Straßensperrung in Kelkheim Ortsteil Fischbach

In Kelkheim im Taunus sorgt eine zweijährige Straßensperrung für Frust und Existenzangst bei den Einzelhändlern im Ortsteil Fischbach. Wegen fehlender Kundschaft aus der Nachbarschaft droht manchen Läden schon nach wenigen Wochen der Kollaps.

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Straßensperrung: Fischbacher Einzelhändler in Existenznot

Die Einzelhändler Manuela Rausch (Metzgerei Rausch), Ralf Fischer (Schuhhaus Fischer), Michael Schramen (Fischbacher Obst- und Gemüsemarkt), Marina Nadworniczek (Classic Tankstelle Kelkheim Fischbach), Luca Viola (Eiscafé Peperoncino)
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Im Eiscafe Peperoncino ist Krisentreffen. Seit knapp einem Monat ist die 1,2 Kilometer lange Landstraße in Richtung Norden nach Ruppertshain gesperrt, seitdem geht es bei den Einzelhändlern des Kelkheimer Ortsteils Fischbach (Main-Taunus) steil bergab. "Wir wussten, dass die Sperrung unseren Umsatz nicht gerade fördert, aber wir hätten nie gedacht, dass es so gravierend ist", sagt Michael Schramen vom Obst- und Gemüsemarkt.

"Wir haben Angst, dass der Ort verwaist, wenn die Geschäfte alle zumachen müssen", ergänzt Marina Nadworniczek. Sie leitet die Classic-Tankstelle am Fuße der Sperrung und ist nach eigenen Angaben mit 70 Prozent Umsatzrückgang am schlimmsten betroffen. Das halte sie kein halbes Jahr durch, sagt sie. "Eine Mitarbeiterin musste schon gehen."

Straßensanierung seit 20 Jahren im Gespräch

Die Landstraße verbindet mehrere Dörfer mit dem Tal im Vordertaunus. Jetzt wird sie grundsaniert. Der Bürgermeister von Kelkheim, Albrecht Kündiger, ist froh darüber, schon seit 20 Jahren sei die Sanierung im Gespräch. Jetzt sei die Stadt gerade noch so in ein Förderprogramm von Hessen Mobil reingerutscht. Vor allem im Ortsteil Ruppertshain müsse alles erneuert werden, sagt Kündiger. "Der Kanal wird ausgetauscht, die Straßendecke, der Bürgersteig, alle Leitungen werden neu verlegt, die Hausanschlüsse der Wasser- und Abwasserversorgung - kurzum, wir machen alles, um die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen."

Dass das Auswirkungen hat, vor allem weil die Ruppertshainer jetzt einen Umweg von mindestens 14 Kilometern fahren müssen, das wusste Kündiger nach eigenen Angaben. Darüber seien auch alle informiert worden. Dass die Einzelhändler in Fischbach deswegen jetzt aber so leiden, damit habe auch er nicht gerechnet.

Ruppertshainer kaufen jetzt woanders ein

In Ruppertshain selbst gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten. Vor kurzem erst hat der letzte Bäcker wegen Personalmangels endgültig geschlossen. Für Besorgungen fuhr man dann nach Fischbach. "Das war unser kurzer Weg, auch mal ganz schnell noch eine Kleinigkeit zu holen, die vergessen wurde. Da ist man immer nach Fischbach gefahren", sagt Volker Böttger, der in Ruppertshain am anderen Ende der Straßensperrung wohnt.

Jetzt kaufe er in Geschäften ein, an denen er seit der Sperrung ohnehin vorbeifahren müsse. Für viele sind die neuen Einkaufsorte nun Königstein in Richtung Süden oder Glashütten in Richtung Norden. Das bestätigt auch Böttgers Sohn Nicolas. Er arbeitet im Fischbacher Rewe-Supermarkt, der jetzt deutlich weniger Kunden verzeichne.

Werden die Kunden wiederkommen?

Direkt nebenan hat Markus Moldan erst vor einem halben Jahr seinen Frisörladen "Spectacoolhair" umgebaut und eingerichtet. Vor Kurzem habe ihn eine Kollegin aus Ruppertshain angesprochen. "Markus, was ist bei euch los? 90 Prozent der Männer, die jetzt neu zu uns kommen, waren vorher bei euch", berichtet Moldan von dem Gespäch.

Seine Umsätze seien in kürzester Zeit um 52 Prozent eingebrochen. Einem Mitarbeiter habe er schon gekündigt, bei einem zweiten stehe das Arbeitsverhältnis auf der Kippe. Und wenn die Menschen sich erst einmal umorientiert hätten, befürchtet Moldan, blieben sie dort, wo sie sind.

Sinkende Umsätze, steigende Kosten

Ähnlich geht es Schuhhändler Ralf Fischer. Der Schuhverkauf sei in den letzten Wochen "fast auf null runter gegangen". Überleben könne er zurzeit nur durch die Orthopädie.

Umsatzeinbußen von 40 Prozent unter der Woche beklagt auch Manuela Rausch von der gleichnamigen Metzgerei. Dazu kämen die Energiekosten, die Spritkosten und die gestiegenen Fleischpreise, das sei auch so schon kaum zu schaffen. Eigentlich müsste sie die Preise drastisch erhöhen, aber dann käme kein Kunde mehr. Keiner wüsste gerade, wo die Reise hingehe.

Werbung soll die Kunden nach Fischbach locken

Lösungen für die existenzbedrohende Lage der Fischbacher Gewerbetreibenden sind rar. Immerhin sollen laut Planung wenigstens die Ortsansässigen aus Ruppertshain nach einem halben Jahr, wenn der erste Bauabschnitt fertig ist, eine Zufahrt zur Landstraße bekommen. Insgesamt aber bleibt die Strecke für den überörtlichen Verkehr für zwei Jahre gesperrt. Die Classic-Tankstelle wird einen Tankautomaten bekommen, um Personalkosten zu sparen. Nun wird überlegt, ob ein Straßenfest mit Ständen helfen könnte, oder ob der Weihnachtsmarkt erweitert werden kann.

Die Idee, die Bauarbeiten mit mehr Arbeitskräften zu beschleunigen oder eine Spur offen zu lassen, hat Bürgermeister Kündiger verworfen. Das sei nicht möglich. Die Stadt wolle nun Werbung machen für Fischbach, in der Hoffnung, dass die Läden durch solidarische Einkäufe überleben. "Ich bin mir aber auch bewusst, all die Einbußen werden wir dadurch nicht ausgleichen können", so der Bürgermeister, "die nächsten Monate werden noch hart, sowohl für die Einwohner in Ruppertshain und Eppenhain als auch für die Einzelhändler hier in Fischbach."

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