hr-Hessentrend Was den Hessen Sorgen macht - und wie sie zu Schwarz-Rot, AfD und Gender-Verbot stehen

Nach 100 Tagen schwarz-roter Landesregierung kann sich die CDU als Gewinnerin fühlen. Groß ist die Popularität der neuen Koalition aber nicht, wie der neue hr-Hessentrend zeigt. Zuwanderung ist das Thema der Stunde, gleichzeitig baut die AfD ab.

Säulendiagramm neben einem Logo "hessentrend"
Das Ergebnis der Sonntagsfrage im hr-Hessentrend. In Klammern die Zahlen der Landtagswahl vom Oktober 2023. Bild © hr, hessenschau.de
Videobeitrag

hr-Hessentrend – was den Hessen Sorgen macht

hs.26.04.2024
Bild © hessenschau.de
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Nach zehn Jahren Schwarz-Grün ging am 19. Januar dieses Jahres die erste unionsgeführte Landesregierung aus CDU und SPD an den Start, die Hessen je hatte. Die 100-Tage-Bilanz der hessischen Bürger fällt gemischt aus.

Besondere Popularität hat das neue Bündnis laut dem aktuellen hr-Hessentrend nicht erreicht. Die CDU kann ihren großen Vorsprung von der Landtagswahl im Oktober 2023 allerdings noch ausbauen.

Der allgemeine AfD-Abwärtstrend zeigt sich auch hierzulande. Dabei ist ihr Hauptbetätigungsfeld, die Flüchtlingspolitik, derzeit auch Thema Nummer eins bei den Bürgerinnen und Bürgern. In den aktuellen landespolitischen Streitfragen um Corona-Aufarbeitung und Gender-Verbot hat keines der Lager eine deutliche Mehrheit.

1. CDU vergrößert Vorsprung, AfD baut ab, Linke verschwindet

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Die seit 1999 regierungsführende Union schneidet in der Sonntagsfrage noch einmal spürbar besser ab als bei ihrem Erfolg bei der Hessen-Wahl. 37 Prozent sind ein Plus von mehr als zwei Prozentpunkten und mehr als doppelt so viel, wie drei fast gleichauf liegende Verfolger jeweils zu bieten haben.

Die mitregierende SPD stagniert dagegen bei 15 Prozent, ebenso wie die gleichstarken Grünen als früherer CDU-Partner. Unverändert auch die FDP, die gerade so die Fünf-Prozent-Marke erreicht. Die hessischen Werte der drei Parteien, die in Berlin die Ampel-Koalition bilden, entsprechen ziemlich genau denen des jüngsten ARD-Deutschlandtrends für die Bundespolitik.

Ein besonderer Fall ist die AfD. Mit insgesamt 16 Prozent gerade noch so zweitstärkste Kraft, hat sie als einzige im Landtag vertretende Partei kräftig verloren. Bei den Jüngeren unter 35 ist die in Teilen rechtsextreme Partei aber auffallend stark geworden und liegt weit vor SPD und Grünen.

Einer der denkbaren Gründe für die AfD-Verluste neben den Protesten um Pläne zur sogenannten Remigration sowie einem Spionage-Verdacht auf Bundesebene: Erstmals taucht das Bündnis der Ex-Linken Sahra Wagenknecht (BSW) in einem hr-Hessentrend auf. Drei Prozent würden dem BSW allerdings noch nicht für einen Einzug in den Landtag reichen. Die Linke selbst liegt noch darunter und taucht damit im Feld der Sonstigen ab, nachdem sie aus dem Landtag geflogen ist.

2. Geteiltes Echo auf Koalitionswechsel

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Nach zehn Jahren gemeinsamer Koalition gab CDU-Ministerpräsident Boris Rhein den Grünen den Laufpass. Seinen "christlich-sozialen" Politikwechsel will er mit der SPD als Juniorpartnerin erreichen. Eine Mehrheit für diese Entscheidung gibt es nach 100 Tagen nicht.

Es steht vielmehr unentschieden: 43 Prozent bewerten den Wechsel von Schwarz-Grün auf Schwarz-Rot positiv. Fast genauso viele (42 Prozent) äußern sich kritisch dazu. Unter den CDU-Anhängern hat Rhein für seine Bündnispolitik mit 60 Prozent Zustimmung den größten Rückhalt.

3. Zufriedenheit mit Regierung hält sich in Grenzen

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Ähnlich gespalten fällt das Urteil der Befragten über die bisherige Performance der Landesregierung aus. 46 Prozent der Wahlberechtigten sind zufrieden. Fast genauso schnitt die alte schwarz-grüne Regierung kurz vor der Landtagswahl 2023 ab.

Schaut man über Hessen hinaus, ist der Popularitätswert der Landesregierung Mittelmaß. Ganz vorne liegt Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein mit 65 Prozent Zustimmung. Schlusslichter sind der schwarz-rote Senat in Berlin (29 Prozent) und die Ampel-Bundesregierung (21 Prozent).

Applaus kommt für Hessens Regierung erwartungsgemäß vor allem aus dem Lager der Koalitionsparteien. Immerhin gibt auch ein gutes Drittel der Grünen-Anhänger (38 Prozent) Schwarz-Rot ein gutes Zwischenzeugnis.

4. CDU-Zeugnis deutlich besser als das der SPD

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Nicht nur bei der Sonntagsfrage liegt die Union weit vorn. Mit ihrer Arbeit in der Landesregierung, in der sie mit Ministerpräsident Rhein und acht von elf Ministern klar dominiert, ist die Hälfte aller Hessen zufrieden. Das sind immerhin elf Prozentpunkte mehr als beim hr-Hessentrend gegen Ende der schwarz-grünen Regierungszeit im vergangenen Oktober.

Unter den Oppositionsparteien überzeugen in ihrer neuen Rolle die Grünen mit 29 Prozent die meisten Befragten. Die AfD bekommt für ihre Arbeit von 13 Prozent der Menschen gute Noten. Das sind spürbar weniger, als sie derzeit wählen würden.

5. Zuwanderung wird wichtigstes Thema

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Fragt man die Hessen nach den zentralen Herausforderung für die Landespolitik, hat sich seit Herbst 2023 nicht viel geändert. Allerdings lösen Zuwanderung und Asylpolitik die Bildungspolitik als das Problem ab, das die Menschen derzeit mehr alles andere bewegt. Drei von zehn Menschen sehen hier den größten oder zweitgrößten Handlungsdruck.

Dahinter folgen Verkehr sowie Umwelt- und Klimaschutz als besondere Herausforderungen, die häufig genannt werden. Fragen der Energieversorgung stehen für immer weniger Menschen (5 Prozent) noch im Vordergrund. In der Krise vor eineinhalb Jahren brannte das Thema wegen drohender Gasknappheit und hoher Preise noch vielen Menschen (29 Prozent) auf den Nägeln, wie der hr-Hessentrend damals zeigte.

6. Knappe Mehrheit hält Corona-Ausschuss für unnötig

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Lockdown, Maskenpflicht, Impfungen - gut ein Jahr nach der Aufhebung der allerletzten Corona-Einschränkungen wird bundesweit in Politik und Medien über eine Aufarbeitung der damaligen Entscheidungen diskutiert. Fragt man die Hessen, so zeigt sich: Mit 55 Prozent blicken die meisten wohlwollend auf die Maßnahmen in ihrem Bundesland zurück.

Nur bei den AfD-Anhängern überwiegt der Anteil der Gegner - und das mit 83 Prozent deutlich. Aber es gibt auch Unterschiede zwischen den Generationen. Bei den Älteren ist Einverständnis am weitesten verbreitet. Bei den 18- bis 35-Jährigen halten sich Zustimmung und Ablehnung die Waage.

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Ähnlich ist das Bild, wenn es um den von der AfD im Landtag angestrebten, umstrittenen Corona-Untersuchungsausschuss geht. Ihn halten zwar 51 Prozent für überflüssig und 41 Prozent für notwendig - letzteres vor allem AfD-Anhänger (70 Prozent). Aber auch hier spielt das Alter eine große Rolle: Bei den Unter-50-Jährigen befürworten die meisten eine parlamentarische Corona-Aufarbeitung. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der Über-65-Jährigen halten davon wenig.

7. Hälfte der Hessen für ein Gender-Verbot

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Zu den ersten Maßnahmen der schwarz-roten Regierung zählte das Verbot von Gender-Sonderzeichen an Schulen und in Behörden. Ob Wähler:innen, Wähler*innen oder WählerInnen: Eine breite Mehrheit, diese Schreibweisen zu untersagen, gibt es nicht.

Beim Verbot für die Landesverwaltung und in Schul-Abschlussprüfungen kann sich Regierungschef Rhein auf die Unterstützung der Hälfte aller Hessen und Hessinnen berufen. Männer und Ältere stehen dem Verbot tendenziell positiver gegenüber als Frauen und jüngere Wahlberechtigte.

Ein aufgeladenes Thema, das auch die Regierungspartner vor einen Befund mit Konfliktpotenzial stellt: Denn unter den 50 Prozent der Befürworter sind vor allem Anhänger von AfD (71 Prozent), CDU (68 Prozent) und FDP (55 Prozent). Am stärksten ist die Ablehnung bei den Grünen-Wählern (72 Prozent). Sie überwiegt aber auch bei Anhängern der SPD (58 Prozent), die das von der Union forcierte Gender-Verbot im Koalitionsvertrag akzeptiert hat.

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Repräsentative Befragung

Für den hr-Hessentrend hat infratest dimap vom 18. bis 23. April 1.159 Wahlberechtigte aus Hessen zufallsbasiert telefonisch und online befragt. Die Ergebnisse wurden auf ganze Prozentpunkte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden Denn repräsentative Umfragen haben Schwankungsbreiten, die bei einer Erhebung mit 1.000 Befragten bei großen Parteien rund drei und bei kleineren etwa einen Prozentpunkt betragen können. Deshalb werden bei der Sonntagsfrage auch keine Parteien mit weniger als drei Prozent ausgewiesen.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 26.04.2024, 16.45 Uhr

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Quelle: hessenschau.de