Konzert in Paris hr-Sinfonieorchester spielt zur Wiedereröffnung von Notre-Dame

Am Donnerstag gibt das hr-Sinfonieorchester zum Abschluss der Wiedereröffnungsfeierlichkeiten in Notre-Dame ein Konzert. Die Kirche war 2019 bei einem Brand schwer zerstört worden.

Das hr-Sinfonieorchester bei der Probe in Notre-Dame.
Das hr-Sinfonieorchester bei der Probe in Notre-Dame. Bild © Rüdiger Jürgensen / hr

Die Kathedrale Notre-Dame gilt als eine der bedeutsamsten Kirchen Frankreichs. Im Jahr 1163 wurde sie in der damals neuartigen Bauweise der Gotik errichtet. Bei einem Großbrand im April 2019 erlitt sie schwere Schäden. Rund vier Stunden brannte die Kirche damals vor den Augen der ganzen Welt.

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Nach mehr als fünf Jahren Restaurierungs- und Reparaturarbeiten ist sie seit Dezember 2024 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Gefeiert wird das über ein halbes Jahr lang mit unterschiedlichsten Klassik-Konzerten in dem Gotteshaus. Den Abschluss bildet am 12. Juni das hr-Sinfonieorchester, mit dem extra dafür komponierten Stück "Te Deum pour Notre-Dame".

Persönliche Verbindungen zur Notre-Dame

Alain Altinoglu
Alain Altinoglu Bild © Ben Knabe

"Wieder Musik in dieser wunderschönen Kirche mit so viel Geschichte zu spielen, ist natürlich eine große Freude", erzählt Alain Altinoglu, der Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters. Für ihn hat das Konzert eine ganz persönliche Bedeutung. Er ist in Paris aufgewachsen und kennt die Kirche noch gut aus Teenagerzeiten. "Als Armenier in Paris feiern wir jedes Jahr am 24. April eine Messe in der Notre-Dame, um des Völkermords an den Armeniern zu gedenken. Als ich 13 Jahre alt war, spielte ich die kleine Orgel in Notre-Dame. So entdeckte ich diese Kirche", erinnert er sich.

Zu verdanken hat er das Engagement an diesem denkwürdigen Ort dem französischen Komponisten Thierry Escaich. Er ist einer von fünf Organisten von Notre-Dame, war an der Restaurierung der Orgel nach dem Brand beteiligt und hat aufgrund seiner großen Virtuosität den Ehrentitel "Titularorganist" verliehen bekommen. "Es war eine Freude, die neue Kraft dieser Orgel zu entdecken", schwärmt er.

Ein Angebot, das man nicht ablehnen konnte

Thierry Escaich
Thierry Escaich Bild © Marie Rolland

Zudem ist Escaich, der zu den bedeutendsten zeitgenössischen Komponisten Frankreichs zählt, aktuell "Composer in Residence" des hr-Sinfonieorchesters. Er und Altinoglu kennen sich seit mehr 20 Jahren. Beide haben am Pariser Konservatorium studiert. Escaichs Vorschlag, mit dem hr-Sinfonieorchester in der Kathedrale zu spielen, konnte Altinoglu natürlich nicht ablehnen.

Auch die Komposition zu "Te Deum" stammt von Thierry Escaich. Erst wenige Tage vor dem Konzert wurde die Partitur, also die Notenkomposition, fertig. Er erzählt darin die Geschichte des Brandes und des Wiederaufbaus von Notre-Dame. Beim Konzert am 12. Juni wird Escaich das Orchester auf der Orgel begleiten.

Brand und Wiederaufbau werden in "Te Deum" thematisiert

"Der Titel des ersten Teils ist 'Nacht des Feuers' und wir beginnen mit der Beschreibung des Brandes. Ich integriere einige Texte, zum Beispiel von Victor Hugo", erklärt Escaich. Hugo ist einer der bekanntesten Schriftsteller Frankreichs und hat unter anderem "Der Glöckner von Notre-Dame" geschrieben.  

Das Ende sei dann das Gegenteil. "Wir haben die Engel des Lichts. Wir haben diesen Weg bis zur Sonne, bis zur Helligkeit", führt Escaich fort und fasst zusammen: "Am Anfang ist es ein wenig Feuer, das brennt, aber nicht leuchtet. Am Ende ist es das Feuer, das leuchtet, aber nicht brennt."

Escaich, der in der Klassikwelt für seine Improvisationskünste bekannt ist, wird sich auch dieses Mal weg von den Noten bewegen. "Es ist fantastisch, in Notre-Dame zu improvisieren, weil Notre-Dame ein Orchester ist", sagt er.

Besondere Akustik mit Echo

Damit spielt er nicht nur auf die besondere Orgel der Kirche an, die mit 120 Registern eine besonders große Klangvielfalt ermöglicht, sondern auch auf die besondere Akustik in Notre-Dame. Jeder Ton hat eine Nachhallzeit von sieben Sekunden. Ein derart langer Hall ist für ein klassisches Orchester eine Herausforderung.

"Wenn man die zweite Note spielt, ist die erste Note immer noch da. Wenn wir in einer Kirche spielen, spielen wir deshalb manchmal etwas langsamer, weil die Ohren etwas Zeit brauchen, um es zu hören", erklärt Chefdirigent Altinoglu. Die Gäste in den hinteren Reihen würden sonst "verschwommenen Töne" hören.

Harfenistin schwärmt von Notre-Dame

Anne-Sophie Bertrand
Anne-Sophie Bertrand Bild © Ben Knabe

"Es ist eine große Ehre für uns", freut sich auch die Harfenistin des Orchesters, Anne-Sophie Bertrand. Seit 2000 spielt die Französin im hr-Sinfonieorchester und zum ersten Mal in Notre-Dame. "Es ist etwas ganz anderes als in Japan in einem großen Saal oder in München oder Berlin. Notre-Dame ist einmalig. Notre-Dame ist noch ein bisschen heiliger", schwärmt die Musikerin.

Sie beschreibt das Stück "Te Deum" nach nur dreitägiger Probenzeit so: "Ich glaube, dass einen die Mischung aus dem Ort und den Klängen sowie dieser Fantasie und diesen komplizierten Rhythmen, plus Chor und Orgel, in eine andere Welt zieht. Und vielleicht gibt es auch Momente, die uns tiefer bringen, und Momente die höher bringen, das gehört auch dazu."

Redaktion: Lars Schmidt

Sendung: hr2 am Nachmittag,

Quelle: hessenschau.de