Ob ÖPNV oder Feuerwehren: Die Hessen-Wahl im Blick, streiten die Fraktionen im Landtag, ob der ländliche Raum vernachlässigt wird. Die SPD verbindet Kritik an Schwarz-Grün mit einem medizinischen Tipp.

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Opposition sieht ländlichen Raum vernachlässigt

Schäden auf einer Landstraße
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In einer kurzen, aber heftigen Debatte hat die Opposition im Landtag der schwarz-grünen Koalition schwere Versäumnisse gegenüber den Menschen in Hessen vorgeworfen, die auf dem Land leben. "Bei dieser südhessischen Landesregierung findet der ländliche Raum nicht die gebührende Anerkennung", sagte SPD-Fraktionschef Günter Rudolph am Donnerstag.

Er spielte damit auf die Kritik seiner Partei daran an, dass schon die aktuelle Kabinettszusammensetzung regionale Interessen außer Acht lasse. Auch beim Auftrag des Grundgesetzes, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, versagt die Koalition nach Meinung Rudolphs völlig.

Auch Menschen außerhalb der Ballungsräume bräuchten eine Infrastruktur, ausreichende Plätze in Schulen und Kitas, einen guten ÖPNV sowie Einkaufsmöglichkeiten und kulturelle Angebote. Vertreter der Koalition wiesen die Kritik entschieden zurück.

Vor allem nette PR?

Vergangene Woche, ein gutes halbes Jahr vor der Landtagswahl am 8. Oktober, hatte die SPD-Fraktion ein eigenes Strategiepapier vorgestellt. Darin werden deutlich mehr Investitionen für den ländlichen Raum gefordert. Auch die Verlegung eines Ministeriums nach Nordhessen kann sich die SPD vorstellen.

Von Nordhessen über den Vogelsberg bis zum Odenwald habe die schwarz-grüne Regierung viel zu wenig gegen die Probleme gerade kleiner Gemeinden getan, beklagte SPD-Fraktionschef Rudolph nun in einer von ihm veranlassten Aktuellen Stunde. Schwarz-Grün belasse es weitgehend bei "netten PR-Aktionen" wie der Suche nach dem besten Dorfladen.

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„Wenn Sie Nieren- oder Gallensteine haben, fahren Sie auf manchen Landesstraßen. Sie ersparen sich eine Operation.“ SPD-Fraktionschef Günter Rudolph SPD-Fraktionschef Günter Rudolph
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Dagegen seien Zuschüsse des Landes etwa für Feuerwehr-Projekte "unterirdisch". Zu den Mitteln für den Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV) trage Hessen gerade einmal acht Prozent bei. Der Zustand der Landesstraßen sei so jämmerlich, dass Rudolph den ironischen Medizin-Tipp gab: "Wenn Sie Nieren- oder Gallensteine haben, fahren Sie auf manchen Landesstraßen. Sie ersparen sich eine Operation."

FDP verzweifelt

Grund zum Verzweifeln sah Wiebke Knell von der FDP. In den bisher neun Jahren ihrer Regierung habe die schwarz-grüne Koalition die Menschen auf dem Land "auf ganzer Linie vernachlässigt". Ursache dafür sei, dass die CDU "ohne Not den Grünen den ländlichen Raum als Spielwiese überlassen" habe.

Hintergrund: Die Grünen stellen mit Tarek Al-Wazir den Wirtschaftsminister und mit Priska Hinz die Umweltministerin, die auch für Landwirtschaft zuständig ist. Knell befand: Wegen dieser Aufgabenteilung in der Koalition stimmten Abgeordnete der Union im Landtag bei Fragen des ländlichen Raums wie Landwirtschaft, Forst oder Jagd anders ab, als sie im Wahlkreis redeten.

"Statt immer mehr Mittel und Infrastruktur in den Ballungsraum Rhein-Main zu pumpen", sei eine konsequente Strukturpolitik zugunsten ländlicher Räume notwendig, mahnte auch die Linken-Abgeordnete Christiane Böhm. Der ADAC habe gerade gezeigt, dass in Hessen das Radwegenetz am langsamsten wachse. Böhm kritisierte aber auch die SPD, weil eine Aktuelle Stunde mit fünf Minuten Redezeit pro Fraktion der wichtigen Sache nicht gerecht werde.

Ministerin: Taten statt "Oppositionssprech"

Den Vorwurf von SPD und FDP, die Regierung tue zu wenig und die Grünen interessierten sich nicht einmal für das Leben fernab des Ballungsraums, wies Ministerin Hinz zurück. Im "Oppositionssprech" fordere die SPD lediglich, währen die Regierung längst handele, sagte die Grünen-Politikerin.

Die Ministerin verwies unter anderem auf den hessischen Aktionsplan "Starkes Land, gutes Leben". Alleine dadurch würden seit Beginn der laufenden Wahlperiode jährlich 1,2 Milliarden Euro ausgegeben.

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„Ich lebe auch im ländlichen Raum. Ich kann nach oben gucken und nach unten und die Mitte überblicken, mir brauchen Sie nix erzählen.“ Ministerin Priska Hinz, die in Mittelhessen wohnt Ministerin Priska Hinz, die in Mittelhessen wohnt
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Es werde nicht nur viel für lokale Gesundheitszentren oder den Erhalt von Gaststätten getan. "Wir sanieren auch Landstraßen, denn wir sind nicht verbohrt", sagte Hinz. Schließlich bräuchten auch E-Autos Straßen.

CDU erkennt nur leere Phrasen

Als "Armutszeugnis" voller "politischer Leerphrasen" stellte der CDU-Abgeordnete Jan-Wilhelm Pohlmann das SPD-Positionspapier da. Dagegen habe die Regierungskoalition ihre Ideen für Verbesserungen des Lebens auf dem Land mit konkreten Maßnahmen hinterlegt. Was die SPD fordere, laufe vom Erhalt kleiner Schulen und Kitas bis zum Ausbau von Verkehr und Digitalisierung längst.

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