Der neue Landespolizeipräsident Roland Ullmann

Ein Untersuchungsausschuss im Landtag soll klären, wieso Notrufe in der Anschlagsnacht in Hanau nicht durchkamen. Vermeintliche Falschaussagen des damaligen Polizeipräsidenten riefen zunächst die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Nun sieht sie diesen Anfangsverdacht ausgeräumt.

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Anschlag in Hanau: Keine Ermittlungen gegen Ullmann

hs
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Hat der ehemalige Landespolizeipräsident Roland Ullmann im Hanau-Untersuchungsausschuss im Landtag gelogen? Diese Frage beschäftigte zuletzt die Staatsanwaltschaft Hanau. Die Behörde hat in einem Prüfverfahren nach eigenen Angaben allerdings keine Hinweise darauf gefunden, weswegen die Behörde nicht ermitteln werde.

Nach umfangreicher Auswertung habe man "keinen Anfangsverdacht für eine Straftat wegen falscher uneidlicher Aussage" feststellen können, teilte die Staatsanwaltschaft dem hr am Mittwoch mit. Die Frankfurter Rundschau hatte zuvor berichtet.

Hatte Ullmann Kenntnis von den Notruf-Problemen?

Doch was war Anlass für die Vorermittlungen? Der seit September pensionierte Ullmann wurde im Sommer im Ausschuss zu den Problemen mit dem Notruf in der Tatnacht befragt. Weil es in der Polizeistation Hanau I keinen sogenannten Notruf-Überlauf gab, blieben am 19. Februar 2020 Notrufe unbeantwortet. Aufgrund fehlender Technik konnten sie nicht an andere Polizeistationen weitergeleitet werden. In der Tatnacht war nur eine einzige Polizistin vor Ort, um Notrufe entgegenzunehmen.

Unbeantwortet blieben auch die Notrufe des Opfers Vili Viorel Păun, der, während er den Täter im Auto verfolgte, mehrfach vergeblich die 110 gewählt hatte. Păun wurde später von dem Attentäter erschossen. Seine Familie ist der Ansicht, dass er noch leben könnte, wäre die Polizei ans Telefon gegangen.

Auf die Frage, ob Ullmann über die personelle und technische Überforderung beim Notruf der Hanauer Polizei vor dem Attentat im Bilde war, antwortete er im Ausschuss: "Arbeitsbelastung ja, Technik nein."

Daraufhin wurde ihm initial vom Hanauer Anzeiger vorgeworfen, die Unwahrheit gesagt zu haben. Schließlich sei es Ullmann gewesen, der 2012 noch als Chef des Polizeipräsidiums Südosthessen die Modernisierung des Notrufs angestoßen habe. Er müsse also von den Problemen gewusst haben.

Die Technik macht den Unterschied

So war es auch, stellte die Staatsanwaltschaft Hanau nun fest. Allerdings hätten zum Zeitpunkt des Attentats zwei verschiedene technische Probleme vorgelegen. Einerseits der fehlende Notruf-Überlauf, der dazu geführt hatte, dass Păuns Notrufe nicht angenommen wurden.

Andererseits war die Hanauer Polizeistation auch nicht an die Notrufzentralisierung angeschlossen. Die Notrufzentralisierung betrifft die Steuerung aller im Bereich des zuständigen Polizeipräsidiums - in diesem Fall Südosthessen - eingehenden Notrufe über die Leitstelle des Präsidiums.

In seiner Zegenaussage im Untersuchungsausschuss habe Ullmann angegeben, dass er zwar Kenntnis von der fehlenden Notrufzentralisierung und einer Überalterung der Technik gehabt habe, nicht aber "von dem fehlenden Notruf-Überlauf der Polizeistation Hanau I", wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Da beide technischen Probleme nicht deckungsgleich seien, liege keine Falschaussage vor.

Der 43-jährige Deutsche Tobias R. hatte am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Der Untersuchungsausschuss im Landtag soll klären, ob es vor, während und nach der Tat zu einem Behördenversagen gekommen ist.

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