35-Jähriger geht als Lilien-Legende Darmstädter Heimsieg bei Kempes emotionalem Abschiedsball
Das letzte Saisonspiel von Darmstadt 98 gegen Regensburg stand ganz im Zeichen des Abschieds von Tobias Kempe. Der Lilien-Legende flogen die Herzen der Fans zu - und umgekehrt. Fußball wurde übrigens auch gespielt.
Um 16.51 Uhr schritt Tobias Kempe ein letztes Mal als Profi des SV Darmstadt 98 vom Spielfeld am Böllenfalltor. Die Fans im Stadion erhoben sich, klatschten Beifall, riefen den Namen ihres Helden, wie zuvor schon bei nahezu jeder Aktion des 35-Jährigen. Manch einer hatte auch Tränen der Rührung in den Augen. Teamkollegen wie Gegenspieler bildeten ein Spalier, Kempe umarmte sie alle, kämpfte sichtlich mit den Gefühlen. Er wusste, was er da hinter sich ließ: die schönste Zeit seiner Profikarriere.
61 Minuten hatte der erfahrene Recke durchgehalten am Sonntagnachmittag im Saison-Abschlussspiel gegen Jahn Regensburg, das die Lilien mit 3:1 (0:1) für sich entschieden. Ernsthaft juckte der Ausgang der Partie, die Regensburgs Leopold Wurm (8.) sowie die Darmstädter Fraser Hornby (57., 64.) und Andreas Müller (90.+4) mit ihren Toren maßgeblich beeinflussten, aber ohnehin keinen. Wichtiger war: Kempe konnte auf dem Rasen stehen.
Die im Training zugezogene Knieverletzung, es handelte sich um einen Innenbandriss, hielten reichlich Tape und noch mehr Willen zusammen. "Der Verein ist mein Leben", sagte Kempe nach dem Spiel am ARD-Mikro, die Verabschiedung sei "unglaublich" gewesen. "Ich muss das erstmal alles sammeln. Großen Dank an alle im Stadion. Mir fehlen die Worte."
Fans verabschieden Kempe mit Choreo
Schon weit vor dem Spiel hatten die Lilien in den Sozialen Medien ein emotionales Video veröffentlicht, in dem ehemalige Weggefährten ihr Wort an Kempe richteten. Sie sprachen voller Hochachtung von einem "geilen Typen" (Dirk Schuster), "einem Künstler" (Sandro Wagner), dem "Assist-Professor" (Victor Palsson), von einem Teamkollegen "mit großem, reinem Herzen" (Klaus Gjasula). Für Fabian Holland, noch so eine Darmstädter Legende, die freilich weitermachen wird am Bölle, ist es zudem "kaum vorstellbar, dich nicht mehr in der Kabine zu sehen". Kempe wird fehlen, ohne Zweifel, nicht nur Holland, sondern der ganzen Lilien-Familie.
Während der 35-Jährige von Sportchef Paul Fernie, gekleidet in ein Kempe-Trikot, vor dem Anpfiff mit einer Fotocollage verabschiedet wurde, hatten die Fans eine hübsche Choreo zusammengeschustert und sie dem als Kapitän einlaufenden Kempe präsentiert. "Danke Tobi - Die Geschichte mitgeschrieben und der Lilie stets treu geblieben", stand da geschrieben. Kempe bedankte sich artig, klopfte sich doll auf die Brust. Später warf er vor einer Ecke einige Küsschen in Richtung Tribüne. Absolute Herzenssache.
Ein logischer Abschied
285 Pflichtspiele hat Kempe für die Darmstädter nun absolviert, 57 Tore erzielt und weitere 64 direkt vorbereitet. Starke Werte. Gerade seine Standards suchten in der deutschen Zweitklassigkeit ihresgleichen, ein guter Kicker war und ist er noch immer. In der nun abgelaufenen Runde, die die Südhessen in der Tabelle auf Platz zwölf beenden, kam der Spielgestalter jedoch nur auf 15 Einsätze. Der Abschied also ist ein (sportlich) folgerichtiger.
Fernab des Kempe-Farewell ist das Regensburg-Spiel rasch erzählt, ohnehin ging es für beide Teams um Nichts mehr. Ein frühes Hornby-Tor hielt der Videoüberprüfung wegen eines Handspiels nicht stand (1.), auf der anderen Seite traf das Schlusslicht nach der ersten Ecke durch Wurm zur Führung (8.). Ein Kempe-Schuss wurde gefährlich abgefälscht (24.), ein Isac-Lidberg-Alleingang im letzten Moment vom Torwart gestoppt (36.).
Nach der Pause glich Hornby erst in allerbester Stürmermanier aus (57.), traf dann zur Führung (64.), ehe Müller im Nachschuss eines Elfmeters den Schlusspunkt setzte (90.+4). Der Held des Sonntags war zu diesem Zeitpunkt längst raufgehumpelt auf die Tribüne - drückte Frau und Kinder eng an sich. Ein unvergesslicher Moment an einem unvergesslichen Tag für Tobias Kempe.