Filip Kostic

Die Beziehung zwischen Filip Kostic und Eintracht Frankfurt war zu Beginn der Saison schwer belastet. Im Europa-League-Finale in Sevilla könnte es nun das endgültige Happy End geben.

Videobeitrag

Video

Die magische Eintracht-Nacht in Barcelona

Eintracht Frankfurt Fans feiern den Sieg zwischen FC Barcelona and Eintracht Frankfurt.
Ende des Videobeitrags

Das Camp Nou hatte sich schon halb geleert, es war später Abend, das atemberaubende 3:2 der Frankfurter Eintracht beim großen FC Barcelona sicher eine halbe Stunde her. Menschen in Weiß lagen sich in den Armen, überall im Stadion, sangen ihre Lieder, rieben sich die Augen. Da ging Filip Kostic, der beste Fußballer, den Eintracht Frankfurt hat, alleine vor die Kurve.

Sprechchöre schallten ihm entgegen, 30.000 Eintracht-Fans sollen an diesem Tag im Camp Nou gewesen sein, es fühlte sich nach mehr an, im Spiel schon, danach ebenso. Kostic zog sein Trikot aus und hielt es den Fans entgegen, mit Name und Rückennummer voran. Eine Geste, halb Geschenk, halb stolzgeschwellte Brust, als würde Kostic eine Flagge hissen auf einem gerade bestiegenen Berg. Seht her, ich bin Filip Kostic, Bezwinger Barcelonas, der König des Camp Nou.

Für einen Tag wie Cruyff, Ronaldinho, Messi

Könige hat das Camp Nou schon viele gesehen, Cruyff, Ronaldinho, Messi, an diesem Abend stand Kostic für einen kurzen Moment in ihrer Reihe. Zwei Tore zum sensationellen Weiterkommen der Eintracht schoss er selbst, wer weiß, wie viele seiner sagenhaften Sprints er anzog, wie oft wohl die Barca-Fans dachten: Wer ist dieser Mann und warum ist er so gut? Kostic war an diesem Abend der prägende Spieler, er hatte die Partie in der Hand, er war ganz bei sich und das Spiel bei ihm. "Das beste Spiel meiner Karriere", sagte er am Tag danach lächelnd.

Dabei fing die Saison 2021/22 ganz und gar nicht königlich an für Kostic und Eintracht Frankfurt. Kostic, nach dem Abgang von Luka Jovic, Ante Rebic und Sebastian Haller der letzte Verbliebene der Sensations-Offensive der Jahre zuvor, sah sich, und ja nicht zu Unrecht, zu Höherem berufen – und wollte einen Wechsel zu Lazio Rom erstreiken.

"Wir sind Menschen, wir machen alle Fehler"

Kostic wird seit jeher eine Affinität zur Serie A nachgesagt, ebenso aber, ein tadelloser Sportsmann zu sein. Und so kehrte er nach einem viel zu niedrigen Angebot, einer öffentlichen Entschuldigung und schließlich einem Berater-Wechsel zurück in den Kreis der Mannschaft. "Wir sind Menschen, wir machen alle Fehler", öffnete Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche damals die Tür. Böse war Kostic niemand.

Kostic ist jetzt 29 Jahre alt, für einen Spieler seiner Klasse verläuft seine Karriere nicht eben gerade. In Groningen startete er durch, mit Stuttgart und dem HSV stieg er ab, nicht wenige waren skeptisch, als Fredi Bobic ihn 2018 nach Frankfurt holte. Doch bei der Eintracht blühte er auf, zeigte teils Weltklasse-Leistungen, riss die Fans von ihren Sitzen. 2020/21 bereitete er 17 Ligatore vor, das hatte vor ihm nie ein Frankfurter geschafft, nicht einmal die ganz großen Legenden der Hessen, Jürgen Grabowski oder Uwe Bein. Aber Kostic hat nie Champions League gespielt, auch einen Titel hat er noch nicht gewonnen. Für einen wie ihn, der an einem guten Abend das Camp Nou zum Schweigen und Schreien gleichzeitig bringen kann, ist das eigentlich zu wenig.

Wer das Endspiel historisch nennt, der untertreibt

Wohl auch daher kam der Wunsch nach Veränderung vor der Saison. Denn wie wahrscheinlich schien es im Sommer 2021, dass Eintracht Frankfurt erneut um die Champions League würde mitspielen können, nachdem die Chance in der vergangenen Spielzeit so leichtfertig vergeben wurde. Oder dass am Ende der Saison gar ein Titel gewonnen werden könnte, zumal ein internationaler. Eine solche Chance hat es seit 1980 nicht mehr gegeben, insgesamt erst zweimal zuvor in der 123-jährigen Geschichte des Klubs. Wer das Endspiel in Sevilla historisch nennt, der untertreibt. Das wissen auch die Spieler.

Auch deshalb ist dieses Finale auch das Finale des Filip Kostic. Er hat nicht nur die Chance, seinen ersten Titel zu gewinnen und in die Champions League einzuziehen. Er könnte auch seinen Platz finden. Nicht nur als einer, der sportlich endlich da ist, wo er hingehört, nämlich auf dem Gipfel des europäischen Vereinsfußballs, mit einer Trophäe in der Hand. Sondern als Vereinsikone, als jener Spieler, der Eintracht Frankfurt den Europacup schenkte, so wie es sein Kumpel Ante Rebic mit dem DFB-Pokal tat. Er muss dafür nur noch den Berg Sevilla bezwingen. Und den Fans dann den Pokal entgegenhalten. Seht her, ich bin Filip Kostic, König von Frankfurt.