Investoren steigen aus Brensbacher Schlachthof-Träume geplatzt
Kein Weiterbetrieb für den Schlachthof im südhessischen Brensbach: Die beiden Kaufinteressenten haben ihr Angebot zurückgezogen. Eine Entwicklung, die viele Verlierer zurücklässt.
Seit mehr als anderthalb Jahren steht der Betrieb im Schlachthof in Brensbach (Odenwald) still. Immerhin gab es zuletzt Hoffnung auf eine Wiederaufnahme. Diese hat sich nun zerschlagen: Der designierte Investor Stefan Sutor, Geschäftsführer eines Schlachthofs in Aschaffenburg, und ein Mit-Investor haben ihr Übernahmeangebot zurückgezogen. Sutor begründete dies mit enorm gestiegenen laufenden Kosten.
Investor: Entsorgungskosten mehr als verdoppelt
"Das Land Hessen hat uns rückwirkend zum 1. Januar die Entsorgungskosten für Schlachtnebenprodukte um 160 Prozent erhöht", sagte Sutor am Freitag dem hr. "Für eine Schlachtstätte dieser Größe bedeutet das einen Jahresmehraufwand von rund 150.000 Euro."
Eigentlich hatten Sutor und sein Co-Investor den Schlachthof in Brensbach für symbolische 76 Euro übernehmen wollen – das wäre ein Euro für jeden Anteil, den der Landkreis Darmstadt-Dieburg und der Odenwaldkreis daran halten. Dafür wollten sie den Schlachthof in Schuss bringen, die Gläubiger befriedigen und den Betrieb wieder aufnehmen.
Erwartete Lohnsteigerungen verschärfen Problem
Diese Investition wäre machbar gewesen, erklärte Sutor. "Was uns am Ende den Boden unter den Füßen wegzieht, ist die enorme Kostensteigerung, die zum einen mit den Entsorgungskosten verbunden ist und zum anderen mit den zu erwartenden Lohnsteigerungen im nächsten Jahr."
Die bewegten sich angesichts des Koalitionsvertrags von CDU und SPD im Bund im Bereich von 20 Prozent, was noch einmal Mehrkosten in gleicher Größenordnung verursache, sagte der Geschäftsmann. "Bei einem Betrieb, der 1,4 Millionen Euro Jahresumsatz macht, wie wollen Sie da 300.000 Euro mehr im Jahr stemmen?"
Immobilie wird zwangsversteigert
Damit dürfte endgültig das Aus für den Schlachthof in Brensbach besiegelt sein. Die Enttäuschung bei den beiden Landkreisen ist entsprechend groß. Der Odenwaldkreis bestätigte den geplatzten Deal und kündigte an, die beteiligten Banken würden in den nächsten Tagen die Zwangsversteigerung der Schlachthof-Immobilie einleiten.
An den Geldinstituten hat es dem Kreis zufolge jedenfalls nicht gelegen, dass aus der erhofften Übernahme nichts geworden ist. In dem Statement heißt es: "Die Banken haben gegenüber den Kaufinteressenten großes Entgegenkommen gezeigt und gemeinsam mit dem Odenwaldkreis alles für eine Weiterführung des Schlachthofs getan."
Kaum Schlachtmöglichkeiten in der Region
Enttäuscht sein dürften neben den Landkreisen auch die Landwirte in der Region. Denn es gibt kaum noch Schlachtmöglichkeiten in der Nähe, vor allem mit Blick auf die Afrikanische Schweinepest. Für Schweinehalter aus der in weiten Teilen Südhessens geltenden Sperrzone 2 ist es schwierig, geeignete Schlachtplätze zu finden.
Eine kleine Schlachthalle in Modautal (Darmstadt-Dieburg) bietet nur geringe Kapazitäten. Viele Landwirte müssen ihre Tiere deshalb bis nach Schleswig-Holstein fahren. Das kostet und ist nicht im Sinne des Tierwohls. Ein Schlachthof in Fulda hat derzeit noch keine Genehmigung für Tiere aus der Sperrzone 2.
Auch Aschaffenburg fällt weg
Auch in Aschaffenburg hinter der hessisch-bayrischen Grenze soll spätestens Mitte 2026 Schluss sein. 2023 hatte es massive Vorwürfe wegen Tiermisshandlungen gegen die Betreiberfirma AB Schlachthof GmbH & Co. KG gegeben. Sutor wurde dort danach als neuer Geschäftsführer eingesetzt.
Dennoch kündigte die Stadt den 2029 ohnehin auslaufenden Pachtvertrag fristlos. Die Betreiberfirma klagte, man einigte sich auf einen Betrieb bis Juni nächsten Jahres unter Auflagen. Seit März befindet sich die Betreiberfirma nun in einem Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung.
Sein Rückzieher in Brensbach habe mit all dem nichts zu tun, versicherte Sutor. Wegen der erhöhten Entsorgungskosten habe man das Gespräch mit dem Landwirtschaftsministerium gesucht, um gemeinsam eine Lösung zu finden. "Das ist leider nicht auf offene Ohren gestoßen."
Ministerium: Regionale Schlachthöfe sind uns wichtig
Das Ministerium weist das zurück. Regionale Schlachthöfe seien dem Land sehr wichtig, betonte es am Freitag auf Anfrage. Die Erhöhung der Kosten sei allerdings notwendig gewesen, um die Entsorgung weiterhin zuverlässig und gesetzeskonform sicherzustellen. Dies habe eine unabhängige Prüfung durch Wirtschaftsprüfer klar gezeigt.
Als Gründe für die Teuerung führte das Ministerium unter anderem eine Kostenexplosion bei Energie und Logistik - insbesondere durch den Ukraine-Krieg - sowie einen Rückgang der Schlachtmengen auf, wodurch die Kosten pro Schlachtung wegen der Verteilung der Fixkosten höher ausfielen.
"Entsorgungskosten stehen in keinem Verhältnis"
Die Behörde wies außerdem darauf hin, dass große Teile der Schlachtabfälle, nämlich die nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG) als "ungefährliches Material" eingestuften, frei gehandelt werden könnten. "Jeder Betreiber kann diesen Anteil durch ordentliche Trennung weiter steigern."
Die Entsorgungskosten stünden zudem in keinem Verhältnis zu den Investitionen, die nötig gewesen wären, um Brensbach wieder fit zu machen, erklärte das Ministerium. Der Buhmann will man jedenfalls nicht sein. "Es ist gleichwohl nicht vorstellbar, dass diese Erhöhung der wahre Grund für den Rücktritt des Interessenten für den Betrieb des Schlachthofs in Brensbach ist."