Bio-Hof "Weiße Hube" in Bad König Um die Ziegen kümmert sich der Juniorchef in 13. Generation

Während in Deutschland immer mehr Biohöfe aufgeben müssen, geht die Familie Trumpfheller in Bad König einen anderen Weg, trotz großer Arbeitslast. Auf der "Weißen Hube" übernimmt der Sohn und sichert damit ein Stück gelebte Odenwälder Landwirtschaft seit 1650.

Vater und Sohn beim Arbeiten im Stall des Hofes
Lennard und Hans Trumpfheller bei der gemeinsamen Arbeit im Stall Bild © hr

Während Hans Trumpfheller mit ruhiger Stimme seine rund 150 Ziegen von der Weide in den großen Stall führt, tuckert draußen der Traktor auf das Gelände im Bad Königer Staddteil Momart (Odenwald). Sohn Lennard bringt die Gülle aus, rechtzeitig, bevor der angekündigte Regen kommt. Währenddessen schöpft Mutter Sabine in der hauseigenen Käserei den Käsebruch ab.

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Zwölf Stunden Arbeit am Tag sind normal

Was auf den ersten Blick an Astrid Lindgrens Bullerbü erinnert, entpuppt sich schnell als landwirtschaftliche Knochenarbeit. Zwölfstundentage sind nach Angaben der Familie auf dem Bio-Ziegenkäsehof keine Ausnahme, sondern eher die Regel.

Die Familie bewirtschaftet 125 Hektar Land. Neben den Ziegen besitzen sie auch Mutterkühe und Legehennen in Freilandhaltung. Auch das Futter für die Tiere stellen sie selbst her. "Wir leben hier, wie Gott es uns beschert", sagt Hans Trumpfheller. "Leider Gottes meint er es nicht allzu gut momentan."

Über 300 Jahre im Familienbesitz

Den landwirtschaftlichen Betrieb auf der "Weißen Hube", einer Anhöhe im Stadtteil Momart, gibt es nachweislich seit 1650. Ursprünglich ein Grafshof der Grafschaft Erbach, kaufte ein Vorfahre von Hans Trumpfheller das Grundstück. Seitdem bewirtschaftet die Familie das Land. Zwölf Generationen später führt Hans Trumpfheller den Hof mit den gleichen Werten weiter: Naturverbundenheit, Tierwohl und handgemachte Produkte.

Eine Ziege schmatzt genüsslich Stroh im Stall
Tierwohl wird auf der "Weißen Hube" besonders groß geschrieben Bild © hr

Seit 2015 konzentriert sich die Familie auf die Ziegenmilchproduktion. Den Ziegenkäse der Familie Trumpfheller findet man in Supermärkten im ganzen Rhein-Main-Gebiet und Südhessen. Frischkäse, Hartkäse, Brie oder Camembert: Wer Produkte der "Weißen Hube" kauft, kauft Bio in purer Form.

Es ist, laut Trumpfheller, der einzige Hof in ganz Südhessen, der Ziegenmilch komplett biologisch selbst verarbeitet. "Das war die Intention, dass die volle Wertschöpfung unserer Arbeit komplett auf dem Hof liegt."

Immer weniger Biohöfe

Seit nun zwei Jahren ist die Zahl der Biohöfe rückläufig. 2024 gab es 158 Betriebe weniger, die nach der EU-Ökoverordnung wirtschaften. Das geht aus Zahlen des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft hervor. 2023 ist die Zahl der Biohöfe in Deutschland, und damit auch in Hessen, das erste Mal seit 30 Jahren zurückgegangen.

Der Umstieg auf eine ökologische Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebs werde immer teurer, sagt Hans Trumpfheller, der sich als Kreislandwirt des Odenwaldkreises auch politisch engagiert. Dazu kämen immer komplizierter werdende Förderanträge. Die Marktwege seien schlechter geworden, Produkte ließen sich schlechter vermarkten.

Bürokratie verschlingt viel Arbeitszeit

"Wir verbringen fast 50 Prozent unserer Arbeitszeit im Büro mittlerweile", beklagt Sabine Trumpfheller, die sich um die hauseigene Käserei kümmert. Dreimal in der Woche wird hier Käse gemacht, jeweils 600 Liter an Molke geschöpft. "Der Verbraucher möchte immer mehr haben, ist aber nicht bereit, die regionale Bioware mit dem Preis zu bezahlen, den sie wert ist oder den wir benötigen, um leben zu können."

Sabine Trumpfheller schöpft Molke aus einem großen Behälter in der Käserei
Sabine Trumpfheller (rechts) in der hauseigenen Käserei der "Weißen Hube" Bild © hr

Bauernverband fordert Entlastung

Darin sieht auch Hans Trumpfheller eine der größten Herausforderungen der Bio-Landwirtschaft. Verbraucher kaufen weniger Bio. Noch während der Corona-Pandemie boomten regionale Bio-Produkte in den Supermärkten. Durch den Ukraine-Krieg und steigende Inflation seien die Preise für Bio jedoch gestiegen. "Die Gesellschaft ist nicht mehr bereit, Biohöfe zu unterstützen", kritisiert der Kreislandwirt.

Das Leben von Tierhaltern in Südhessen wird zudem durch das Fehlen eines regionalen Schlachthofs erschwert. "Oft fahren unsere Tiere über 80 Kilometer, bis sie geschlachtet werden." Für den Landwirt, der das Wohl seiner Tiere oft sogar über sein eigenes stellt, wie er sagt, sei das besonders schwer zu verkraften.

"Besorgniserregender" Trend

"Die hessische Biobranche erlebt derzeit eine Durststrecke", schreibt der hessische Bauernverband dem hr. Man könne nicht abschätzen, ob sich die Situation für Bio-Landwirte verbessern werde, der Rückgang sei ein "besorgniserregender Trend".

Der hessische Bauernverband fordert aus diesen Gründen stabilere Rahmenbedingungen für Bio-Landwirte. Auf der EU-Ebene sollen Landwirte auch bürokratisch entlastet werden und Öko-Verordnungen nicht immer nur strenger werden. Ansonsten, schreibt der Verband dem hr, "werde es zahlreiche Aufgaben der Biotierhaltung geben."

Nächste Generation oft vergeblich gesucht

Auch der Fachkräftemangel und das Nachwuchsproblem trifft die Bio-Branche hart. Einen Biohof zu betreiben, sagt Hans Trumpfheller, bedeute rund um die Uhr Verantwortung zu tragen. "Man verzichtet auf Urlaub, man verzichtet auch auf so manches Geld, man verzichtet auf Annehmlichkeiten", sagt er. Aus diesem Grund sei er besonders stolz, dass sein eigener Sohn Lennard Trumpfheller den Hof übernehmen wolle.

Lennard und Hans Trumpfheller auf dem Gelände ihres Biohofes
Lennard Trumpfheller (links) wird den Biohof seines Vaters übernehmen Bild © hr

Mehr Bürokratie - weniger Einnahmen

Aber auch Lennard ist sich der Krise in der Bio-Landwirtschaft bewusst. "Als Landwirt ist man permanent unter Beobachtung, sei es von der Gesellschaft oder der Politik.“ Öko-Kontrollen nach EU-Verordnung, immer wiederkehrende Förderanträge, Dokumentationspflichten, Wasser- und Düngemittelrechtliche Vorgaben: Die Liste seiner Büro-Arbeit sei lang. Währenddessen werde die körperliche Arbeit auf dem Hof nicht weniger, das eingenommene Geld jedoch schon.

Unsicherheiten in der Bio-Zukunft

Der 24-jährige Nachwuchslandwirt Trumpfheller wird die 13. Generation der Familie, die auf der "Weißen Hube" in Bad König wirtschaften wird. "Es ist so etwas wie eine sanfte Droge für mich, hier zu arbeiten". Er fühle sich abends schlecht, wenn er tagsüber keine Arbeit übernehmen würde, scherzt er.

Doch er spüre auch den Druck auf seinen Schultern. "Wenn es in meiner Generation nicht mehr möglich ist, profitabel zu wirtschaften, dann bin ich der, an dem zwölf Generationen meiner Familie gescheitert sind", sagt er. Am Ende will er sagen können, dass er was für die Bevölkerung und Umwelt gemacht hat. Was er mit Sicherheit sagen kann: Noch lebt Bio auf der "Weißen Hube", weil er bleibt.

Redaktion: Katrin Kimpel

Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de