auch Christian Hirsch, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Lufthansa. Man habe es sich wohl zu leicht vorgestellt, nach dem Ende der Krise personell wieder aufstocken zu können. Viele hätten jedoch gemerkt, dass man auch anderswo gut verdienen könne, bei freiem Wochenende und ohne den Stress, den der Job am Flughafen oft mit sich bringe.

Dass man gezielt durch Ab- und Wiederaufbau des Personalstocks die Kosten habe senken wollen, will der Betriebsrat nicht unterstellen. "Aber es hat ein Gschmäckle", sagt Hirsch. Es seien vor allem viele teure Altverträge aufgelöst worden. "Ich bin seit 1986 in der Firma. Wer einen ähnlichen Werdegang wie ich hinlegt, der wird dieses Lohnniveau nicht mehr erreichen."

Großer Wurf oder Tropfen auf den heißen Stein?

Das Anwerbeprogramm wird die Personalprobleme bei der Kranich-Airline nicht lösen. Hirsch beschreibt es als "Tropfen auf den heißen Stein". Die Jobs hätten an Attraktivität verloren, trotz eines guten Tarifabschlusses, der gerade den unteren Lohngruppen sehr gute Zuwächse beschert habe.

Sprecherin Stenger widerspricht. Die Lufthansa sei nach wie vor ein äußerst attraktiver Arbeitgeber mit guten Manteltarifverträgen, der auch auf die Bedürfnisse seiner Angestellten eingehe. Den möglichen Erfolg des Anwerbeprogramms könne sie aber noch nicht abschätzen, dazu sei es noch zu neu.

Sie setzt auf die hohe Identifikation der Beschäftigten mit dem Unternehmen. "Ich denke, dass der eine oder andere bestimmt im Freundeskreis Werbung für so ein Berufsbild machen wird." Rund 1.000 neue Mitarbeiter pro Monat will die Lufthansa über alle Bereiche hinweg einstellen. "Das ist herausfordernd", sagt Stenger. Die Anwerbeprämie sei hier nur ein Baustein.

Probleme drohen auch im kommenden Sommer

Wie dringend der Bedarf nach wie vor ist, hatte Spohr erst kürzlich betont. Die nächste Hochsaison werde sein Unternehmen wieder an seine Grenzen bringen, prognostizierte der Vorstandschef vor wenigen Tagen. Schon jetzt fliege man mit 75 Prozent des Vor-Krisen-Niveaus an der Auslastungsgrenze. Nächstes Jahr wolle man 85 Prozent erreichen.

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