Frank Schirrmacher

FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher ist tot. Er starb völlig überraschend im Alter von 54 Jahren. Der Tod des Publizisten hat in Hessen Bestürzung und Anteilnahme ausgelöst.

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Frank Schirrmacher ist tot

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Wie der Verlag dem hr bestätigte, starb Schirrmacher am Donnerstag (12.06.2014) an einem Herzinfarkt. Schirrmacher, geboren 1959 in Wiesbaden, gehörte zu den bedeutendsten Publizisten Deutschlands. Der Journalist und Buchautor war Mitherausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). 

1985 erhielt Schirrmacher eine erste Anstellung in der Feuilleton-Redaktion der FAZ. 1989 folgte er dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki als Leiter der Redaktion "Literatur und literarisches Leben" nach. 1994 trat er die Nachfolge von Joachim Fest als einer der fünf Herausgeber an, zuständig für das Feuilleton.

"Feines Gespür für Zukunftsthemen"

2004 veröffentlichte Schirrmacher sein Buch "Das Methusalem-Komplott", mit dem er eine breit geführte Debatte auslöste: Auf der Basis demografischer Fakten wies er auf eine Vergreisung der Gesellschaft aufgrund niedriger Geburtenraten hin. Nicht nur mit diesem Bestseller, der in 14 Sprachen übersetzt wurde, stieß er intensive Debatten an. Auch den Folgen der Gentechnik galt seine Sorge - zuletzt kritisierte er auch die ausufernde digitale Überwachung von Bürgern. Für seine Arbeit wurde der Protestant Schirrmacher mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem 2009 mit dem Ludwig-Börne-Preis. Schirrmacher hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder.

Die "FAZ" würdigte Schirrmachers Verdienste auf ihrer Internetseite: "Mit einem feinen Gespür für Zukunftsthemen und einer großen Gabe zur immer inhaltlich fundierten Zuspitzung ausgestattet, machte er die Zeitung früh zum Meinungsführer bei Fragen der gesellschaftlichen Bedeutung der Gentechnik, des demographischen Wandels und der Digitalen Welt."

"Ein Schock für alle, die ihn kannten."

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) würdigten Schirrmacher gemeinsam als "herausragenden Publizisten unserer Zeit" und "großen Geist". "Die Impulse, die er uns gegeben hat, werden uns fehlen." 

CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Boddenberg sagte: "Das ist ein Schock für alle, die ihn kannten. Er war einer der herausragendsten Intellektuellen unserer Zeit."

"Sein Verlust wiegt sehr schwer"

SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel zeigte sich bestürzt: "Eine schlimme Nachricht. Schirrmacher war eine große Bereicherung in jeder Debatte", teilte der hessische Landeschef im Kurznachrichtendienst Twitter mit. "Sein Verlust wiegt sehr schwer. Er wird uns fehlen", betonte der 44-jährige Sozialdemokrat. 

Die Landesvorsitzenden der Grünen, Daniela Wagner und Kai Klose, trauern um einen der "prägendsten Intellektuellen unseres Landes". "Als bekennender Konservativer setzte er sich stets auch selbstreflektiert mit seinen eigenen Überzeugungen auseinander und ließ dort, wo er verantwortlich war, eine Vielfalt an Meinungen zu."

"Immer den Finger am Puls der Zeit"

"Frank Schirrmacher war die lauteste Stimme der konservativen Kapitalismuskritik. Diese Stimme wird zukünftig fehlen", teilte die Fraktionsvorsitzende der hessischen Linken, Janine Wissler, über Twitter mit. 

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) sagte: "Schirrmacher war einer der großen Intellektuellen dieser Republik, der auch immer den Finger am Puls der Zeit hatte." Dies galt insbesondere bei Themen, die alle seit Jahren bewegten, wie die digitale Welt und ihre Auswirkungen auf unser Leben. 

Für Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, war Schirrmacher ein "stets hellwacher Seismograph der gesellschaftlichen Entwicklung". Ihm sei es maßgeblich zu verdanken, "dass Themen wie Big Data und Demographie, der Überwachungs-Staat und die Algorithmen-Kritik ein öffentliches Forum fanden und auf breiter gesellschaftlicher Basis diskutiert werden".

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Bestseller von Frank Schirrmacher

2004: In "Das Methusalem-Komplott" behandelt er den demografischen Wandel und die fortschreitende Überalterung der Gesellschaft - und spricht sich gegen einen diskriminierenden Umgang mit Älteren aus. 

2006: Über den Wert sozialer Beziehungen schreibt er in "Minimum": Die Gesellschaft sei nicht auf die Auflösung des privaten Versorgungsnetzes aus Freundschaft und Familie vorbereitet. 

2009: Mit dem Informationszeitalter setzt er sich in "Payback" auseinander - und zeichnet ein trübes Bild der digitalen Gegenwart. Es gebe einen Zwang, sich ständig informieren zu müssen. 

2013: In "Ego" geht es darum, dass ein Fließband-Egoismus das gesamte Sozialwesen erobert habe. Der reale Mensch mit seinen Schwächen und moralischen Ansprüchen werde allmählich zum Systemfehler.

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