Die Polizei in Hamburg nimmt den mutmaßlichen Entführer Thomas Wolf fest. Wolf steht im Verdacht, eine Bankiersfrau aus Wiesbaden entführt zu haben.

Thomas Wolf

Der 56-Jährige habe bei seiner Festnahme keinen Widerstand geleistet und sich auf der Hamburger Reeperbahn abführen lassen, sagte ein Mitarbeiter des Führungs- und Lagedienstes der Hamburger Polizei. Zielfahnder seien ihm auf der Spur gewesen. Der Zugriff sei um 18.30 Uhr auf offener Straße erfolgt. Erst im Präsidium habe sich herausgestellt, dass es sich definitiv um den gesuchten Wolf handelte.

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Die lange Flucht des Thomas Wolf

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Wie der Chef der "Soko Wolf" Matthias Weber in Frankfurt mitteilte, sei der entscheidende Hinweis auf den Erpresser bereits einige Tage zuvor bei der Polizei eingegangen. Man habe auf einen taktisch günstigen Zeitpunkt gewartet. Angeklagt werden soll Wolf in Wiesbaden, wo er im März eine Frau entführt haben soll. Die dortige Staatsanwaltschaft kündigte an, zügig eine Anklage fertigzustellen.

Flucht durch ganz Deutschland

Wolf war nach der Entführung einer Bankiersfrau in Wiesbaden mit 1,8 Millionen Euro Lösegeld auf der Flucht. Nach der Entführung flüchtete er durch die ganze Republik, zunächst mit einem Mietwagen. Spuren hinterließ er dabei in München, Berlin, Bremen und Niedersachsen. Am dichtesten war ihm die Polizei im Kreis Oldenburg auf den Fersen.

In der Nacht zum 1. Mai scheuchten ihn Jäger in einem Waldstück auf und veranlassten ihn zu einer überhasteten Flucht. Sein Fluchtwagen ließ er zurück. Dort fanden die Ermittler verschiedene Quittungen, rund 10.000 Euro, das Schilddrüsen-Medikament "L-Thyroxin", den Sattel seines Fahrrads, Autokennzeichen, Lebensmittel, Kleidung, einen Schlafsack, Paddels zum Armtraining beim Schwimmen und etwas Marihuana.

Neun Jahre unerkannt in Frankfurt gelebt

Wolf wurde seit Jahren gesucht. Nach der Entführung der Bankiersfrau in Wiesbaden fahndete die Polizei verstärkt per Internet und im Fernsehen nach ihm - zwei Mal war der Verbrecher Thema in der Sendung "Aktenzeichen XY". Die Ermittler veröffentlichten außerdem einen Mitschnitt aus einem Video, in dem Wolfs Stimme zu hören war. In rheinländischem Dialekt waren Aussagen zu hören wie: "Die Lage ist super."

Wolf war im Jahr 2000 von einem Hafturlaub nicht in das Gefängnis von Moers in Nordrhein-Westfalen zurückgekehrt - dort hatte er eine Gesamtstrafe von 21 Jahren zu verbüßen. Seitdem lebte er jahrelang unauffällig mit einer Lebensgefährtin in Frankfurt. Die Frau wusste offenbar nichts von den Taten ihres Partners, der sich in der Öffentlichkeit als Niederländer David van Dijk ausgab.

Wolf hat in den vergangenen Jahren vermutlich mehrere Überfälle in Deutschland, Belgien und den Niederlanden begangen. Er war einer der meistgesuchten Verbrecher Deutschlands und wurde auch mit internationalem Haftbefehl gesucht.

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Die Chronologie der Flucht

Wolf hinterließ bei seiner Flucht durch Deutschland in diesem Jahr zahlreiche Spuren. Eine Chronologie.

März:
In einem Berliner Parkhaus werden am 23. März zwei Autokennzeichen-Paare gestohlen. Eines wird später an Wolfs Fluchtauto gefunden, das andere darin. Vier Tage später entführt Wolf eine Bankiersfrau aus Wiesbaden und flüchtet mit dem Lösegeld von 1,8 Millionen Euro.

April:
Vom 13. bis 16. April hält sich Wolf in München auf, kauft in Supermärkten ein und erwirbt am 14. April in einem Fachgeschäft ein Fahrrad. Die Einkaufsbelege findet die Polizei später im Fluchtauto. Eine Woche später versucht Wolf unter anderem über das Internet in Berlin eine Wohnung zu mieten. Am 27. April parkt der Entführer sein Fluchtauto in einem Parkhaus in Bremen und geht in ein Hallenbad.

Mai:
Wolf wird am 2. Mai in einem Waldstück im Kreis Oldenburg von Jägern aufgeschreckt. Er hat sich in einem Hochsitz versteckt und flüchtet Hals über Kopf. In seinem im Morast festgefahrenen Fluchtauto steckt noch der Zündschlüssel. Die Ermittler entdecken Quittungen, rund 10.000 Euro, Medikamente und persönliche Gegenstände.

Rund zwei Wochen später wollen Zeugen Wolf in Friedrichsdorf-Köppern im Taunus erkannt haben. Die Polizei durchkämmt den Wald. Anschließend verliert sich Wolfs Spur wieder. Am 28. Mai endet seine Flucht: Die Polizei nimmt den Erpresser nach Hinweisen aus der Bevölkerung um 18.30 Uhr auf der Hamburger Reeperbahn widerstandslos fest.

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