Offene Schule Waldau Plan Architekt

Es dürfte eine der teuersten Schulen Deutschlands sein. Rund 200 Millionen Euro gibt die Stadt Kassel für den Neubau einer Schule aus. Möglich wird das durch einen Schattenhaushalt. Der Bund der Steuerzahler hat dazu einige kritische Anmerkungen.

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Kassel baut Schule für 200 Millionen Euro

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In manchen Räumen sind Wasserflecken an der Decke und Fenster können zum Teil nicht mehr geöffnet werden. Die Offene Schule Waldau (OSW) in Kassel ist in einem maroden Zustand. Doch es tut sich was: Voraussichtlich Anfang 2026 sollen die über 900 Schülerinnen und Schüler sowie die 89 Lehrkräfte in ein neues Gebäude ziehen.

Als "bundesweites Vorbild für innovativen Schulbau" bezeichnet die Stadt Kassel das geplante Projekt. Das neue Schulgebäude soll nicht nur eine Stadtteil‐ und Jugendbücherei beheimaten, sondern auch ein Jugendzentrum.

Die reformpädagogische OSW ist eine Versuchsschule des Landes Hessen. Deutschlandweit einzigartig ist das Fach "Freies Lernen", wo die Schülerinnen und Schüler selbstständiges Lernen beigebracht bekommen.

Im Erdgeschoss des neuen Gebäudes sind öffentliche Nutzungsbereiche auch für Anwohner des Stadtteils vorgesehen. Entworfen wurde der Neubau von einem der größten Architekturbüros Dänemarks. Das alles hat seinen Preis: rund 200 Millionen Euro.

Stadt: Auf dem Niveau vergleichbarer Schulen

Damit wird der Neubau zu der teuersten Schule Kassels, vermutlich auch von ganz Hessen. Bundesweit dürfte er auch zu den Spitzenreitern zählen. In der Gesamtsumme enthalten sind auch die Zins- und Instandhaltungskosten, ohne die liegt die Schule samt Mensa bei ungefähr 115 Millionen Euro Baukosten.

Laut der Stadt Kassel bewegen sich die Kosten "unter Berücksichtigung objekt- und nutzerspezifischer Anforderungen auf dem Niveau vergleichbarer Schulen in Deutschland." Beim Bau habe man außerdem städtische Auflagen umzusetzen, beispielsweise das Nachhaltigkeitskonzept, das man bei einem geringeren Kostenvolumen nicht hätte realisieren können.

Finanzierungsmodell ermöglicht hohe Kosten

Offene Schule Waldau Plan Architekt

Aufgrund der Haushaltslage könnte die Stadt ein solchen Projekt eigentlich nicht stemmen. Deshalb übernimmt die Finanzierung die Stadt Kassel Immobilien GmbH & Co. Kg (SKI), eine von der Stadt gegründete Gesellschaft.

Im Auftrag der Stadt schließt die Gesellschaft die Darlehensverträge ab. Planung und Durchführung des Bauprojekts übernimmt die GWGPro: eine andere stadteigene Gesellschaft.

Nach der Fertigstellung des Neubaus der OSW übernimmt die Stadt Kassel die Schule und zahlt dann 30 Jahre lang Miete an die SKI. Damit soll die Gesellschaft die Darlehen abbezahlen. Vorteil für die Stadt: Sie verschuldet sich selbst nicht in in dreistelliger Millionenhöhe.

Die Stadt sieht darin einen klaren Vorteil: "Durch das gewählte Modell wird der Stadthaushalt nicht mit zusätzlichen Darlehensaufnahmen belastet." Das hier verwendete Modell wird als Schatten- oder Nebenhaushalt bezeichnet. Doch nicht alle können dem Konstrukt Positives abgewinnen.

Bund der Steuerzahler kritisiert Schattenhaushalt

Auch Jochen Kilp vom Bund der Steuerzahler Hessen sieht die Vorteile eines solchen Finazierungsmodells. "Durch eine stadteigene Gesellschaft können Projekte kostengünstiger umgesetzt werden, weil sie andere Handlungsmöglichkeiten hat", sagt er. Beispielsweise müssten nicht alle Gewerke europaweit ausgeschrieben werden.

Doch Kilp sieht auch Gefahren. Er findet es problematisch, wenn so viele Schulden in städtischen Gesellschaften liegen. Dabei würde man die Schulden nur verlagern, am Ende stehe eine Kommune weiterhin für sie gerade.

Außerdem bestehe so die Gefahr, dass Entscheidungen ohne die Beteiligung städtischer Gremien getroffen werden, führt Kilp aus. Deshalb sei es besser, sämtliche Ausgaben und Schulden im Kernhaushalt abzubilden.

Offene Schule Waldau aktuell

Diese Kritik weist die Stadt Kassel von sich. Die Einbindung städtischer Gremien bei GWGPro-Projekten sei umfangreicher als bei eigenen städtischen Projekten, heißt es. Denn hier erfolge die parlamentarische Auseinandersetzung in Konkurrenz mit anderen Haushaltstiteln und nicht – wie bei den GWGPro-Projekten – bauvorhabenbezogen.

Ende des Jahres soll nun die Bauphase des Projekts beginnen. Der stellvertretende Schulleiter Pascal Dreher freut sich schon sehr auf das neue Schulgebäude, auf trockene Räume und eine funktionierende Ausstattung. Es sei eine maßgeschneiderte Schule, die an das Kollegium und die Schülerschaft angepasst sei.

Einen Namensvorschlag für die Straße, an der die neue Offene Schule Waldau stehen wird, gibt es schon: Sesamstraße. Dafür hatten sich die Schülerinnen und Schüler eingesetzt.

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