Glasfaser-Ausbau

Manch eine Gemeinde auf dem Land wäre froh, wenn sich ein Internet-Anbieter für den Glasfaser-Ausbau fände. Im osthessischen Freiensteinau liefern sich gleich zwei Firmen ein Wettrennen. Der Bürgermeister verfolgt das mit Unbehagen.

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Wettstreit um Glasfaser-Netzausbau in Vogelsberg-Gemeinde

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Freiensteinau war lange so etwas wie eine Diaspora für schnelles Internet in Hessen. In der ländlich gelegenen und mit zwölf Dörfern weitverzweigten Gemeinde im Vogelsberg gab es lange keine Aussicht auf Highspeed-Internet, sondern nur Schneckentempo-Verbindungen. Wer ein Video streamte, brauchte oft Geduld.

Nun ist bald Besserung in Sicht. An einem Glasfaser-Netz mit bis zu 1.000 Megabit im Download wird schon gebaut. Das Besondere: In der lediglich 3.100 Einwohner zählenden Gemeinde zwischen Fulda und Friedberg liefern sich nun gleich zwei Anbieter ein Wettrennen. Manch ländliche Gemeinde wäre wohl froh, wenn sich überhaupt ein Anbieter fände.

Doppelter Ausbau hat auch Nachteile

"Das klingt komisch. Aber zum Lachen ist mir nicht zumute", sagt Bürgermeister Sascha Spielberger (parteilos) auf hr-Anfrage. Der Wettstreit verunsichere die Bürger. "Und es gibt auch einige Nachteile", sagt er.

Auch für Freiensteinau interessierte sich lange kein Glasfaser-Anbieter. Der Boden im Vulkangebiet Vogelsberg ist hart. "Basaltstein", erklärt der Bürgermeister. "Da kann man nicht mal eben flott einen Kabelkanal für Leitungen freilegen, wie man das von anderen Baustellen kennt."

Die Firma Goetel aus Göttingen sei die erste gewesen, die sich um den Ausbau bemüht habe, erklärt der Bürgermeister. Das Projekt sei aber ins Stocken geraten. Dann sei die Kieler Firma TNG auf der Bildfläche erschienen und habe signalisiert: Wir können das auch, sogar besser und schneller. Und schon war der Wettlauf eröffnet.

Straßengraben zum Verlegen von Rohren für schnelles Internet (dpa)

Beide Anbieter haben Vorverträge mit potenziellen Nutzern geschlossen. Viele Bürger haben bei beiden zugesagt, um auf Nummer sicher zu gehen, wie der Bürgermeister weiß. "Ich frage mich, wie das für beide Unternehmen wirtschaftlich sein soll", fragt sich der Bürgermeister. Und: Dass beide bauen und nun unterschiedlich weit gekommen sind, "heißt noch lange nicht, dass beide auch fertig werden".

Firma Goetel: "Störfeuer" der Konkurrenz

Die Firma Goetel berichtet, man habe bereits zehn Ortsteile streckenweise an das Glasfaser-Netz angebunden. Im Jahresverlauf werde alles fertig sein. Am Konkurrenten übt das Unternehmen aus Göttingen heftige Kritik. In einer Mitteilung heißt es: Man sei verwundert über das "Störfeuer" des Mitbewerbers. Es sei unklar, was für Ziele mit dem doppelten Ausbau verfolgt würden.

Jeder Internet- und Telekommunikationsanbieter könne doch später ein bestehendes Glasfasernetz nutzen, um seine eigenen Kunden zu versorgen. "Das ist eigentlich der übliche Weg in der Branche", erklärte ein Goetel-Sprecher. Die Firma TNG hingegen teilte mit, dass man aufgrund der hohen Quote an Vorverträgen ein "eindeutiges Mandat" sehe, den Glasfaserausbau in Freiensteinau voranzutreiben.

Das Ergebnis des Wettstreits ist überall in der Kommune zu sehen. "Bauarbeiten, wo man hinschaut", sagt Bürgermeister Spielberger. In vielen Bereichen würden Verkehrs- und Gehwege aufgerissen. "Und bei jedem Aufriss leidet die Infrastruktur und wird anfälliger für Folgeschäden. Ein geflickter Untergrund ist schließlich danach nicht mehr so widerstandsfähig."

Wie die Geschichte ausgeht? "Wir haben schon einen langen Leidensweg beim Internet-Ausbau hinter uns", sagt der Bürgermeister. Jetzt heiße es: abwarten.

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Erst acht Prozent Glasfaser-Versorgung in Hessen

Nach Plänen der Landesregierung soll Hessen bis 2030 flächendeckend an das Glasfasernetz angeschlossen sein. Glasfaser ist wegen seiner physikalischen Eigenschaft sehr leistungsfähig und erreicht hohe Übertragungsraten von Daten über das Internet. Doch zügig vorangekommen ist Hessen noch nicht.

Der Anteil der Glasfaser-Versorgten im Bundesland lag zuletzt laut Breitbandatlas erst bei 8 Prozent. Damit ist Hessen eines der Schlusslichter. Lediglich Thüringen (6,4 Prozent), Baden-Württemberg (7,4 Prozent) und das Saarland (3,4 Prozent) haben einen noch geringeren Wert. Bundesweit liegt die Glasfaserquote bei knapp 16 Prozent. Schleswig-Holstein ist mit 31,7 Prozent Spitzenreiter.

Um den Rückstand aufzuholen, hat Hessen Mitte Mai einen Glasfaser-Pakt beschlossen. Er sieht vor, dass private Unternehmen mit teils öffentlicher Förderung in den kommenden zwölf Monaten mehr als eine halbe Million Haushalte im Bundesland neu mit einem Glasfaseranschluss versorgen.

Aus der Digitalbranche haben der Bundesverband Breitbandkommunikation, der Verband kommunaler Unternehmen und elf Telekommunikationsunternehmen unterschrieben. Neben zum Beispiel der Telekom und Vodafone sind auch Goetel und TNG dabei, die sich das Wettrennen in Freiensteinau liefern.

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