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Ersatzteilmangel: Darmstadt streicht Straßenbahnlinie

Straßenbahn der HEAG fährt durch Darmstadt-Arheilgen

Weil Ersatzteile fehlen, muss der Darmstädter Verkehrsbetrieb HEAG eine Straßenbahnlinie durch Busse ersetzen. Der Mangel ist eine Folge des Ukraine-Kriegs, eine Lösung nicht in Sicht.

Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch immer wieder auf unseren Alltag in Deutschland aus. In Darmstadt etwa muss die Verkehrsgesellschaft HEAG mobilo nun sogar eine komplette Straßenbahnlinie streichen.

Der Grund: Der HEAG gehen die Fahrzeuge aus. "Nach wie vor fehlen uns durch den andauernden Krieg in der Ukraine wichtige Ersatzteile für die Reparatur der Straßenbahnen", teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Durch mehrere Unfälle sei die Zahl der einsatzfähigen Bahnen in jüngster Zeit weiter gesunken. Allein im September hat es drei Unfälle mit Straßenbahnen gegeben.

Linie 4 fährt ab November nicht mehr

Deswegen hat die HEAG nun entschieden, die Linie 4 zwischen den Stadtteilen Arheilgen und Kranichstein ab dem 31. Oktober aus dem Fahrplan zu nehmen. Stattdessen sollen Busse eingesetzt werden, die die Menschen aus den Stadtteilen in die Innenstadt und zurück bringen.

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Busse statt Straßenbahnen

Die Linie 4, die aktuell zwischen Arheilgen und Kranichstein verkehrt, wird dann durch Busse ersetzt. Vom Luisenplatz aus fährt die Ersatzbuslinie 8E nach Arheilgen, die Ersatzbuslinie 5E nach Kranichstein. Beide Linien fahren montags bis freitags tagsüber im 7,5-Minuten-Takt sowie Samstag- und Sonntagnachmittag im 10-Minuten-Takt.

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Wegen des Straßenbahn-Mangels mussten in den vergangenen Wochen auf allen Linien immer wieder einzelne Fahrten ausfallen, wie HEAG-Geschäftsführerin Anna-Kristina Natus berichtete.

Mit der Umstellung der Linie 4 auf Busse könne den Fahrgästen aber künftig ein "verlässlicher Fahrplan" geboten werden. "Das verschafft uns eine größere Flexibilität auf den anderen Straßenbahnlinien", ergänzte eine Unternehmens-Sprecherin.

30 Prozent der Flotte fällt aus

Über das Ausmaß des Mangels an Ersatzteilen und somit an fahrbereiten Straßenbahnen hält sich die HEAG von ihrer Seite bedeckt. Dem hr ist allerdings bekannt, dass derzeit 14 der insgesamt 48 Bahnen in der Werkstatt stehen und nicht eingesetzt werden können. Das sind knapp 30 Prozent der ganzen Flotte. Viele der Fahrzeuge fallen mehrere Monate aus.

Die Reparaturen können dagegen nicht in der nötigen Geschwindigkeit durchgeführt werden, weil durch den Ukraine-Krieg die benötigten Ersatzteile nicht schnell genug geliefert werden können. "Wir haben tatsächlich auch Teile, die direkt in der Ukraine gefertigt und nicht ausgeliefert werden können", sagte die HEAG-Sprecherin.

Unverzichtbare Teile nicht lieferbar

Aufgrund von Rohstoffmangel könnten auch diverse Hersteller und deren Zulieferer ihre Teile nicht zuverlässig produzieren. "Das führt dazu, dass uns die Teile nicht zur Verfügung stehen, wie etwa Lenkstangen oder Federpakete für Drehgestelle, die natürlich unverzichtbar sind." Die strenge Non-Covid-Politik in China führe ebenfalls zu Lieferengpässen. Auch Busse seien betroffen, hier sei die Lage aber deutlich entspannter.

Für betroffene Fahrgäste entsteht durch die Streichung der Linie 4 allerdings kein Nachteil. Da sie derzeit auf dem Weg in die Darmstädter Innenstadt und zurück aufgrund einer Baustelle bereits von der Bahn in den Bus umsteigen müssen, bringt die neue Lösung sogar eine Verbesserung mit sich. Mit den Ersatzbussen, die ab dem 31. Oktober auf der kompletten Strecke fahren, fällt der Umstieg weg.

Vorerst bis Sommer 2023

Im Sommer 2023 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, bis dahin gilt zunächst auch die Regelung mit den Ersatzbussen. Wie es dann weitergeht, ist noch unklar.

Da allerdings nicht absehbar ist, wann sich die Situation in der Ukraine und somit auch auf dem Ersatzteile-Markt wieder entspannt, stellt sich natürlich die Frage, ob künftig weitere Linien gestrichen werden müssen - dann vielleicht zum Nachteil der Fahrgäste.

Verkehrsunternehmen stehen im Austausch

Um solch ein Szenario zu verhindern, arbeitet die HEAG schon jetzt mit anderen Verkehrsunternehmen zusammen, die denselben Straßenbahn-Typ einsetzen. "Wir stehen in regelmäßigem Austausch über Ersatzteile und Lieferanten und schauen, wie wir uns gegenseitig helfen können", sagte die Sprecherin.

Da aber alle Verkehrsunternehmen dieselben Probleme haben, wie auch die HEAG-Sprecherin bestätigte, lässt sich die Krise auf diesem Weg nicht in vollem Umfang bewältigen. Es könnten also weitere Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr folgen.

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