Koffer aus Container-Aluminium

Vogelhäuschen im Container-Look, Reisekoffer, Getränke-Tabletts: Die Lufthansa Cargo verarbeitet Holz- und Aluminium-Müll durch Upcycling zu neuen Produkten. Das soll der Umwelt nutzen - und dient einem guten Zweck.

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Upcycling bei Lufthansa Cargo

hessenschau vom 22.08.2022
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Altes Aluminium und Wegwerfholz mit Kratzern und Patina: Das ist der Werkstoff für einige neue Produkte der Lufthansa Cargo. Vogelhäuschen, Kofferanhänger und bald auch Reiseköfferchen aus biegsamen, verbrauchten Aluwänden großer Behälter gibt es bereits als Prototypen.

Damit will Lufthansa Cargo beim Recycling neue Wege gehen. Ein Teil des anfallenden Mülls soll durch Upcycling aufgewertet werden. Damit soll ein Produkt "einen neuen und anderen Zweck bekommen", sagt die Umweltmanagerin der Lufthansa-Tochter, Bettina Mörth. Es bekommt also quasi ohne weiteren großen Energieeinsatz ein neues, zweites Leben.

2.200 Tonnen wertvolles Material auf dem Müll

Auf dem Wertstoffhof von Lufthansa Cargo kamen nach Angaben des Unternehmens allein im vergangenen Jahr 2.200 Tonnen recyclingfähigen Mülls zusammen, das sind 37 Prozent des gesamten Müllaufkommens. Über 35 Prozent davon werden energetisch genutzt, was bedeutet, dass die Materialien verbrannt werden. In großen Metallbehältern lagern große Mengen an Folien, Kartons, Elektroschrott, verbrauchtem Holz aus Frachtpaletten und Wänden. Und stündlich kommt viel neuer Müll dazu, wie tonnenweise alte Arbeitskleidung und die Gurte aus den Frachtfliegern, die in bunten Farben einen Müllcontainer bis zum Rand füllen.

Aussortierte Gurte bei der LH Cargo liegen in einem Container

Bettina Mörth erklärt die strengen Regeln, die auf dem Recyclinghof gelten: So hätten etwa die Gurte ein gesetzliches Ablaufdatum, das groß gedruckt auf jeder Schlaufe steht. Aus Sicherheitsgründen müssten sie entsorgt werden, auch wenn sie noch Jahrzehnte ihren Dienst tun könnten. "Daraus kann man noch tolle Dinge machen", sagt Mörth. "Die Gurte werden gewaschen und zerschnitten, für Taschen, für Möbelverkleidungen und dergleichen. Das sind die Ideen, die jetzt im Raum stehen."

Gurte sind nur eine Abfall-Quelle für das Upcycling als neue Recyclingstrategie der hessischen Transportflieger. Die wichtigste sind nach Angaben von Lufthansa Cargo ausgemusterte Frachtcontainer. Das Unternehmen tauscht aktuell alle alten zerbeulten Spezialbehälter aus, die fast vollständig aus Aluminium bestehen.

Frachtcontainer werden ausgetauscht

"Ein Paradies für unsere Upcycling-Idee", sagt Marketingexpertin Christina Franz. Sie hat das Upcycling-Projekt bei Lufthansa Cargo entwickelt. An einem neuen Container erklärt sie die Unterschiede und sagt, warum sie ausgetauscht werden sollen. "Hier haben wir noch den schweren Aluminium-Container. Da drüben einen Light-weight-Container. Da sind die Seitenwände eben nicht mehr aus Aluminium, sondern aus einer dünnen, aber sehr starken Plane. Das heißt, es ist alles leichter und biegsamer, und somit sparen wir viel Kerosin ein."

Für die Luftfracht sei das nicht nur in diesen teuren Energiezeiten ein Thema, erläutert Franz: Denn für jedes Kilo Gewicht weniger im Flieger müsse man 200 Gramm weniger Kraftstoff tanken. Im jahrelangen Einsatz addiere sich das zu Millionen.

Upcycling

4.300 Frachtcontainer fliegen für die Lufthansa derzeit um die Welt. Bekommen sie nach rund zwölf Jahren zu viele Kratzer und Beulen ab, landen sie auf dem hauseigenen Wertstoffhof. Nicht alle sind danach problemlos recyclebar für den Flugverkehr - aber Gold wert für das Upcycling-Projekt. "Diese Container erzählen eine Geschichte", sagt Projektentwicklerin Franz. "Sie sind um die Welt geflogen! Wir haben geschaut, wie kann man das schaffen, die Geschichte des Containers weiter zu erzählen und eben diese Ressource nicht zu verschwenden, sondern sie in einen zweiten Produktzyklus zu überführen."

Noch ist nur die Kofferschale aus recyceltem Material

Und aus alten Frachtcontainern lasse sich viel Schönes machen, sagt sie. Offene Vogelhäuschen im Container-Look und Trolleys, die ab Herbst auf einer eigenen Upcycling-Seite im Internet angeboten werden sollen, seien nur einige Beispiele. Sie hoffe, bald alle Frachtcontainer in Produkte umwandeln zu können.

Der Weg dahin ist noch weit. Lufthansa Cargo ist eines der ersten großen Unternehmen, die dem Upcycling eine so große Bedeutung geben. Doch bislang gibt es fast nur Prototypen. Designer liefern die Ideen für die Produkte. Sie machen professionelle Skizzen und setzen die Modelle in der eigenen Werkstatt mit spezialisierten Maschinen um.

Derzeit wird dort an dem neuen kleinen Trolley aus alten, zerkratzen Frachtcontainer-Wänden gearbeitet, von dem man sich verspricht, dass er auf großes Interesse stoßen wird. Die Rollen sind nach Unternehmensangaben derzeit noch aus neuem Plastik, also nicht nachhaltig. Auch das Innenfutter sei aus neu produziertem Stoff einer Partnerfirma - beides müsse sich ändern.

LH Cargo Vogelhäuschen

Industriedesigner Frederic Kreutzer öffnet einen kleinen Rollkoffer und deutet auf die einzelnen Teile. "Im Prinzip sind hier die ganzen Hauptkomponenten aus wertigem Abfall. Die Außenschalen sind Upcycling-Material. Für die Innenseite gibt es Überlegungen, dann später vielleicht andere Materialien einzusetzen." Theoretisch sei es denkbar, auch alte Warnwesten oder Pilotenuniformen als Innenfutter einzuplanen. "Das heißt, hier entwickeln wir noch ein bisschen, um zu sehen, wie der kleine Koffer dann auf den Markt kommen wird."

Upcycling soll Bewusstsein der Verbraucher schärfen

Aber ist Upcycling wirklich so zukunftsweisend? Es wird ja nur ein kleiner Teil des Mülls verwertet, bislang noch nicht einmal ein Prozent. Kritiker sagen, Upcycling bringe nicht allzu viel, es verzögere nur die Zeit, bis ein Produkt zum Müll wird. "Ja, das stimmt", sagt der Leiter des Instituts für Recycling, Ökologie und Design, Werner Lorke. "Für mich ist Upcycling eine Zwischennutzung. Sie wird ganz sicher keine Antwort in Richtung Kreislaufwirtschaft sein, weil dazu die verarbeiteten Mengen tatsächlich viel zu gering sind."

Man gehe aber davon aus, dass durch Upcycling Menschen für den Wert von Rohstoffen und Materialien sensibilisiert werden können, sagt Lorke. Wenn sich viele Unternehmen ähnlich auf den Weg machten, dann könne es zu größeren Nachhaltigkeitseffekten in der Gesellschaft kommen. "Mehr Müll-Produkte mit edlem, neuen Leben in anderen Funktionen bedeuten weniger Ressourcenverbrauch für den Konsum insgesamt", erläutert Lorke.

LH Cargo will Einnahmen für den guten Zweck spenden

Bald sollen die Upcycling-Ideen aus Cargo-Abfällen auf den Markt kommen. Nach und nach werden sie auf eine eigene Internetseite des Cargo-Fanshops gestellt. Im Herbst ist der offizielle Start.

Damit verdienen will die Lufthansa Cargo nach eigenen Angaben nichts. Die Upcycling-Idee ist vielmehr gekoppelt mit einem Charity-Versprechen: Alle Einnahmen gehen demnach an Cargo Human Care und sollen für soziale und Bildungsprojekte in Kenia gespendet werden.

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