Drei Hochhäuser im Rohbau, umgeben von Kran und Baustellenzaun.

Eigentlich sollte rund um die ehemaligen KWU-Türme am Offenbacher Kaiserlei ein "zukunftsweisendes Quartier" entstehen. Stattdessen ragen die entkernten Bürotürme als Bauruinen gen Himmel. Der Eigentümer hat das Projekt längst aufgegeben. Bei der Stadt wächst der Unmut.

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Attraktiver Standort - mit wenig attraktiver Dauer-Baustelle

Seit Monaten geht nichts mehr auf der Großbaustelle am Kaiserlei in Offenbach.
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Es sollte Offenbachs Entrée im Westen werden: Das neu gestaltete Hochhaus-Paar am Kaiserlei. Bis zu 800 Wohnungen waren hier im ehemaligen Sitz der Kraftwerk-Union einmal geplant. Doch seit mehr als zwei Jahren tut sich an der Großbaustelle nichts. Der Eigentümer, die Consus-AG, hat das Projekt längst aufgegeben, will es am liebsten verkaufen. Der Mutterkonzern, die Adler Group, wird von einem Finanzskandal erschüttert und ist selbst massiv angeschlagen.

Alles andere als gute Aussichten also für das einstige Prestige-Projekt. Bei der Stadtverwaltung in Offenbach wächst derweil die Frustration. "Das ist eigentlich ein Büro- und Dienstleistungsstandort, der sich sehr positiv entwickelt. Und dieses Bauvorhaben ist hier eine Bremse", sagt Fabian El Cheikh, Sprecher der Stadt Offenbach. Auch aus Sicht der Kommune gibt es nur noch eine Lösung: Verkaufen. Doch ob und wann das geschieht, steht in den Sternen.

Verkauf nur im Gesamtpaket

"Es werden im Hintergrund wohl sehr viele Gespräche geführt. Es geht am Ende natürlich immer um das Geld, um den Kaufpreis des Gesamtvorhabens. Wir sind weiterhin vorsichtig optimistisch, dass es zu einer Lösung kommt – auch aufgrund der Attraktivität des Standortes", betont El Cheikh.

Die Consus AG hält sich zum Stand der Dinge bedeckt. Ein Sprecher bestätigt jedoch, dass das Großprojekt am Kaiserlei als Gesamtpaket verkauft werden soll: "Es ist vorgesehen, das gesamte Projekt an einen Käufer zu veräußern. Entsprechende Gespräche mit Interessenten laufen bereits."

Ein rascher Verkauf dürfte nämlich auch im Interesse der Consus liegen. Das Unternehmen braucht Geld - und zwar schnell. Der Muttergesellschaft Adler Group wird Betrug vorgeworfen. Die Aktie ist im Keller, das Management ausgetauscht, der Jahresabschluss bei den Prüfern durchgefallen. Auch in anderen Städten wie Hamburg und Stuttgart stehen begonnene Großprojekte vor dem Aus. Die Bankenaufsicht BaFin hat sich ebenso eingeschaltet wie die Frankfurter Staatsanwaltschaft.

Undurchsichtige Geschäfte mit Großprojekten

Im Mittelpunkt des Interesses steht ein undurchsichtiges Geschäft mit einer Offshore-Firma auf der Ärmelkanal-Insel Guernsey. An diese waren 2020 acht Projekte der Consus AG verkauft worden, auch die Großbaustelle am Kaiserlei. Der Käufer jedoch beglich seine Schulden nie in Gänze, sodass sieben Projekte im März dieses Jahres wieder in das Eigentum der Consus übergingen. Einzige Ausnahme: die ehemaligen KWU-Türme.

Diese nämlich waren unter nicht nachvollziehbaren Umständen bereits vorher wieder an die Consus AG zurückgefallen. Zugleich stießen Wirtschaftsprüfer bei der Durchsicht der Unterlagen auf einen Kredit in Höhe von 43 Millionen Euro, welchen die Consus AG im Juni 2021 ausgerechnet jenem Geschäftsmann einräumte, der ihr zuvor die acht Großprojekte abgekauft aber nie abgezahlt hatte.

Das merkwürdige Geschachere zwischen dem säumigen Schuldner von der Kanalinsel und dem offenkundig spendablem Gläubiger Consus AG, wirft zahlreiche Fragen auf. Zumal auch dem Mutterkonzern, der Adler Group, geschönte Bilanzen und fragwürdige Geschäftsbeziehungen angelastet werden.

Stadt fordert Ausfallbürgschaften ein

Eine weitere Lösungsmöglichkeit steht derzeit allerdings nicht zur Debatte: die Übernahme des Großprojekts durch die Stadt. Das wäre nicht nur finanziell eine Herausforderung, sondern auch juristisch nicht ohne Weiteres umsetzbar. Stattdessen setzt die Offenbacher Verwaltung auf Druck.

Man habe den Eigentümer noch mal daran erinnert, dass er seine Pflichten gegenüber der Stadt erfüllen müsse, erklärt Stadtsprecher El Cheikh: "Das betrifft beispielsweise die geplante Fertigstellung. Es gibt auch eine Ausfallbürgschaft, die vertraglich vereinbart wurde. Und da unsere Geduld hier auch ein Stück weit am Ende ist, werden wir diese Ausfallbürgschaft nun auch aktiv einfordern."

Im Raum stehen Forderungen in Millionenhöhe. Doch den eigentlichen Schaden für die Entwicklung des Gebietes am Kaiserlei kann auch das nicht aufwiegen. "Das ist ein höchst attraktiver Standort, der sich natürlich jetzt mit den Problemen dort auf das Kaiserlei-Viertel insgesamt auswirkt", sagt El Cheikh. Gesucht wird weiter ein Käufer, der den Geister-Türmen am Kaiserlei wieder Leben einhaucht.

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