Fassadenteile abgefallen Bewohner von Hochhaus dürfen wohl bis zu drei Wochen nicht zurück

Wegen Schäden an der Fassade ist in Babenhausen ein elfgeschossiges Hochhaus in der Nacht evakuiert worden. Ein Schock für die Bewohner, die bereits vergeblich auf die Mängel aufmerksam gemacht hatten. Manche müssen wohl bis zu drei Wochen in einer Flüchtlingsunterkunft leben.

Von einem Kran aus entfernt ein Arbeiter lockere Fassadenteile aus der Fassade eines Hochhauses am Stadtrand von Babenhausen. In der Nacht war ein großes Stück der Fassade in die Tiefe gestürzt.
Von einem Kran aus entfernt ein Arbeiter lockere Fassadenteile aus der Fassade eines Hochhauses am Stadtrand von Babenhausen. In der Nacht war ein großes Stück der Fassade in die Tiefe gestürzt. Bild © picture alliance/dpa | Boris Roessler
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Fassadenteile abgefallen – Hochhaus in Babenhausen evakuiert

Blick auf ein Hochhaus.
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"Seit ein Teil von der Fassade heruntergefallen ist, lebe ich nur im Stress" - Bistra Damyanova musste in der Nacht zum Mittwoch ihre Wohnung in einem Hochhaus in Babenhausen (Darmstadt-Dieburg) verlassen. Sie wurde wie 186 weitere anwesende Bewohnerinnen und Bewohner vorsorglich evakuiert.

Bereits in der Nacht von Sonntag auf Montag hatte sich nach Angaben der Bauaufsicht des Kreises ein etwa 20 bis 25 Quadratmeter großes Teil von der Fassade des elf Stockwerke hohen Hauses im Erloch-Quartier gelöst und war heruntergefallen - in einen Bereich, der zuvor mit einem Bauzaun abgesperrt worden war. Damyanova war zu Hause, als es passierte. "Es war wie eine Bombe, ganz schrecklich", beschrieb sie. "Ein großer Schock für uns."

Fünf bis zehn Minuten, um die Wohnungen zu verlassen

Raja sitzt mit seiner Frau Azra und den gemeinsamen Söhnen Roshaan und Kashaan auf einem Feldbett in der Stadthalle von Babenhausen. Die Familie aus Pakistan gehört zu den insgesamt 187 Menschen, die ihre Wohnungen in einem Hochhaus am Stadtrand verlassen mussten, nachdem in der Nacht ein Teil der Fassade abgerutscht war.
Raja sitzt mit seiner Frau Azra und den gemeinsamen Söhnen Roshaan und Kashaan auf einem Feldbett in der Stadthalle von Babenhausen. Die Familie aus Pakistan gehört zu den insgesamt 187 Menschen, die ihre Wohnungen in einem Hochhaus am Stadtrand verlassen mussten, nachdem in der Nacht ein Teil der Fassade abgerutscht war. Bild © picture alliance/dpa | Boris Roessler

In dem Haus befinden sich 70 Wohnungen. Ein anderer Bewohner, Mohamed Sadek, schilderte, dass am Dienstag ein weiteres Stück heruntergefallen sei. Die Polizei habe dann gegen Mitternacht geklingelt und gesagt, dass die Bewohner ihre Wohnungen binnen fünf bis zehn Minuten verlassen müssten.

Damyanova kam bei Freunden unter. Andere Bewohner, die auf die Schnelle keine private Alternative fanden, wurden in die Stadthalle gebracht. Dort übernachteten nach Angaben von Bürgermeister Dominik Stadler etwa 80 Menschen auf Feldbetten. Wie es weitergeht und wann die Bewohner in ihre Wohnungen zurückkehren können, wussten sie zunächst nicht.

Jetzt zwei bis drei Wochen Flüchtlingsunterkunft?

Am Mittwoch dann die Information des Landkreises: "Derzeit gehen wir davon aus, dass die Reparaturarbeiten zwei bis drei Wochen dauern werden", sagte die Leiterin der Bauaufsicht, Martina Löffler. Sie hoffe, dass einige der Betroffenen noch bei Freunden oder Verwandten unterkommen können.

Der Landkreis schaue bereits nach Liegenschaften, in denen die Menschen eine vorübergehende Bleibe finden können. Zuständig sei aber die Stadt Babenhausen. Infrage kämen eventuell Flüchtlingsunterkünfte, die derzeit kaum belegt seien.

Einer von zwei Rettungswegen nicht mehr nutzbar

Die Bauaufsicht hatte die Evakuierung damit begründet, dass weitere Bereiche der Außenverkleidung herabzufallen drohten und Rettungswege nicht mehr frei zugänglich waren. Eine generelle Einsturzgefahr für das Gebäude bestehe nicht.

Bürgermeister Stadler erklärte, man habe sich seit Wochenbeginn auf mögliche Szenarien vorbereitet. Im Laufe des Dienstags sei bei einer Begehung festgestellt worden, dass nach dem Absturz des Fassadenteils einer von zwei Rettungswegen nicht mehr nutzbar ist.

Bürgermeister: Bewohner haben es sehr gut aufgenommen

"Die Sicherheit der Bewohner war nicht mehr gewährleistet", so Stadler. Daher sei entschieden worden, das Hochhaus zu evakuieren. "Nach kurzer Vorbereitungszeit" sei diese gegen Mitternacht veranlasst worden. "Die Bewohner haben das sehr gut aufgenommen", sagte Stadler weiter.

Nach knapp drei Stunden, gegen 3 Uhr am Mittwochmorgen, habe die Evakuierung abgeschlossen werden können, sagte er.

Mängel in der Vorsatzschale

Die Bauaufsicht des Kreises wurde nach Angaben von Leiterin Martina Löffler Mitte vergangener Woche darüber informiert, dass eine Wölbung der Fassade nach außen erkennbar ist. Sonntagnacht habe es dann den ersten Schadensfall gegeben: Das große Fassadenteil löste sich und fiel herab.

Daraufhin sei die Absperrung erweitert worden. Ein Gutachter habe am Montag die Gefahr gesehen, dass weitere Teile abfallen könnten. Löffler sprach von Mängeln in der sogenannten Vorsatzschale.

Bewohnerin Damyanova sagte, sie habe wegen der sich lösenden Fassade mehrmals die Hausverwaltung alarmiert und zuletzt auch Mails an Bauämter geschickt. Der Schaden sei am Anfang nicht so groß gewesen, jedoch natürlich größer geworden. "Weil nichts gemacht wurde, ist das jetzt passiert."

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de