Boris Rhein im Landtag

"Bittere Bilanz", "Offenbarungseid": Für die Opposition ist die erste Regierungserklärung von Hessens Ministerpräsident Rhein (CDU) keine Agenda zur Zukunftssicherung. Die einen sehen ihn in der Lok eines Bummelzugs, die anderen verleihen ihm einen neuen Titel.

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Landtag: Mit welchen Kurs geht es in Hessen weiter?

hs
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Am Ende war Hessens neuer Ministerpräsident Boris Rhein messbar in die Fußstapfen seines Vorgängers Volker Bouffier (beide CDU) getreten. Für seine erste, 24 DIN-A4-Seiten dicke Regierungserklärung vor dem Landtag überzog er einer langen Tradition folgend am Dienstag seine eigentlich 45-minütige Redezeit ordentlich.

In der anschließenden Debatte über Rheins angekündigte "Hessen-Agenda für ein modernes Morgen" nahmen Vertreter der Opposition die Überziehung klaglos hin. Weniger das, was Rhein sagte.

Und es waren nicht elf Minuten zu viel, die SPD-Fraktionschef Günter Rudolph störten, sondern gut zwei Jahrzehnte. "Sie sind Teil von 23 Jahren CDU-Politik in Hessen." So machte der Oppositionsführer Rhein mitverantwortlich für das, was im Bundesland schiefgelaufen sei und noch laufe.

SPD: "Sie fangen nicht bei Null an"

Rhein als Abgeordnetem der CDU-Fraktion und früherem Kabinettsmitglied hielt Rudolph "Kahlschlag der sozialen Infrastruktur" und eine gescheiterte Privatisierung der Uniklinik Gießen-Marburg vor. Der neue MInisterpräsident fange nicht bei Null an, und von einem Neuanfang sei auch nichts zu spüren.

Die Vielzahl der nun angekündigten Projekte werfe die Frage auf, was die schwarz-grüne Koalition in ihren bislang achteinhalb Jahren eigentlich getan habe. Auch personell sei im Kabinett mit dem Wechsel an der Spitze des Justizministeriums zu wenig passiert. Rudolphs Zwischenzeugnis nach einer Woche: Rhein sei bislang "Ankündigungs-Ministerpräsident".

FDP: "Sicherheitsrisiko" bleibt Minister

Von einem "Offenbarungseid“ und einer "bitteren Bilanz" sprach FDP-Fraktionschef René Rock. Die Regierungserklärung mache deutlich, wie viele Chancen die Landesregierung ungenutzt gelassen habe. "Wenige Monate vor der Landtagswahl wachen Sie auf", sagte Rock. Das Klimaschutzgesetz etwa liefere die Regierung erst verspätet und auf Druck der Opposition.

Rock hatte mitgezählt: "Sie haben 23 mal den Begriff Sicherheit erwähnt." Dabei habe er mit Innenminister Peter Beuth (CDU) ein erwiesenermaßen großes Sicherheitsrisiko im Amt belassen. Der FDP-Chef sagte der Koalition zudem stärkere Spannungen voraus, die dem Land schaden könnten. Bis dahin fahre "der schwarz-grüne Bummelzug seine letzte Schleife".

Hintergrund: Nach der Landtagswahl im Herbst 2023 hoffen neben der CDU mit Rhein und der SPD auch die Grünen darauf, den Ministerpräsidenten zu stellen.

Liebeserklärung an die Grünen?

Genau das, ein grüner Ministerpräsident, droht der CDU nach Auffassung von AfD-Fraktionschef Robert Lambrou wegen deren "Schmusekurs" mit dem Koalitionspartner. "Was Sie hier vorgetragen haben, hörte sich stellenweise wie eine Liebeserklärung an die Grünen an", sagte Lambrou an die Adresse Rheins.

Die Klimaschutzpolitik sei rein ideologisch motiviert. Sie ändere nichts am Klima, betreibe aber "eine Umverteilung von unten nach oben". Fazit Lambrous: So werde die CDU vollends unwählbar für Konservative.

Linke: keine Entschlossenheit gegen Schieflage

Ein "schwarz-grünes Weiter so" beklagte Linken-Fraktionschef Jan Schalauske. Durch die grassierende Inflation verschärfe sich die soziale Schieflage in Hessen. Ob Wohnungsmarkt, Verkehr oder Krankenhäuser: Auch unter Rhein bleibe die Koalition die nötigen "entschlossenen Maßnahmen" schuldig.

Auch die Linke forderte die Entlassung von Innenminister Beuth. Er sei angesichts rechter Gewalt in Hessen und rechter Umtriebe bei der Polizei "schon längst untragbar geworden".

Grüne: "Von welchem Land reden Sie?"

Vertreter des Regierungslagers wiesen die Fundamentalkritik zurück. "Über welches Land reden Sie eigentlich?", lautete die rhetorische Frage Jürgen Frömmrichs, des Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen. Rheins Regierungserklärung zeige vielmehr: "Es ist nicht nur so, dass wir viel gemacht haben, wir haben auch viel vor."

Für die CDU erinnerte Christian Heinz die Opposition daran, mit welchen Herausforderungen es die Landesregierung zuletzt wegen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges zu tun bekommen habe. Das habe sie gut bewältigt. Es sei richtig von Rhein, den Schwerpunkt auf Sicherheit in allen Lebensbereichen zu legen.

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