Uni-Klinik Gießen von außen

Die Rhön-Klinikum AG droht, eine Vereinbarung mit der Landesregierung zur Finanzierung des Uniklinikums Gießen-Marburg zu kündigen. Das Land reagiert irritiert, Arbeitnehmervertreter befürchten Kündigungen und Ausgliederungen.

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UKGM: Streit zwischen Land und Rhön-Klinikum AG

hessenschau vom 12.05.2022
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Arbeitnehmervertreter befürchten, dass die jüngst bekannt gewordenen Unstimmigkeiten zwischen dem Land Hessen und dem Rhön-Klinikum auf ihrem Rücken ausgetragen werden. Am Montag hatte die Rhön-Klinikum AG, die Eigentümerin des Uniklinikums Gießen-Marburg (UKGM), gedroht, die bisherige Vereinbarung zur Finanzierung der beiden Häuser zu kündigen. Diese beinhaltet ein Ausgliederungsverbot und schließt betriebsbedingte Kündigungen aus.

Andere Häuser des Eigentümers seien von Kündigungen und Ausgliederungen in Tochtergesellschaften betroffen gewesen, sagte der Betriebsratsvorsitzende Macel Iwanyk am Dienstag dem hr. "Genau das befürchten wir für den Standort in Gießen und Marburg auch." Das sei zum Nachteil aller: "Zum einen für die, die in diese Tochtergesellschaften überführt werden. Zum anderen für die, die im Hause bleiben. Wir befürchten, dass deren Belastung steigt."

Was ist passiert?

Hintergrund sind Verhandlungen des Landes Hessen und der Rhön-Klinikum AG, die 2020 vom Askeplios-Konzern übernommen wurde. Es geht um die Frage, wer künftig wie viel in die beiden Häuser investiert. Ein Investitionsstau in dreistelliger Millionenhöhe soll aufgelöst werden. Wie die Aktiengesellschaft am Montag mitteilte, glaubt sie inzwischen aber nicht mehr, dass sich beide Verhandlungspartner wie geplant noch im zweiten Quartal einigen können.

Der Vorstand habe daher entschieden, den Aufsichtsrat vorsorglich um Zustimmung zu bitten, die bisherige Vereinbarung zwischen UKGM, dem Land Hessen und den Universitäten in Gießen und Marburg aus dem Jahr 2017 zum 30. Juni zu kündigen, hieß es.

Die Vorgeschichte

2006 hatte das Land 95 Prozent der Anteile des Uniklinikums an die Rhön-Klinikum AG verkauft – unter anderem wegen eines großen Investitionsstaus. Nach jahrelangem Streit über die weitere Finanzierung einigten sich Land und der Rhön-Konzern im Jahr 2017 auf die aktuelle so genannte Zukunftsvereinbarung, die aber in diesem Jahr ausläuft und deswegen neu verhandelt wird.

Im Januar 2022 kündigte das Land an, über zehn Jahre verteilt bis zu einer halben Milliarde Euro in die privatisierten Unikliniken zu investieren. Das UKGM sollte im Gegenzug "eine optimale Gesundheitsversorgung, die Qualität von Forschung und Lehre sowie den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und die Ausgliederung von Betriebsteilen garantieren". Beide Seiten unterschrieben eine entsprechende Absichtserklärung.

Das sind die Kritikpunkte der AG

Man stehe uneingeschränkt zu der Absichtserklärung vom Januar und sei offen für pragmatische Lösungen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Rhön-Klinikum AG, Christian Höftberger. Allerdings gestalteten sich die Verhandlungen mit dem Land Hessen komplizierter als am Anfang des Jahres erwartet. Daher müsse man die alte Vereinbarung aus dem Jahr 2017 jetzt kündigen. Anderenfalls würde sich diese automatisch verlängern, "mit großen Nachteilen für das UKGM", wie Höftberger betonte.

Hinzu komme die Ankündigung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), eine Kommission zu berufen, die die Grundlagen für eine Krankenhausreform erarbeiten soll. "Diese Reform wird auch unsere Kliniken maßgeblich beeinflussen", sagte Höftberger. "Wir wünschen uns deswegen mehr Flexibilität in den Verhandlungen."

"Die Krankenhausfinanzierung in Deutschland ist im Krankenhausfinanzierungsgesetz klar geregelt und folgt dem Grundsatz der 'dualen Finanzierung", sagte Höftberger. Somit würden die Betriebskosten, also vor allem die Kosten für die Patientenversorgung, von den Krankenkassen und die Investitionskosten, also medizinische Geräte oder Gebäude, grundsätzlich von dem jeweiligen Bundesland finanziert. Und das gelte für alle Krankenhäuser, egal ob in staatlichem, kirchlichem oder privatem Besitz.

"Und genau darum geht es uns: Wir wollen, dass das UKGM und seine Belegschaft die gleichen Rahmenbedingungen für die zukünftige Entwicklung hat, wie alle anderen Universitätskliniken in Deutschland auch", sagte Höftberger. In der Vereinbarung von 2017 hatte das Unternehmen noch auf eine öffentliche Förderung in Form von Investitionskosten verzichtet.

Was passiert, wenn die Verhandlungen platzen?

Offiziell ist das noch nicht klar. Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) nannte die Ankündigung in einer Mitteilung "nicht vertrauensbildend". Weiter teilte sie mit, dass die Rhön-Klinikum AG und das UKGM im Falle einer möglichen Vertragskündigung aufgrund der baulichen Verpflichtungen erhebliche Eigenmittel investieren und die Baumaßnahmen bis 2024 fertigstellen müssten.

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