Unfallwagen in Witzenhausen

Im Oktober 2021 war ein Autofahrer in eine Kindergruppe gefahren, ein achtjähriges Mädchen starb. Jetzt soll der Mann dauerhaft in einer forensischen Klinik untergebracht werden. Er sei schuldunfähig, entschied das Gericht. Der Täter bestreitet weiter eine Absicht.

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Todesfahrer von Witzenhausen muss in psychiatrische Klinik

hessenschau vom 17.02.2023
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Das Landgericht Kassel hat am Freitag entschieden, dass der 31-Jährige, der sein Auto im Oktober 2021 in Witzenhausen (Werra-Meißner) in eine Gruppe Kinder lenkte, dies absichtlich getan hat.

Zum Zeitpunkt der Tat habe der Beschuldigte allerdings an einer paranoiden Schizophrenie gelitten, weshalb er schuldunfähig sei. Da von ihm trotzdem und auch in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgehe, so der Vorsitzende Richter, soll er nun dauerhaft und zunächst unbefristet in einer forensischen Klinik untergebracht werden.

Medikamente wohl nicht regelmäßig genommen

Es spreche vieles dafür, dass er seit November 2020 entsprechende Medikamente nicht mehr regelmäßig eingenommen habe. Schon Wochen vor der Tat habe er wahnhaftes Verhalten gezeigt, das sich am Tag der Tat zugespitzt habe. Das Gericht wertete die Tat in einem Fall als Totschlag und in jeweils zwei Fällen als versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung.

Die Staatsanwaltschaft Kassel hatte dem Mann unter anderem Mord aus Heimtücke, versuchten Mord sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Sie ging davon aus, dass er wegen psychischer Erkrankung schuldunfähig ist und hatte die Unterbringung in der forensischen Psychiatrie beantragt. Deshalb gab es statt eines regulären Strafverfahrens ein sogenanntes Sicherungsverfahren, bei dem das Gericht entscheidet, ob der Täter in eine forensische Klinik kommt.

Schwarz vor Augen? Gericht glaubt Beschuldigtem nicht

Ein achtjähriges Mädchen war bei der Auto-Attacke vor einem Kindergarten im Ortsteil Gertenbach gestorben, zwei weitere Mädchen im Alter von sieben und acht Jahren wurden schwer verletzt. Schon kurz darauf vermuteten die Ermittler, dass es sich dabei nicht um einen Unfall handelte. Eine Zeugenaussage und die Einschätzung eines Sachverständigen bestätigten das. Etwa wurden am Tatort keine Bremsspuren gefunden.

Der Beschuldigte hatte vor Gericht monatelang geschwiegen. Erst am Freitag äußerte er sich in einem kurzen Schlusswort und blieb darin bei der Darstellung seiner Anwältin, wonach es sich um einen Unfall handelte. Er bedauere, was passiert sei, doch ihm sei schwarz vor Augen geworden. Deswegen habe er in die Kindergruppe gesteuert. Währenddessen habe er sich auch nicht in einem psychotischen Zustand befunden, und es sei kein plausibles Motiv zu erkennen.

Nebenklage beantragte reguläres Strafverfahren

Zuvor hatte die Nebenklagevertretung erfolglos beantragt, das Sicherungsverfahren in ein reguläres Strafverfahren überzuleiten oder andernfalls ein weiteres fachpsychologisches Gutachten einzuholen. Aus ihrer Sicht war der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt voll schuldfähig. Für eine von einer psychiatrischen Sachverständigen angenommene paranoide Schizophrenie lägen keine Anhaltspunkte vor, sagte Rechtsanwalt Steffen Hörning.

In einem emotionalen Vortrag beschrieb er das Leid der Betroffenen und ihrer Familien, besonders der Eltern des getöteten Mädchens, die ihre Tochter nur einen Tag nach deren achten Geburtstag verloren hatten. Der Beschuldigte habe die Tat zielgerichtet und kontrolliert begangen. "Sie sind für uns ein Mörder", sagte Hörning an den 31-Jährigen gewandt. Obwohl dies in einem Sicherungsverfahren kein mögliches Ergebnis sein kann, beantragte er, den Mann zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu verurteilen und die besondere Schwere der Schuld festzustellen.

Gegen die Entscheidung des Landgerichtes könnte der Beschuldigte noch das Rechtsmittel der Revision einlegen.

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