Gerätehaus zu klein Kein neues Feuerwehrauto wegen 35 Zentimetern?

Die Freiwillige Feuerwehr in Frankenau-Altenlotheim braucht dringend ein neues Einsatzfahrzeug. Doch ohne Zuschuss vom Land Hessen wird das schwierig - und der könnte wegen eines zu kleinen Gerätehauses ausbleiben.

Ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr in einem alten Gerätehaus.
Kein Durchkommen bei geöffneten Türen: das 28 Jahre alte Einsatzfahrzeug der Altenlotheimer Feuerwehr im Gerätehaus. Bild © Elisabeth Czech (hr)

Stress, Hektik, Adrenalin: Wenn die Feuerwehr ausrückt, muss es schnell gehen. Damit die Einsatzkräfte bei einem Alarm sofort ins Fahrzeug springen können, brauchen sie nicht nur die passende Ausrüstung, sondern auch genug Platz im Gerätehaus.

Gefordert ist ein halber Meter Sicherheitsabstand zur Wand - bei geöffneten Türen. Die sucht man im Feuerwehrhaus des Frankenauer Ortsteils Altenlotheim (Waldeck-Frankenberg) vergeblich.

Hier fehlen etwa 35 Zentimeter auf jeder Seite - und nach 28 Jahren könnte der Feuerwehr das nun zum Verhängnis werden. Denn bisher wurde zwar geduldet, dass das Gerätehaus eigentlich zu klein ist. Doch jetzt braucht die Feuerwehr dringend Ersatz für ihr in die Jahre gekommenes Feuerwehrauto. Das neu bestellte Fahrzeug ist noch größer als das alte.

Deshalb steht die Förderung dafür auf der Kippe. Nur, wenn die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände im Gerätehaus eingehalten werden, können die Mittel vom Land fließen. Ohne das Geld kann sich die kleine Stadt das Allradfahrzeug für den Einsatz im Ort und im Nationalpark Kellerwald-Edersee nicht leisten. Selbst das laut Gemeindebrandinspektor kleinste sinnvolle Fahrzeug würde einen sechsstelligen Betrag kosten.

Videobeitrag

Diskussion um Feuerwehrhaus in Altenlotheim

Ein Feuerwehrauto.
Bild © hessenschau.de
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Zehn Einsätze im Jahr

Der Kreis, das Land, die Unfallkasse und die Feuerwehr müssen gemeinsam eine Lösung finden, denn das derzeitige Fahrzeug ist bereits 28 Jahre alt - und damit in zwei Jahren ein Oldtimer. Bisher meistert der alte Iveco etwa zehn Einsätze pro Jahr. Dabei komme es immer mal wieder zu altersbedingten Ausfällen, sagt Altenlotheims Feuerwehrvereins-Vorsitzender Philipp Koch.

Dass es im Feuerwehrgerätehaus enger zugeht, habe dagegen bisher nicht zu Problemen geführt. Egal ob offene oder geschlossene Türen: "Es ist hier noch nie zu Komplikationen gekommen", sagt Koch. Er sieht die Diskussion über die Vorgaben und die Förderung für das neue Fahrzeug als Belastung für die Kolleginnen und Kollegen, die ihren Job ehrenamtlich in ihrer Freizeit machen.

Feuerwehr wünscht sich "mehr Fingerspitzengefühl"

Bei der Bewertung der Situation vor Ort wünscht sich Koch "ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl", auch wenn er die Vorschriften zum Schutz der Feuerwehrangehörigen im Einsatzfall sinnvoll findet. Eine bauliche Veränderung für das Gerätehaus schließt der stellvertretende Wehrführer aus. Die HNA hatte bereits über die Situation in Frankenau berichtet.

Den Förderantrag trotz des zu kleinen Gerätehauses zu bestätigen, lehnt der Kreis bisher ab. Kreisbrandinspektor Gerhard Biederbick verweist auf die Unfallverhütungsvorschrift. Die Situation vor Ort sei lange genug geduldet worden, jetzt müsse eine Lösung her, so Biederbick.

Ihm gehe es dabei vor allem um die Sicherheit der Feuerwehrangehörigen. Denn gerade bei kleineren Feuerwehren wie im Frankenauer Ortsteil gebe es weniger Routine - bei einem Einsatz gehe es mitunter "drunter und drüber", schildert der Kreisbrandinspektor. Mit mehr Platz sei garantiert, dass jeder sicher zum Einsatz komme.

Viele Feuerwehrhäuser in Hessen "mangelhaft"

Laut einem Bericht des Technischen Prüfdienstes Hessen (TPH) sind viele Feuerwehr-Gerätehäuser in Hessen in einem mangelhaften Zustand. Sie erfüllen nicht alle vorgegebenen Kriterien des Arbeitsschutzes und zur Unfallverhütung und entsprechen demnach nicht den Vorschriften.

Im Landkreis Waldeck-Frankenberg weisen nach hr-Recherchen 123 von insgesamt 174 Feuerwehrhäusern Mängel auf. Die meisten Feuerwehrhäuser, die im Prüfbericht als "mangelhaft" geführt werden, befinden sich im Vogelsbergkreis und im benachbarten Schwalm-Eder-Kreis.

Mit zu wenig Platz zum Einsteigen steht Altenlotheim nicht allein da. In Romrod (Vogelsberg) sind sogar alle Gerätehäuser zu klein für die Einsatzfahrzeuge. Die Kleinstadt plant erste Konsequenzen: Gleich fünf Feuerwehrhäuser sollen geschlossen werden. Stattdessen sollen andernorts zwei neue Stützpunkte entstehen.

Nicht mehr pauschal "roter Mangel"

Ein neues Gerätehaus steht in Altenlotheim derzeit nicht zur Debatte - und muss es wohl auch nicht, denn das Land Hessen hat gezielte Maßnahmen für den Bürokratieabbau im Brand- und Katastrophenschutz beschlossen.

Künftig sollen bei der Bewertung von Fahrzeughallen die Anforderungen zugrunde gelegt werden, die beim Bau galten, teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit. Heißt: Ist das bereits genutzte Fahrzeug nach neuen Richtlinien zu groß für das Gebäude, wird es künftig nicht mehr pauschal als Mangel bewertet - auch wenn die Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können.

Stattdessen sollen laut Ministerium Maßnahmen für den Übergang greifen, die geforderte und nicht einhaltbare Abstände ausgleichen. Das können beispielsweise "organisatorische Regelungen, Handlungsanweisungen, Warnmarkierungen oder eine geänderte Fahrzeugaufstellung sein".

Ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr in einem alten Gerätehaus.
Schon für das 28 Jahre alte Einsatzfahrzeug ist die Gerätehalle zu klein. Bild © Elisabeth Czech (hr)

Neufahrzeuge von Regelung ausgenommen - es sei denn...

Anders ist es, wenn ein neues Fahrzeug gekauft wird, um ein altes zu ersetzen - wie in Altenlotheim. Wenn das neue Fahrzeug größer ist und deshalb die Abstände in der Halle nicht mehr den Vorschriften entsprechen, fließt nur dann Geld vom Land, wenn die Gemeinde geprüft hat, ob durch das neue Fahrzeug eine Gefahr entsteht - und wenn nötig eine Übergangslösung beschließt, mit der der sichere Betrieb trotzdem möglich ist. Das teilte das Innenministerium auf hr-Anfrage mit.

Die Unfallkasse Hessen signalisierte gegenüber dem hr Kompromissbereitschaft und verwies ebenfalls auf die mögliche Übergangslösung. Die Kommune müsse dann in einer Gefährungsbeurteilung festhalten, wie sie Risiken minimiert. Das könne bedeuten, dass das neue Fahrzeug nur unter bestimmten Bedingungen genutzt wird oder dass Anpassungen im Haus vorgenommen werden.

"Finanziell stemmbare Lösung" gesucht

Für Altenlotheim sind das halbwegs gute Nachrichten. Hier steht man laut Bürgermeister Manuel Steiner (unabhängig) im engen Austausch mit der Unfallkasse Hessen und dem Landkreis. Bei einem gemeinsamen Vor-Ort-Termin will man jetzt die Gefährdungsbeurteilung besprechen.

Erst danach wisse man, ob es doch noch eine Förderung für das neue Fahrzeug geben kann, so Steiner. Die Sicherheit der Feuerwehrfrauen und -männer müsse "immer an erster Stelle stehen".

Ob ein neues Fahrzeug oder bauliche Veränderungen am Gerätehaus - das gemeinsame Ziel aller Beteiligten sei eine "finanziell stemmbare Lösung", sagt der Bürgermeister. Und die ist jetzt scheinbar in Sicht.

Redaktion: Stefanie Küster

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de/Fabian Schmidt, Andreas Garbe