Jürgen Walter

Die SPD bleibt im Fall Jürgen Walter hart: Sie bestätigt die Strafe gegen den Ex-Parteivize. Der frühere SPD-Minister Jörg Jordan wirft Walter zudem eine Verschwörung mit der CDU vor.

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SPD bestätigt Strafe für Walter

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"Ich bin fest überzeugt, dass Walter mit Ministerpräsident Roland Koch in Absprache ist, und die eigentlich genau wissen, wann er zur CDU übertreten wird", sagte Jordan, Verfahrensbevollmächtigter der Schiedskommission Hessen Süd, im hr-fernsehen. "Walter wird die Partei verlassen, wenn er und seine Auftraggeber das Gefühl haben, die Partei genug geschädigt zu haben", so der frühere SPD-Minister weiter.

Zuvor hatte die Schiedskommission der südhessischen SPD am Dienstag die Strafe für Walter bestätigt, die in erster Instanz erteilt wurde. Damit darf der 40-Jährige zwei Jahre lang keine Parteiämter außer auf Ebene seines Ortsvereines ausüben. In dem Urteil heißt es, Walter habe sich gegenüber der SPD grob illoyal verhalten. Zwar sei es sei das Recht jedes Abgeordneten, sein Stimmverhalten selbst zu bestimmen. Als führendes Parteimitglied habe Walter jedoch die Partei mitverantwortlich auf den Kurs der Minderheitsregierung geführt und am Koalitionsvertrag mit den Grünen mitgewirkt.

Erst auf der Pressekonferenz einen Tag vor der geplanten Wahl der damaligen SPD-Chefin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin habe Walter angekündigt, sie nicht wählen zu können. Mit dieser spektakulären Aktion habe er die Krise, in der sich die Partei befunden habe, noch vertieft.

Walter: "Rechtsstaatlich bedenklich"

Walter hält die Parteistrafe gegen ihn für "in höchstem Maße rechtsstaatlich bedenklich". In einer Erklärung schrieb er: "Frei gewählte Abgeordnete haben das im Grundgesetz verbriefte Recht zur freien Entscheidung." Parteifunktionären stehe es nicht zu, dieses Recht nachträglich durch Sanktionen einzuschränken.

Weil Walter selbst in Berufung gegangen sei, habe die Kommission nicht prüfen wollen, ob härtere Sanktionen angemessen wären, hieß es in dem Urteil weiter. Auch die Äußerung Walters während der Verhandlung, als er das Verfahren gegen ihn mit den "Moskauer Schauprozessen" der Stalin-Ära verglichen hatte, sei nicht in die Entscheidung eingegangen. Ob die Partei daraus Konsequenzen ziehen wolle, bleibe den zuständigen Gremien vorbehalten, heißt es in dem Schiedsurteil.

"Kern einer postenjagenden Intrigantentruppe"

Dass die Mitgliedsrechte des SPD-Rebellen Walter für zwei Jahre beinahe komplett ruhen sollen, hatte die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Wetterau bereits Ende März in erster Instanz beschlossen.

Für Jordan hätte Walters Verhalten auch einen Parteiausschluss gerechtfertigt. Jüngste Veröffentlichungen hätten gezeigt, dass Walter und die damalige Abgeordnete Carmen Everts "keine demokratischen Helden gewesen sind, sondern der Kern einer postenjagenden Intrigantentruppe", sagte Jordan. Das Schicksal von Walter und Everts sei klar: "Sie werden in dieser Partei keine Zukunft mehr haben."

Unterstützung erhielt Walter von CDU-Generalsekretär Peter Beuth: Die hessische SPD sei unverbesserlich, es würden "noch immer die abgestraft, die den zweifachen Wortbruch an den Wählerinnen und Wählern nicht mittragen wollten." Ein neuer politischer Stil unter Thorsten
Schäfer-Gümbel sei nicht zu erkennen, so Beuth.

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Auszüge aus der Begründung im Berufungsverfahren:

"Der Berufungsführer (d.i. Walter) hat sich äußerst unsolidarisch und treuwidrig gegenüber seiner Partei, der SPD, verhalten. Er hat ihr einen schweren immateriellen Schaden zugefügt.

Der Antragsgegner und Berufungsführer hat bis zu der bekannten Pressekonferenz vom 3. November 2008 nie öffentlich erklärt, die Genossin Ypsilanti nicht zur Ministerpräsidentin wählen zu wollen. Er hat vielmehr mitverantwortlich die Partei auf den Kurs "Minderheitsregierung" geführt. (...)

Das Mindeste, das man von ihm hätte verlangen können, wäre eine entsprechende persönliche Erklärung an die Landes- und Fraktionsvorsitzende oder eine hinreichend deutliche Erklärung auf dem Landesparteitag am 1. November 2008 gewesen, ohne durch ein persönliches "sich-in-Szene-setzen" zusammen mit den anderen 3 Abgeordneten bei spektakulären Medienauftritten die tiefe Krise, in der sich die Partei befunden hat, noch weiter zu vertiefen.

Außerdem musste es dem Antragsgegner und Berufungsführer als Politprofi klar gewesen sein, dass nach seinem Verhalten nur noch Neuwahlen in Frage kamen, die nur ein - wie inzwischen ja auch eingetreten - katastrophales Ergebnis für die Partei bringen konnten. (...) Er hat durch grob illoyales Verhalten der Partei schweren Schaden zugefügt. (...)

Die von der Berufung angegriffene Entscheidung hat den Antragsgegner und Berufungsführer mit einem zweijährigen Funktionsverbot mit Ausnahme seines Stimm- und Antragsrechtes in dem für ihn zuständigen Ortsverein belegt. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Sanktion angesichts der gravierenden Verstöße ausreichend und angemessen ist." (...)

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