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Kleine Kommunen Energie-Vorreiter in Hessen

Zwei Hände - voll mit Holzhackschnitzel

Sie sind die Gewinner einer drohenden Energiekrise: Manche hessischen Kommunen und Stadtteile haben sich längst vom russischen Gas unabhängig gemacht. Stattdessen heizen sie mit Holzhackschnitzeln - zwei Beispiele.

In einer Lagerhalle in der Wetterau steht der ganze Stolz der Bewohner von Bergheim, einem Stadtteil von Ortenberg: ein Holzheizkraftwerk. Dort werden Holzhackschnitzel verfeuert und Wasser erhitzt. "Damit versorgen wir 120 Häuser, die über Leitungen an das Kraftwerk angeschlossen sind", berichtet Hartmut Langlitz. Mit dem heißen Wasser können die Haushalte heizen, duschen oder spülen.

Für das Projekt haben die Bergheimer vor zwölf Jahren eine Genossenschaft gegründet, das Energiedorf Bergheim. Aufsichtsratsvorsitzender Langlitz erzählt, mit dem Heizwerk sei man weitgehend energieautark, zumindest was die Wärme betrifft. Betrieben wird es mit eigenem Solarstrom vom Dach.

Klimakommunen in der Energiekrise Vorbild

Die Wärme bekommen die Bergheimer zum Selbstkostenpreis. Pro Kilowattstunde werden 9,90 Cent fällig, deutlich weniger, als wenn etwa mit Öl oder Gas geheizt wird. Das sei gerade in der Energiekrise attraktiv, meint Langlitz: "Es haben sich 15 weitere Bewohner gemeldet, die dringend angeschlossen werden wollen." Regelmäßig kommen Besuchsgruppen aus anderen Kommunen vorbei.

Grafik in Form einer Sprechblase mit dem Wort "hr-Thema - Energiewende".
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hr-Thementag Energiewende

Die Energiewende steht am 20. Juli im Zentrum der Berichterstattung des Hessischen Rundfunks. Auf allen Kanälen beleuchtet der hr, wie es in Hessen um die Energiewende bestellt ist, was Kommunen tun, um unabhängiger zu werden und wie jeder Energie sparen kann.

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Die Wärme produziert Bergheim nach eigenen Angaben nachhaltig. Beim Verbrennen von Holz entstehe zwar C02, das sei jedoch identisch mit der Menge, die die Bäume vorher beim Wachsen gebunden hätten, heißt es auf der Internetseite der Genossenschaft. Zudem sei Holz ein nachwachsender Rohstoff.

Die Stadt Ortenberg gehört zu den mittlerweile über 350 hessischen Klima-Kommunen, die sich besonders für den Klimaschutz einsetzen. Dafür erhalten sie Fördergelder vom hessischen Umweltministerium. Dort heißt es, aufgrund der großen Resonanz sei das Projekt sehr erfolgreich.

Heizen mit Holz nicht zwangsläufig nachhaltig

Auch in anderen Kommunen ist der Rohstoff Holz zur nachhaltigen Wärmeerzeugung aktuell angesagt. Doch Klaus Hennenberg, Energie-Experte beim Darmstädter Öko-Institut, hält das nicht zwangsläufig für nachhaltig. "Wenn dafür im Wald Bäume gefällt werden, schneidet das Holz bei der CO2-Bilanz nicht besser ab als Öl oder Gas", erklärt Hennenberg fest.

Denn die jungen Bäume müssten erst einmal groß genug werden und über mehrere Jahrzehnte CO2 binden, bis die Gesamtbilanz positiv wird. Deutlich nachhaltiger sei es, Holzabfälle zu verfeuern, die seien sowieso da.

Kleine Ortschaften und Stadtteile gehen voran

Im Heizkraftwerk im mittelhessischen Wetter-Oberrosphe (Marburg-Biedenkopf) wird beides verheizt: Holzabfälle und zugekauftes Holz. Das kleine Dorf mit seinen rund 800 Einwohnern hat dafür vor 14 Jahren ebenfalls eine Energie-Genossenschaft gegründet. "Das war alles andere als einfach", erinnert sich der stellvertretende Vorsitzende Friedhelm Koch. "Man muss im Dorf die Leute hinter sich bringen und die Politik, damit man Unterstützung bekommt."

Auch hier wird mittlerweile die überwiegende Mehrheit der Einwohner vom Kraftwerk mit Wärme beliefert. Darunter Michael Brauer, als Heizungsbauer selbst vom Fach. Dass er sich dafür von seiner Ölheizung getrennt hat, bereut er bis heute nicht, denn: "wir müssen dem Herrn Putin nicht irgendwelche Energien abkaufen und können die Preise in der Genossenschaft selbst festlegen."

Durch Ehrenamt läuft es rund

Wetters Bürgermeister Kai-Uwe Spanka (parteilos) erzählt, dass es in seiner Stadt einige Projekte dieser Art gibt: "Meine Erfahrung ist, dass sich die eher in kleineren Ortschaften umsetzen lassen, in denen sich die Menschen kennen, etwa durch die Arbeit im Verein."

Denn dadurch entstehe Vertrauen und Wertschätzung füreinander. Und das sei nötig, um solche Heizkraftwerke zu betreiben. Die könnten nur laufen, weil sich im Rahmen der Genossenschaften viele Menschen ehrenamtlich darum kümmern.

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