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Gorillas liefert nun auch Alnatura-Produkte

Bildkombination aus zwei Fotos: links ein Alnatura-Markt von außen, rechts ein Fahrradkurier-Dienst mit der Aufschrift "Gorillas".

Alnatura-Produkte per Fahrrad-Kurier liefern lassen - das plant die Darmstädter Bio-Einzelhandelskette mit dem Start-Up Gorillas. Wie passen Bio und FairTrade mit dem umstrittenen Kurierdienst zusammen? Alnatura ist mit sich im Reinen.

Der Lebensmittel-Lieferdienst Gorillas und der Bio-Einzelhändler Alnatura mit Sitz in Darmstadt wollen künftig zusammenarbeiten. Das Berliner Start-up wird demnach vom 10. Juni an mehr als 250 Alnatura-Produkte in seinem Sortiment aufnehmen, wie beide Unternehmen am Mittwoch mitteilten.

Dazu gehören laut Alnatura ausschließlich Produkte der Eigenmarke: zum Beispiel Tomatensoße oder Haferflocken. Ebenso seien Produkte wie Mozzarella aus der Frischeabteilung oder Tiefkühl-Pizza verfügbar.

Schnelle Lieferung per Fahrradkurier

Den Einkauf per Fahrradkurier geliefert bekommen, und das innerhalb weniger Minuten: das ist das Konzept von Gorillas. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen derzeit weltweit rund 14.000 Mitarbeitende als Fahrerinnen und Fahrer und in den Warenlagern.

Das Start-up ist damit auf dem deutschen Markt nicht alleine: Auch Anbieter wie Flink, Ubereats und Getir versuchen, mit diesem Konzept einen neuen Markt zu erschließen.

Gorillas-Kritik: Arbeitsbedingungen, Massen-Kündigungen

Doch immer öfter wird an den Arbeitsbedingungen bei Gorillas Kritik laut. Zuletzt sind im Mai 300 Mitarbeitende entlassen worden - ein "Strategiewechsel" sei der Grund, wie der Tagesspiegel berichtete. Die Kuriere stünden zudem unter enormen Zeitdruck, hätten meist nur befristete Verträge - ungewiss sei deren Verlängerung oder Entfristung.

Das erklärte der Aktivist Orry Mittenmayer dem hr bereits im September, der sich bei der Initiative "Liefern am Limit" engagiert. Die Lieferbranche sei harte körperliche Arbeit, die viel abverlange: der Termindruck, die schweren Rucksäcke. "Den Arbeitgebern ist das häufig egal, weil ihnen Statistiken wichtiger sind", sagte Mittenmayer.

Erst seit Ende 2021 hat das Unternehmen einen Betriebsrat. Vorangegangen waren lange Kämpfe darum: Gorillas wollte zunächst gerichtlich dagegen vorgehen und zweifelte anfangs die Gültigkeit der Betriebsratswahl an. Das berichtete rbb24 im vergangenen Jahr.

"Nicht wegen des besseren Images mehr Öko-Produkte"

Gorillas-Chef Kagan Sümer kann die Kritik an seinem Unternehmen nicht nachvollziehen. Es gebe einen klaren Widerspruch zwischen Realität und öffentlicher Wahrnehmung. 90 Prozent der Gorillas-Fahrer würden ihren Job auch Freunden und Familienmitgliedern empfehlen.

Für Gorillas könnte sich die Kooperation mit Alnatura auch imagetechnisch lohnen. Schließlich wirbt der Darmstädter Bio-Riese damit, "Verantwortung entlang der Lieferkette" übernehmen zu wollen.

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Was ist Greenwashing?

"Greenwashing" ist eine Methode, die darauf abzielt, einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und nachhaltiges Image zu verleihen, ohne dass es dafür einen Grund gibt. Ein häufiger Trick ist, ungesunde Produkte in grüner Verpackung anzubieten, um ihnen einen gesünderen Anstrich zu verleihen.

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Sümer widerspricht dem: "Uns geht es nicht darum, ein Greenwashing zu betreiben und nur wegen des besseren Images mehr Öko-Produkte ins Sortiment aufzunehmen. Das ist uns eine Herzensangelegenheit." Damit komme man einem häufig geäußerten Wunsch der Kundschaft nach, mehr bio kaufen zu können. 56 Prozent der Bestellungen enthielten bereits heute Bio-Produkte.

Alnatura verweist auf "interne Themen" bei Gorillas

Und Alnatura? Hier sieht man keinen Grund, den neuen Kooperationspartner kritisch zu sehen. Auf hr-Anfrage teilte das Unternehmen mit: "Auf interne Themen unserer Handelspartner nehmen wir keinen Einfluss."

Die Kooperation sei man eingegangen, weil sich das Einkaufsverhalten der Kundinnen und Kunden geändert habe. Man möchte so vor allem junge Menschen für Alnatura-Produkte begeistern.

Auch tegut liefert Bio-Produkte - über Amazon

Gänzlich neu sind gelieferte Bio-Produkte nicht: Bereits seit 2017 vertreibt unter anderem die in Fulda ansässige Einzelhandelskette tegut ihre haltbaren Produkte über den Online-Riesen Amazon. Seit Mitte 2020 können Kundinnen und Kunden auch frische Lebensmittel am selben Tag per Amazon-Boten geliefert bekommen - zuerst in Darmstadt und Frankfurt, später in Kassel, Marburg und Gießen.

Anders als bei der Gorillas-Alnatura-Kooperation gehen Amazon-Mitarbeiter direkt in den Supermarkt und packen dort die Ware zusammen. Bei Gorillas geht die Alnatura-Ware aus dem Kurier-Lager zu den Kunden.

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Alnatura

Die Bio-Einzelhandelskette Alnatura konnte ihren Umsatz in der Corona-Pandemie steigern. Das Unternehmen betreibt inzwischen 144 Läden mit Schwerpunkten in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Hessen. Unter der Marke Alnatura werden nach Angaben des Unternehmens mehr als 1.300 verschiedene Bio-Lebensmittel produziert, die nun teilweise auch über Gorillas vermarktet werden.

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