Festhalle im Jahr 1909

Das gab es in Deutschland noch nie. Über eine Million Menschen strömen im Sommer 1909 nach Frankfurt, um die Giganten der Luftfahrt zu bestaunen. Das Festhallen-Gelände am Stadtrand gleicht einem futuristischen Wunderland. Erstmals können die Besucher dort erleben, wovon sie bisher nur träumen konnten: das Fliegen. Die Ausstellung ist das faszinierendste Ereignis des noch jungen Jahrhunderts.

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Vor 100 Jahren: Luftfahrtausstellung 1909

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Die Kurzsicht der einen war das Glück der anderen. Initiatior Dr. Paul Gans Fabrice plante seine Luftschifffahrt Ausstellung auf der Theresienwiese in München durchzuführen. Doch der Münchner Magistrat stellte sich quer. Anders in Frankfurt, die Stadtoberen sind von Beginn an begeistert. Und da passt es wunderbar, dass die neu erbaute Festhalle als Zentrum für eine solche, heute würde man sagen, Mega-Veranstaltung geradezu prädestiniert ist. Oberbürgermeister Franz Adickes und der Leiter des Frankfurter Physikalischen Vereins Prof. Dr. Franz Linke setzen alle Hebel in Bewegung, um die Ausstellung zu ermöglichen.

In nur wenigen Wochen stellt das vom Erfolg der Ausstellung überzeugte Frankfurter Bürgertum 800.000 Mark für einen "für ein solches Unternehmen unentbehrlichen Garantiefonds" bereit; insgesamt kommen dafür sogar 1.250.000 Mark zusammen. Ohnehin ist die Veranstaltung von enormem Idealismus getragen: Die Gesellschafter der eigens zur Organisation gegründeten ILA GmbH verzichten auf jeglichen Gewinn; dieser soll statt dessen "der Förderung der Luftschiffahrt in Frankfurt" zugute kommen. Wohlhabende Bürger stiften zusammen mit der Stadt, dem Kriegsministerium sowie Unternehmen und Vereinen außerdem Preise für mehr als 100 Wettbewerbe. Besonderes Highlight: der von Kaiser Wilhelm II. zur Verfügung gestellte Ehrenpreis.

"Ein Werk, das kein Vorbild hat"

Nach nur einem halben Jahr Planung öffnet die Ausstellung am 10. Juli 1909 auf dem noch unbebauten Gelände an der Festhalle ihre Pforten. Für die Luftschiffe werden eigens vier rund 20 Meter hohe Hallen aufgebaut, außerdem zahlreiche Buden und sonstige Räumlichkeiten für den Festbetrieb. Der gigantische Zeppelinhangar am nahegelegenen Kuhwald wird erst Wochen später fertig gestellt.

Der Präsident der Ausstellung, Geheimrat Dr. Leo Gans, preist in seiner Eröffnungsrede die Einzigartigkeit der ILA: "Sie haben sich hier versammelt, um einem Werke die Weihen zu geben, das in der Eigenart seiner Ausbildung kein Vorbild hat. Zum ersten Male ist auch ein allen modernen Anforderungen entsprechender Fesselballon dem großen Publikum zugänglich, so dass jeder gegen ein geringes Entgelt Gelegenheit findet, einmal die Welt von oben anzusehen. Fahrten in lenkbaren Luftschiffen verschiedener Art werden leider nur den Begüterten zugänglich gemacht werden können. Trotz des Staunens über die Erfolge mögen unsere Besucher bei der Beurteilung aller Geschehnisse und Darbietungen stets eingedenk bleiben, dass die Eroberung der Luft bei weitem nicht vollendet ist. Wir befinden uns erst in den Anfangsstadien einer großen, vielversprechenden Entwicklung." 

Wunderland am Stadtrand

In Massen strömen die Besucher sogleich auf das weitläufige Gelände an der Festhalle, das während der 100 Tage dauernden Ausstellung einem Wunderland der Technik gleicht. Für einen Eintritt zwischen einer und sechs Mark wird alles geboten, was das Herz begehrt: Die neuesten Errungenschaften der Luftfahrt sind aus nächster Nähe zu bestaunen und beinahe täglich in Aktion zu sehen. In der 130 Meter langen Festhalle drängen sich die Stände von 500 Ausstellern dicht an dicht. So viel moderne Luftfahrt-Technik war zuvor noch nie an einem Ort zu sehen. Inmitten der Halle hängt der legendäre Ballon Preussen, daneben der von Käthe Paulus, der berühmten Fallschirmspringerin aus dem hessischen Zellhausen.

Ringsherum sind die Ausstellungsstücke nach Themengruppen sortiert: Ballons und Ballonfabrikation, Motorballons, Militärluftschifffahrt, Signal-Dienst für Ballons, Gasfabrikation und Kompression, Wissenschaft der Luftschifffahrt, feinmechanische und physikalische Apparate sowie unzählige Ausrüstungsgegenstände, Flugapparate und Drachen, Motoren, Kunstgegenstände und Spielwaren. Zudem präsentiert die "Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft" im ersten Stock ausgestopfte flugfähige Tiere. Das älteste ausgestellte Fluggerät ist ein französischer "Kriegsluftballon", den österreichische Truppen 1796 bei Würzburg erbeutet hatten.

Zwischen Festhalle und vier eigens errichteten, rund 20 Meter hohen Luftschiffhallen erheben sich die schwebenden Riesen vom Ballonplatz - dem heutigen Messegelände - in die Luft, an dessen Füllstellen stündlich neun Ballons startbereit gemacht werden können. Aus ganz Europa kommen Ballonfahrer, um sich an den zahlreichen Wettfahrten zu beteiligen: Einer der Ballons schafft es rund 1200 Kilometer weit, bis ins ostpreußische Goldap. Der längste Flug dauert 42 Stunden. Insgesamt 431 Ballonfahrten an 83 Tagen verzeichnen die Veranstalter, an denen rund 1200 Passagiere, darunter "viele mutige Damen", teilnehmen. Wer sich den Eintritt und die zehn Mark für einen Aufstieg nicht leisten kann, späht durch Lücken im Bretterzaun, um wenigstens einen Blick auf die faszinierenden Fluggeräte zu erhaschen. Die Cleveren lehnen ihr Fahrrad an und stellen sich auf den Sattel, um das ganze Gelände überblicken zu können. Die Wohlhabenden genießen das Spektakel von überdachten Tribünen aus.

Nur einen Steinwurf entfernt grenzt das etwa einen Quadratkilometer große Flugfeld an: Hier machen die wenigen Piloten der neuartigen "Aeroplans" – darunter auch der deutsche Flugpionier August Euler – ihre Flugversuche und hier landen auch die Giganten des Grafen Zeppelin, die legendären Luftschiffe Z II und Z III.

Pioniere eines neuen Zeitalters

Wer sich den Eintritt nicht leisten kann späht durch den Bretterzaun.Das gab es in Deutschland noch nie. Über eine Million Menschen strömen im Sommer 1909 nach Frankfurt, um die Giganten der Luftfahrt zu bestaunen. Das Festhallen-Gelände am Stadtrand gleicht einem futuristischen Wunderland. Erstmals können die Besucher dort erleben, wovon sie bisher nur träumen konnten: das Fliegen. Die Ausstellung ist das faszinierendste Ereignis des noch jungen Jahrhunderts.  Die Kurzsicht der einen war das Glück der anderen. Initiatior Dr. Paul Gans Fabrice plante seine Luftschifffahrt Ausstellung auf der Theresienwiese in München durchzuführen. Doch der Münchner Magistrat stellte sich quer. Anders in Frankfurt, die Stadtoberen sind von Beginn an begeistert. Und da passt es wunderbar, dass die neu erbaute Festhalle als Zentrum für eine solche, heute würde man sagen, Mega-Veranstaltung geradezu prädestiniert ist. Oberbürgermeister Franz Adickes und der Leiter des Frankfurter Physikalischen Vereins Prof. Dr. Franz Linke setzen alle Hebel in Bewegung, um die Ausstellung zu ermöglichen. 

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Prof. Dr. Franz Linke leitete ab 1908 den Physikalischen Verein und war im selben Jahr an der Gründung des Frankfurter Vereins für Luftschiffahrt beteiligt, einer der ersten Luftfahrtvereine weltweit.

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In nur wenigen Wochen stellt das vom Erfolg der Ausstellung überzeugte Frankfurter Bürgertum 800.000 Mark für einen "für ein solches Unternehmen unentbehrlichen Garantiefonds" bereit; insgesamt kommen dafür sogar 1.250.000 Mark zusammen. Ohnehin ist die Veranstaltung von enormem Idealismus getragen: Die Gesellschafter der eigens zur Organisation gegründeten ILA GmbH verzichten auf jeglichen Gewinn; dieser soll statt dessen "der Förderung der Luftschiffahrt in Frankfurt" zugute kommen. Wohlhabende Bürger stiften zusammen mit der Stadt, dem Kriegsministerium sowie Unternehmen und Vereinen außerdem Preise für mehr als 100 Wettbewerbe. Besonderes Highlight: der von Kaiser Wilhelm II. zur Verfügung gestellte Ehrenpreis.  

"Ein Werk, das kein Vorbild hat"

Nach nur einem halben Jahr Planung öffnet die Ausstellung am 10. Juli 1909 auf dem noch unbebauten Gelände an der Festhalle ihre Pforten. Für die Luftschiffe werden eigens vier rund 20 Meter hohe Hallen aufgebaut, außerdem zahlreiche Buden und sonstige Räumlichkeiten für den Festbetrieb. Der gigantische Zeppelinhangar am nahegelegenen Kuhwald wird erst Wochen später fertig gestellt.

Der Präsident der Ausstellung, Geheimrat Dr. Leo Gans, preist in seiner Eröffnungsrede die Einzigartigkeit der ILA: "Sie haben sich hier versammelt, um einem Werke die Weihen zu geben, das in der Eigenart seiner Ausbildung kein Vorbild hat. Zum ersten Male ist auch ein allen modernen Anforderungen entsprechender Fesselballon dem großen Publikum zugänglich, so dass jeder gegen ein geringes Entgelt Gelegenheit findet, einmal die Welt von oben anzusehen. Fahrten in lenkbaren Luftschiffen verschiedener Art werden leider nur den Begüterten zugänglich gemacht werden können. Trotz des Staunens über die Erfolge mögen unsere Besucher bei der Beurteilung aller Geschehnisse und Darbietungen stets eingedenk bleiben, dass die Eroberung der Luft bei weitem nicht vollendet ist. Wir befinden uns erst in den Anfangsstadien einer großen, vielversprechenden Entwicklung." 

Wunderland am Stadtrand

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Ein teures Vergnügen

Das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt betrug 1909 rund 1046 Reichsmark im Jahr. Eine Erläuterung zur Kaufkraft einer Mark von 1909 zu einem Euro heute finden Sie am Ende dieses Artikels.

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In Massen strömen die Besucher sogleich auf das weitläufige Gelände an der Festhalle, das während der 100 Tage dauernden Ausstellung einem Wunderland der Technik gleicht. Für einen Eintritt zwischen einer und sechs Mark wird alles geboten, was das Herz begehrt: Die neuesten Errungenschaften der Luftfahrt sind aus nächster Nähe zu bestaunen und beinahe täglich in Aktion zu sehen. In der 130 Meter langen Festhalle drängen sich die Stände von 500 Ausstellern dicht an dicht. So viel moderne Luftfahrt-Technik war zuvor noch nie an einem Ort zu sehen. Inmitten der Halle hängt der legendäre Ballon Preussen, daneben der von Käthe Paulus, der berühmten Fallschirmspringerin aus dem hessischen Zellhausen.  

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Die Rekordfahrt der Preussen

Bis fast 11.000 Meter stiegen die Meteorologen Prof. Dr. Reinhard Süring und Dr. Arthur Berson am 31. Juli 1901 mit dem Ballon Preussen auf, wo sie nach mehr als vier Stunden Aufstieg bei bis zu minus 40 Grad Celsius mit Ohnmachtsanfällen zu kämpfen hatten.

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Ringsherum sind die Ausstellungsstücke nach Themengruppen sortiert: Ballons und Ballonfabrikation, Motorballons, Militärluftschifffahrt, Signal-Dienst für Ballons, Gasfabrikation und Kompression, Wissenschaft der Luftschifffahrt, feinmechanische und physikalische Apparate sowie unzählige Ausrüstungsgegenstände, Flugapparate und Drachen, Motoren, Kunstgegenstände und Spielwaren. Zudem präsentiert die "Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft" im ersten Stock ausgestopfte flugfähige Tiere. Das älteste ausgestellte Fluggerät ist ein französischer "Kriegsluftballon", den österreichische Truppen 1796 bei Würzburg erbeutet hatten. Ballonplatz vor der FesthalleZwischen Festhalle und vier eigens errichteten, rund 20 Meter hohen Luftschiffhallen erheben sich die schwebenden Riesen vom Ballonplatz - dem heutigen Messegelände - in die Luft, an dessen Füllstellen stündlich neun Ballons startbereit gemacht werden können. Aus ganz Europa kommen Ballonfahrer, um sich an den zahlreichen Wettfahrten zu beteiligen: Einer der Ballons schafft es rund 1200 Kilometer weit, bis ins ostpreußische Goldap.

Der längste Flug dauert 42 Stunden. Insgesamt 431 Ballonfahrten an 83 Tagen verzeichnen die Veranstalter, an denen rund 1200 Passagiere, darunter "viele mutige Damen", teilnehmen. Wer sich den Eintritt und die zehn Mark für einen Aufstieg nicht leisten kann, späht durch Lücken im Bretterzaun, um wenigstens einen Blick auf die faszinierenden Fluggeräte zu erhaschen. Die Cleveren lehnen ihr Fahrrad an und stellen sich auf den Sattel, um das ganze Gelände überblicken zu können. Die Wohlhabenden genießen das Spektakel von überdachten Tribünen aus.  Der letzte Zeuge der ILANur einen Steinwurf entfernt grenzt das etwa einen Quadratkilometer große Flugfeld an: Hier machen die wenigen Piloten der neuartigen "Aeroplans" – darunter auch der deutsche Flugpionier August Euler – ihre Flugversuche und hier landen auch die Giganten des Grafen Zeppelin, die legendären Luftschiffe Z II und Z III. 

Pioniere eines neuen Zeitalters

Motorgetriebene Flugzeuge, "Aeroplans" genannt, spielen eine untergeordnete Rolle auf der ILA – doch das Potenzial der Flugmaschinen erahnt man schon. Noch leisten die klobigen Motoren der klapprigen Fluggeräte nur rund 50 PS, gerade genug um ein Flugzeug samt Pilot in die Luft zu befördern. "Ein ökonomisch so ungünstiges Resultat lässt auf Mängel in der Konstruktion der Apparate schließen, die nicht im Motor, sondern in den aerodynamischen Eigenschaften der Flugorgane selbst zu suchen sind" stellt ein Wissenschaftler in seinem Vortrag nüchtern fest.

Auf der ILA kommen die berühmtesten europäischen Piloten zusammen, um sich im fliegerischen Wettstreit insgesamt 105.000 Mark an Preisgeldern zu verdienen: Die Deutschen Euler und Jatho treten gegen die Franzosen Blériot, Latham und Rougier, den Belgier Baron de Caters sowie den Dänen Nervö an. Karl Jatho muss wegen einer Verletzung erfolglos aufgeben.

"Ich war dabei"

Euler dagegen schreibt Luftfahrtgeschichte: "Ich war dabei gewesen, als einziger Deutscher gegen die starke internationale Konkurrenz" erinnerte er sich später. "Mein Können habe ich zum ersten Mal vor breitem, auch offiziellem Publikum auf der ILA in Frankfurt gezeigt. Da war sogar die Königin-Mutter von Holland." Als ihn ein Adjutant ihrer Majestät gedrängt habe, endlich zu starten, habe er erbost entgegnet: "Zum Donnerwetter. Jahrtausende haben die Leute darauf gewartet, einen Menschen fliegen zu sehen, da werden sich Ihre Königliche Hoheit auch noch ein bisschen gedulden können." Das Warten lohnt sich: Bei einem seiner insgesamt rund 50 Flüge gewinnt Euler den Preis für den längsten Tagesflug: In 4 Minuten und 54 Sekunden überfliegt er vier Mal das Flugfeld. "Ich hatte Glück, es war einer meiner längsten Flüge." Im Vergleich zu seinen Konkurrenten allerdings eine spärliche Leistung – mancher hält sich schon zwei oder drei Stunden in der Luft.

Für Euler ist der Erfolg dennoch ein großer Ansporn: Er ist nicht nur ein geradezu besessener Flieger, sondern auch Flugzeugkonstrukteur. Auf der ILA zeigt er vier in Lizenz gebaute, verbesserte Voisin-Doppeldecker und drei Gleiter. Seit 1908 ist er Eigentümer der Euler-Flugzeugwerke in Griesheim bei Darmstadt, und wenige Wochen nach der ILA erhält er vom Deutschen Luftfahrer-Verband das erste deutsche Flugzeugführerzeugnis. Schon bald wird er hunderte Flugzeuge produzieren.

Die wahren Stars der Luftfahrt

Im nahe gelegenen Hörsaal des Physikalischen Vereins halten zahlreiche Wissenschaftler Vorträge für die Fachbesucher. Die noch junge Luftfahrt bringt unzählige Probleme und Herausforderungen mit sich: Erst wenig ist bekannt über die Gesetze der Aerodynamik und die Geheimnisse der Luftelektrizität. Letztere bedarf besonders im Hinblick auf das hochexplosive Wasserstoffgas, das Ballons und Luftschiffe aufsteigen lässt, weiterer Erforschung. Andere Vorträge befassen sich mit Flugmedizin, Navigation und mit Fotografie vom Ballon aus oder gar mit Miniatur-Fotoapparaten, getragen von Brieftauben.

In militärischer Hinsicht sind künftige Luftschiffe längst Teil der Kriegsstrategie: "Wir verlangen mehr Raum, mehr Tragkraft, längere Schwebezeit und gesicherten größeren Höhenwechsel" poltert Generalmajor Neureuter von den versammelten Wissenschaftlern und Industriellen. Auch das Wetter ist für die Luftfahrt ein wichtiges Forschungsgebiet: Erstmals liefern Meteorologen während der ILA täglich Wetterdaten an die Luftfahrer, um die Sicherheit der Flüge zu gewährleisten. In einem Turm der Festhalle hat Prof. Linke eigens ein "Aero- und meteorologisches Observatorium" eingerichtet, zudem steigen regelmäßig Wetterballons auf. Diese systematische und erfolgreiche Zusammenarbeit gilt als der erste Flugwetterdienst der Welt.

"Der Menschheit neue Bahnen erschlossen"

Nach drei spektakulären Monaten geht die Internationale Luftschifffahrt Ausstellung am 17. Oktober zu Ende. Während der Flugveranstaltungen ereignete sich "kein einziger Unfall", von einer glimpflich verlaufenen Notlandung des Parseval abgesehen. Auch die Polizei hatte mit 44 Anzeigen wenig zu tun, die Ambulanz zählte elf leichte Unfälle und eine Gasvergiftung mit erfolgreicher Wiederbelebung. Ein Arbeiter starb bei einer Explosion von Feuerwerkskörpern.  Insgesamt ist die ILA für Frankfurt ein voller Erfolg: 1,5 Millionen Besucher sind gekommen, 18.000 Dauerkarten wurden verkauft. Allein die Eintrittsgelder spülten 1,1 Millionen Mark in die Kassen, zudem hunderttausende für Passagierflüge, Fahrgeschäfte und Aufführungen, sowie für Bewirtung und Getränke: 370.000 Liter Bier und 100.000 Liter Apfelwein wurden ausgeschenkt. Die zusätzlichen Einnahmen des öffentlichen Straßenbahnverkehrs betrugen mehr als 150.000 Mark. Im Abschlussbericht heißt es zusammenfassend: "Die Geschäftsleute haben im Allgemeinen recht gute Geschäfte erzielt, und manche haben ansehnliche Beträge verdient."
Insgesamt verzeichneten die Veranstalter am Ende der Schau dennoch "ein beachtliches finanzielles Defizit", das aus dem Garantiefonds gedeckt wird.

In seiner Abschlussrede zieht Ausstellungspräsident Dr. Gans unbeirrt ein positives Fazit: "Mögen sie alle, die uns in mannigfaltiger Weise gefördert haben, ihren Lohn finden in dem Bewusstsein, mitgewirkt zu haben an einem Unternehmen von hoher kultureller Bedeutung. Neue Bahnen haben sich in unseren Tagen der Menschheit erschlossen. Unsere Ausstellung hat, das darf zuversichtlich behauptet werden, uns der Erreichung höherer Ziele näher gebracht."

Die zu Hunderten vertretene internationale Prominenz aus allen Bereichen der Gesellschaft erlebte Frankfurt als moderne und weltoffene Stadt, was sich positiv auf das Image der Stadt und sogar, war sich Dr. Gans sicher, auf die internationalen Beziehungen ausgewirkt habe. Die ILA begeisterte Adel, Bürgertum und die breite Masse gleichermaßen für die Eroberung des Luftraums und gab der jungen Luftfahrtindustrie neue Impulse; und sie war die Keimzelle der künftigen Bedeutung Frankfurts für die Luftfahrt.

Ein Frankfurter Bub

Nicht zuletzt spielte August Euler dabei eine Rolle, der seine Flugzeugwerke 1912 nach Frankfurt-Niederrad verlegte, wo er in den folgenden sechs Jahren mehr als 500 Flugzeuge produzierte. Auch auf die kommende Generation machten Euler und die anderen tollkühnen Flieger gehörig Eindruck. Ein von der ILA begeisterter Bub aus dem Frankfurter Ostend, damals gerade zwölf Jahre alt, schrieb Jahre später Luftfahrtgeschichte: Willy Messerschmitt, dessen Unternehmen mit der Me 262 das erste strahlgetriebene Flugzeug der Welt in Serienproduktion herstellte.

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Ein teures Vergnügen

Auf Anfrage von hr-online hat die Deutsche Bundesbank ermittelt, welchen Betrag in Euro eine Reichsmark von 1909 heute wert wäre.

Nach Auskunft der Bundesbank sind Vergleiche der allgemeinen Kaufkraft über einen derart langen Zeitraum kaum aussagefähig. Da keine Daten einen eindeutigen, allgemeinen Vergleich ermöglichen, wurden für unsere Anfrage verschiedene Berechnungsgrundlagen herangezogen.
Demnach hätte eine Reichsmark aus dem Jahr 1909 heute eine Kaufkraft von rund 5,20 Euro bis 13,90 Euro. Diese Berechnungen können folglich nur "zur groben Orientierung" dienen.
Fest steht jedoch: Bei einem damals durchschnittlichen jährlichen Bruttoarbeitsentgelt von 1046 Reichsmark war ein Besuch der ILA für viele Besucher ein teures Vergnügen. Eine Fahrt mit dem Zeppelin kostete 200, ein Aufstieg mit dem Fesselballon 10 Reichsmark.

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