Mahnwache für erstochene Frau in Fulda Trauer, Wut und Bestürzung: "Diese Tat war kein Einzelfall"

Für eine mutmaßlich von ihrem Ex-Partner erstochene Frau haben Menschen in Fulda eine Mahnwache abgehalten. Der organisierende Verein will wachrütteln und auf die allgegenwärtige Gewalt von Männern an Frauen hinweisen.

Mahnwache Femizid Fulda
Veranstaltungsleiterin Frauke Goldbach hielt vor Besuchern der Gedenkveranstaltung an der Stadtpfarrkiche in Fulda eine Ansprache. Anlässlich einer tödlichen Messerattacke eines Mannes gegen eine 23-jährige Frau vor einigen Fulda wurde vor einer Kirche in der Innenstadt eine Mahnwache abgehalten. Bild © Jörn Perske (hr)

Mit Kerzen, Blumen und Transparenten haben die Besucher einer Mahnwache in der Fuldaer Innenstadt am Montag an eine erstochene Frau erinnert.

"Diese Tat ist kein Einzelfall", sagte Veranstaltungsleiterin Frauke Goldbach. "Immer wieder werden Frauen von (Ex-)Partnern, Bekannten oder Fremden Opfer von brutaler Gewalt, die bis zum Tod führt."

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Die 23-Jährige war in der Nacht zum 10. Mai in einer Spielhalle in Fulda bei einem Messerangriff getötet worden. Sie wurde mutmaßlich von ihrem Ex-Partner attackiert und erlitt mehrere Stichwunden am Hals.

Die Staatsanwaltschaft Fulda machte auch am Montag keine Angaben dazu, in welcher Beziehung genau die 23-Jährige zu dem 26-Jährigen stand. Der Mann wurde noch am Tatort festgenommen. Wegen des Verdachts des Totschlags kam er in Untersuchungshaft. In Medienberichten hieß es, dass es sich beim Täter nach Polizei-Angaben um den Ex-Partner der getöteten Frau handeln soll.

Feministische Initiative rief zu Mahnwache auf

Die Feministische Initiative Fulda veranstaltete die Mahnwache am Montag vor der Stadtpfarrkirche in der Fuldaer Innenstadt. Der 2021 gegründete Verein, der sich für Frauenrechte einsetzt, rief rund 20 weitere Organisationen auf, sich zu beteiligen.

Mit dabei waren unter anderem die Opferschutz-Organisation Weißer Ring, die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und die Initiative "Fulda stellt sich quer". Nach Veranstalter-Angaben nahmen 120 Menschen an der Mahnwache teil. Laut Polizei waren es 70.

Mahnwache Femizid Fulda
Kerzen, Blumen sowie weiße Blätter mit den Namen von weiblichen Todesopfern nach sogenannten Femiziden wurden auf den Stufen zur Stadtpfarrkirche in Fulda aufgestellt. Anlässlich einer tödlichen Messerattacke eines Mannes gegen eine 23-jährige vor einigen Fulda wurde vor einer Kirche in der Innenstadt eine Mahnwache abgehalten. Bild © Jörn Perske (hr)

Stilles Gedenken statt lauter Demo

Die Mahnwache war weniger eine lautstarke Demonstration und mehr ein stilles Gedenken an die aus dem Leben gerissene 23-Jährige. Neben Redebeiträgen gab es eine Gedenkminute für sie.

Solche Taten seien keine Beziehungsdramen oder Randphänomene, so Goldbach. "Sie finden mitten unter uns statt, in allen Gesellschaftsschichten." Diese immer wiederkehrende patriarchiale Gewalt dürfe nicht nicht unter den Teppich gekehrt werden.

Deswegen betonte Goldbach, "wollen wir hier Zeichen setzen: gegen das Wegsehen und Verharmlosen von Gewalt". Man wolle der Trauer, Wut und Solidarität Platz geben.

Auf einem großen Plakat war zu lesen: "Unsere Trauer wird zur Wut." Auf der Treppe zur Kirche waren Dutzende von Kerzen aufgestellt. Auf den Stufen lagen weiße Blätter mit den Namen und Daten von Femiziden in Deutschland.

Mahnwache Femizid Fulda
Eine Besucherin der Mahnwache fotografierte die Kerzen und weißen Blätter mit Namen von Gewaltopfern auf den Stufen zur Stadtpfarrkirche in der Fuldaer Innenstadt. Anlässlich einer tödlichen Messerattacke eines Mannes gegen eine 23-jährige Frau vor einigen Fulda wurde dort eine Gedenkveranstaltung abgehalten. Bild © Jörn Perske (hr)

Gewalt an Frauen zum Thema machen

Lena Limpert, die Vorsitzende des kleinen Vereins, der etwa ein Dutzend Mitglieder und nach eigenen Angaben rund 50 Unterstützerinnen und Unterstützer hat, will sich dafür einsetzen, dass über Gewalt an Frauen mehr in der Gesellschaft gesprochen wird.

Von der Politik wünscht sich der Verein mehr Engagement in Deutschland für Bildungs- und Aufklärungsarbeit und den Opferschutz. Laut der Feministischen Initiative Fulda bestehe dringender Handlungsbedarf. Fast jeden Tag finde in Deutschland ein Femizid statt, wie die Initiative mit Blick auf Zahlen des Bundeskriminalamts und von UN Women Deutschland erklärte.

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Stichwort: Femizid

  • Eine einheitliche Definition des Wortes "Femizid" gibt es nicht. Der Begriff wird inhaltlich unterschiedlich ausgelegt und interpretiert. Es ist in Deutschland weder ein juristischer Fachbegriff im Sinne eines Tatbestandes des Strafgesetzbuchs, noch ein Erfassungskriterium in der bundesweit einheitlichen Polizeilichen Kriminalstatistik, wie das Hessische Landeskriminalamt (LKA) erklärte.
  • Die Welgesundheitsorganisation WHO definiert den "Femizid" als vorsätzliche Tötung einer Frau, weil sie eine Frau ist. In den meisten Fällen werden "Femizide" von den (Ex-)Partnern begangen. Voraus gehen oftmals Misshandlungen, Bedrohungen, Einschüchterungen oder sexueller Gewalt.
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Das Hessische Landeskriminalamt (LKA) registrierte im Vorjahr 14 Versuche von Tötungen einer Frau und elf vollendete Taten. Im Jahr davor waren es in Hessen sogar 18 Versuche und 18 Vollendungen.

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Hilfe bei häuslicher Gewalt

Wenn Sie von häuslicher Gewalt betroffen sind, können Sie rund um die Uhr kostenfrei das Hilfetelefon anrufen unter der Nummer 116016 oder hier Beratung und Hilfe finden. Der Weiße Ring hilft Opfern von Gewalt. Auch Männer, die ein Aggressions- und Gewaltproblem haben, können (frühzeitig) Hilfe und Beratung bekommen. In der "Wegweiser"-Broschüre der Landeskoordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt werden Anlaufstellen in Hessen aufgelistet.

Auch der Verein T.o.B.e (Toxische Beziehungen überwinden) bietet auf seiner Internetseite Informationen und eine Liste mit Anlaufstellen für Betroffene von Gewalt. Dort findet sich auch eine Liste der Selbsthilfegruppen des Vereins.

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Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de