Protestler vor der Euro-Statue in Frankfurt

Gegen die Macht der Finanzwelt, für ein gerechtes Wirtschaftssystem: Die "Occupy"-Bewegung schwappt von den USA nach Europa herüber. Am Samstag wollen die Aktivisten in der Bankenmetropole Frankfurt protestieren - und die EZB blockieren.

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Protest gegen weltweites Finanzsystem

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Wolfram Siener, Pressesprecher von "Occupy Frankfurt", hofft auf einige hundert bis mehr als tausend Teilnehmer. Um 12 Uhr soll am Rathenauplatz eine Kundgebung stattfinden. Gegen Nachmittag werde man zur Europäischen Zentralbank (EZB) ziehen, erklärte der 20-Jährige im Gespräch mit hr-online. "Dort werden wir unsere Zelte aufbauen und die Zentralbank und den Willy-Brandt-Platz ein paar Tage bis Wochen blockieren."

"Bankenmacht einschränken" 

Der Protest richte sich gegen das Machtgefüge in einer vom Kapitalismus bestimmten Welt. "Unsere derzeitige Demokratie ist nutzlos, da sie von Banken, Wirtschaft und Märkten umzingelt ist", sagt Siener. Die Macht dieser Institutionen müsse eingeschränkt werden. 

Ein Vorwurf: Verluste würden verstaatlicht, während Gewinne privatisiert würden. "Das muss sich ändern." Nicht die Steuerzahler müssten zur Verantwortung gezogen werden, sondern diejenigen, die die Verluste verursachten. So nütze auch der EU-Rettungsschirm für Griechenland in seiner jetzigen Form nicht den Griechen, sondern den Urhebern der Krise, meint Siener. 

Von New York nach Europa

Die Bank- und Börsenstadt Frankfurt habe man wegen ihrer starken Symbolkraft als Zentrum der Proteste in Deutschland gewählt, erklärt der Pressesprecher. Wie lange die Blockade andauern wird, hänge davon ab, wie viele Leute kämen und wie die Behörden reagierten. Die Entwicklung lasse sich schwer vorhersagen. In Deutschland sei die Situation für die Menschen auch noch nicht so "prekär" wie in den USA. 

Dort hatten sich Mitte September etwa 1.000 Menschen im New Yorker Bankenviertel an der Wall Street versammelt und gegen den Einfluss von Reichen, Banken und Wirtschaftsunternehmen auf Politik und Gesetzgebung protestiert. Inzwischen ist die Protestbewegung stark gewachsen und hat sich auf andere amerikanische Städte ausgeweitet. 

Aufklärung übers Internet

"Occupy Frankfurt" versteht sich als Aufklärungsbewegung. Um wirklich etwas zu verändern, brauche man eine bestimmte Masse von Leuten, erklärt Siener. Er spricht vom "Tipping Point", dem Umkipp-Punkt, an dem genügend Menschen sich gegen das vorherrschende System auflehnen und "ihre eigenen Gesetze machen", um "echte Demokratie" zu schaffen – ohne Umsturz, ohne Gewalt und ohne Kriege, wie der Sprecher betont. Bis dahin sei es aber noch ein langer Weg. 

Eine wichtige Rolle spielen Siener zufolge dabei Online-Plattformen wie YouTube oder Twitter. Erst das Internet erlaube die Umsetzung einer eigentlich alten Idee, erklärt der Aktivist. Dort verbreiteten sich Nachrichten und Mitteilungen schnell und frei. Die konventionellen Massenmedien hingegen seien selbst "Gefangene des Systems". Dennoch arbeite man auch mit diesen eng zusammen. 

Quer durch die Gesellschaft

Während die Organisatoren der Aktionen überwiegend junge Menschen seien, gehörten die Unterstützer von "Occupy" mittlerweile allen Altersklassen und Gesellschaftsschichten an, so Siener. Auch andere Organisationen wie das Antiglobalisierungsnetzwerk "Attac" oder die Demokratiebewegung "Echte Demokratie jetzt" beteiligten sich, berichtet der Frankfurter. 

Generell sei man aber unabhängig voneinander. "Hören Sie auf, in Organisationen zu denken", fordert der Sprecher. Er will die Bewegung nicht in ein politisches Spektrum einsortiert wissen, selbst wenn manches nach linker Ideologie klingen sollte. Man sei auch keine "Tochter" der amerikanischen Protestgruppe, stellt er klar. Es gehe nicht um Namen. "Wir gehören alle zur selben Menschheit."