Ein schwules Paar hält Händchen

In der Kontroverse um die Homo-Ehe hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ein bundesweit einmaliges Zeichen gesetzt. In Seligenstadt traute sie erstmals ein schwules Paar – für manche Protestanten eine Provokation.

Auf dem Standesamt waren sie schon. Am Samstag erhielten Christoph und Rüdiger Zimmermann in Seligenstadt (Offenbach) während eines Gottesdienstes auch den Segen der evangelischen Kirche. Und nicht nur das: Die homosexuelle Partnerschaft der beiden wurde auch kirchenrechtlich beurkundet. Die Urkunde machte die Zeremonie zur Premiere. Es war die erste kirchliche Trauung Homosexueller in Deutschland. 

Dass die Evangelische Kirche in Hessen diesen Schritt wagt, verärgert Konservative in ihren eigenen Reihen. "Meiner Meinung nach wird hier die Heilige Schrift zurecht gebogen", sagte Eberhard Hoppe vom Evangelischen Gemeinschaftsverband Herborn der "Tagesschau" im Ersten zur Trauung der beiden Schwulen. Die Bibel sage klipp und klar, dass die Ehe einzig für die Beziehung zwischen Mann und Frau bestimmt sei.

Wie verbindlich ist die Bibel noch?

Die Bibel kenne zwar auch Formen des Zusammenlebens wie die Homosexualität. "Aber sie stellt sie nicht unter ihren Segen", so Hoppe. Das räumt auch Volker Jung ein, der Präsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Die Bibel habe Homosexualität tatsächlich als Krankheit und Sünde bewertet. Aber das sei zeitbedingt. "Wir denken, dass Homosexualität zur Schöpfung gehört und dass wir uns Menschen zuwenden müssen, die ihre Homosexualität verantwortungsbewusst leben wollen", sagte Jung. Das sei ganz im Geist und Sinne von Jesus. 

Schon vor der Seligenstädter Homo-Trauung hat in der evangelischen Kirche ein zum Teil erbitterter bundesweiter Richtungsstreit über das Thema begonnen. Anlass ist ein liberales Positionspapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu Ehe und Familie. Gegner halten es für viel zu liberal. Sie befürchten eine Entwertung der klassischen sexuellen Ehe. In dem Papier, das die EKD als "Orientierungshilfe" bezeichnet, wird die Anerkennung aller Formen von Familie gefordert. Homosexuelle Partnerschaften werden ausdrücklich dazu gezählt.

Bei den Katholiken tabu

In der katholischen Kirche hatte vor einigen Jahren schon die öffentliche Segnung eines homosexuellen Paares im Wetzlarer Dom zu Konsequenzen für den Pfarrer geführt. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hatte den Bezirksdekan im Sommer 2008 abberufen. Begründung: Eine solche Segnung eingetragener Lebenspartnerschaften dürfe es nicht geben. Die Lehre der katholischen Kirche erfordere es, Einspruch gegen die Anerkennung solcher Lebenspartnerschaften zu erheben. 

Mit Material von Ingo Nathusius, hr-Redaktion "ARD-aktuell"