Probenauftakt bei den Bad Hersfelder Festspielen

Die Proben der diesjährigen Bad Hersfelder Festspiele haben begonnen. Intendant Joern Hinkel verspricht sich von wichtigen weiblichen Besetzungen eine besondere Note - auch, um so Machtmissbrauch von Männern darzustellen.

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Probenbeginn bei den Bad Hersfelder Festspielen

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Bei den Bad Hersfelder Festspielen hat die heiße Phase zur Vorbereitung der diesjährigen Theater-Saison begonnen. Am Dienstag kamen einige der Schauspieler beim offiziellen Probenbeginn für die 72. Spielzeit des renommierten Freilicht-Festivals zusammen. Es läuft vom 30. Juni bis zum 27. August.

Auf dem Programm stehen sechs Produktionen. Zu den größeren Produktionen zählen neben dem Shakespeare-Drama "König Lear" zur Eröffnung auch das neue Musical "Jesus Christ Superstar" (Premiere 1. Juli). Der "Club der toten Dichter" wird nach der Europa-Premiere im Jahr 2021 wegen des großen Erfolgs zum zweiten Mal wiederaufgeführt (ab 21. Juli).

Der Blick der Festspiel-Macher richtete sich beim Probenauftakt, sechs Wochen vor der Eröffnung, auf das Stück "König Lear". Teile des Ensembles kamen am Dienstag zu einer Leseprobe zusammen. Zudem wurden ein Modell des Bühnenbildes und Entwürfe der Kostüme präsentiert.

Intendant stolz über hochkarätiges Ensemble

Intendant Joern Hinkel ist voller Vorfreude. Ungewöhnlich offensiv begegnete er der alljährlich im Raum stehenden Frage zur Prominenz und Qualität des Ensembles: "Ich sage das mal in aller Bescheidenheit: Ich kenne kein Sprechtheater-Sommerfestival in Deutschland, das ein so hochkarätig besetztes, renommiertes Ensemble hat."

Im Fokus steht dabei unter anderem Charlotte Schwab. Sie spielt die Hauptrolle in "König Lear", schlüpft also in eine Männerrolle und soll neue Perspektiven auf Shakespeares Drama ermöglichen. Der Blick einer großen Schauspielerin auf einen der schillerndsten Regenten der Weltliteratur verspreche neue, ungewohnte Sichtweisen auf dieses mitreißende, bewegende Plädoyer Shakespeares für den Humanismus, hieß es dazu von der Festspielleitung.

Blick einer Frau auf "das typisch Männliche"

Schwab spielte zuletzt am renommierten Burgtheater in Wien. Dem großen TV-Publikum wurde sie bekannt durch die Krimiserie "Das Duo" (ZDF) oder die Actionreihe "Alarm für Cobra 11" (RTL). In "König Lear" werde sie als Frau auf das typisch Männliche von außen blicken. Sie werde Männer aber nicht karikieren oder Witzfiguren aus ihnen machen, sagte Hinkel im hr-Interview beim Probenauftakt.

Frauen-Power gibt es nicht nur in der Hauptrolle, sondern auch vom Regie-Stuhl. Tina Lanik inszeniert "König Lear" und arbeitet erstmals für die Festspiele. Laut Hinkel wird die Regisseurin des Wiener Burgtheaters eine "Mischung aus faszinierendem Polit-Thriller und emotionalem Familien-Drama" bieten.

"Keine Angst vor Shakespeare"

Die Inszenierung des Shakespeare-Klassikers sei laut Hinkel "kein dröger Schulstoff, der anstrengend ist und unverständlich serviert, sondern es ist eine mitreißende, fantasievolle, atemlose Geschichte mit brillanten Schauspielern. Also keine Angst vor Shakespeare und keine Angst vor diesem Stück."

Shakespeare sei einer "der größten, unterhaltsamsten, geistreichsten, witzigsten und düstersten Autoren" überhaupt. "Man denkt immer: ist langweilig und staatstragend." Aber es seien einfach tolle Stücke. "Wenn Shakespeare heute leben würde, würde er wahrscheinlich für Netflix schreiben: Er liefert Wendungen, die man nicht erwartet." Und das Thema sei heute noch aktuell: Es gehe um Machtmissbrauch. Um Männer, die Probleme haben, Macht abzugeben. Und es gehe um patriarchale Strukturen.

Moderne Fassung des Klassikers

Zeigen soll das Regisseurin Lanik. Aus einem Original von fünf bis sechs Stunden Länge will sie eine Fassung von etwa zweieinhalb Stunden machen, wie sie sagte. Sie werde eine vor allem zu Beginn modern anmutende Version zeigen, was sich auch im Kostümbild äußern wird.

Lanik und Schwab bekräftigten beim Probenbeginn in Bad Hersfeld auch ihre Botschaft, dass auch ältere Frauen mehr interessante Rollen angeboten bekommen sollten. Es könne nicht sein, dass Frauen jenseits der 50 attraktive Rolle vorenthalten werden, die rauf und runter nur von Männern gespielt werden.

"Harter Knochen zu beißen"

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Probenstart bei den Bad Hersfelder Festspielen

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Ein bekanntes Gesicht im Ensemble ist auch Max Herbrechter, der den Gloucester darstellt. Herbrechter spielte bereits auf vielen renommierten deutschen Bühnen. Auch in Fernsehen und Kino ist er häufig zu sehen, etwa im "Tatort", in "Der Kroatien Krimi" oder "Petterson und Findus".

Herbrechter geht mit gehörigem Respekt an seine Rolle heran: "Es ist ein massives Stück." Text lernen und proben will er auch zwischendurch mal mit seiner Kollegin Schwab: "Charlotte und ich wohnen hier jetzt im gleichen Haus. Da können wir zwischendurch Text machen und uns gegenseitig helfen. Denn es wird ein harter Knochen, den wir zu beißen haben."

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Stücke im Spielplan und Konzerte im Rahmenprogramm

Auf dem Programm steht neben dem Shakespeare-Drama "König" Lear" das neue Musical "Jesus Christ Superstar" (Premiere 1. Juli). Der "Club der toten Dichter" wird nach der Europa-Premiere im Jahr 2021 wegen des großen Erfolgs zum zweiten Mal wiederaufgeführt (ab 21. Juli). Francis Fulton-Smith übernimmt die Hauptrolle als engagierter Lehrer John Keating.
Eine gewagte Wahl - zumindest laut Kritiken - ist "Die Rache der Fledermaus". Es soll eine witzig-schräge Version der berühmten Operette von Johann Strauss sein, die ohne Geigen und Plüsch daherkomme, dafür mit Bass, Gitarre und coolen Rhythmen (Premiere: 11. August). Mit dabei ist Stefan Kurt, der den Durchbruch schaffte in TV-Mehrteilern von Dieter Wedel ("Der Schattenmann", "Die Affäre Semmeling"). Im Programm ist auch ein Familienstück: "Das kleine Gespenst" nach dem Roman von Otfried Preußler (Premiere: 7. Juli). Auf der Nebenbühne von Schloss Eichhof gibt es die Komödie "Nein zum Geld!".

Im Rahmenprogramm werden Konzerte in der Stiftsruine geboten. Von hr3 präsentiert, wird Stefanie Heinzmann auftreten (31. Juli). Am 17. August werden Yvonne Catterfeld und Band ein Konzert in der Kirchenruine geben.

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