Nahaufnahme der Tribüne des Modells vom Böllenfalltor-Stadion

Ein Fan von Darmstadt 98 hat ein Modell des Böllenfalltor-Stadions gebastelt und mit dem Verkauf von Figuren für die Tribünen 15.000 Euro für den guten Zweck eingenommen. In der Gästekurve stehen sogar Fußball-Anhänger aus England und zwei Ex-Lilien.

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Mini-Bölle sucht Zuschauer! | hessenschau Sport vom 18.04.2023

hs 18.04.2023
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Wer sich das Modell des Darmstädter Böllenfalltor-Stadions von Lilien-Fan David Saar genau ansieht, entdeckt auf der Haupttribüne die komplette Familie Lieberknecht. Trainer und Papa Torsten sitzt dort gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern, alle fein säuberlich mit Pinzette und Pattex platziert und festgeklebt. Ziemlich direkt gegenüber gibt es eine gut gefüllte Auswärtskurve, auch an die traditionell langen Schlangen am Wurststand hat Bauherr Saar bei seinem Mini-Bölle gedacht.

Aufgrund der komplizierten Konstruktion habe das Anbringen der zahlreichen hungrigen und wartenden Figuren zwar jeweils bis zu sechs Minuten gedauert, berichtete Saar im Gespräch mit dem hr-sport. "Aber das musste sein." So ein Modell lebt eben von den Details. Doch wozu eigentlich der ganze Aufwand?

Saar erstellt Stadion mit 3D-Drucker

Die Geschichte von Saar und seinem Stadion-Nachbau begann im Mai 2022. Nach dem letzten Zweitliga-Spieltag, der mit Platz vier und Darmstädter Tristesse endete, entschloss sich Saar, das Sommerloch mit etwas Sekundenkleber-Fummelarbeiten zu schließen und entwarf in mühsamster Kleinstarbeit ein Modell des Darmstädter Stadions am PC. Er begann mit der Gegentribüne, die er aus über 400 Kleinteilen und mit Hilfe eines 3D-Druckers in knapp drei Monaten fertigstellte. Viel Arbeit, viel Geduld, aber noch viel zu tun. "Danach hatte ich erstmal keinen Bock mehr."

15.000 Euro für Johnnys Stiftung

Saar machte natürlich trotzdem weiter und hat inzwischen das gesamte Bölle "zu 98 Prozent" im Maßstab 1:150 nachgebaut. Der 3D-Drucker lief insgesamt über 600 Stunden, die Zeit, die Saar investiert hat, lässt sich inzwischen gar nicht mehr messen. Klar ist aber, dass sich der Aufwand nicht nur optisch gelohnt hat.

Das Heimwerker-Vorhaben, das als Mittel gegen Langeweile in der fußballfreien Zeit begann, hat sich mittlerweile zu einem europaweit beachteten Projekt für den guten Zweck entwickelt. Denn Saar sammelt mit seinem Stadion inzwischen Spenden für die "Du musst kämpfen"-Stiftung des verstorbenen Lilien-Fans Johnny.

Für eine Spende gibt es einen Platz im Stadion

Wie das funktioniert? Fans, die wie Lieberknecht einen Platz im Stadion haben wollen, bekommen gegen eine Spende eine Figur und eine imaginäre Eintrittskarte für eine Tribüne ihrer Wahl. Ein Stehplatz kostet mindestens 9,80 Euro, einen etwas komfortableren Platz auf einem der Sitzschalen gibt es schon für mindestens 19,98 Euro. "Jede Figur steht für eine Spende und für eine Geschichte", so Saar. Insgesamt musste oder durfte er bereits über 700 Figuren verkleben, die Spendeneinnahmen belaufen sich aktuell auf mehr als 15.000 Euro. "Die Resonanz hat mich schon sehr überrascht."

Es melden sich auch Fans aus England

Besonders erfreulich waren für Saar dabei vor allem die Reaktionen aus anderen Fan-Lagern, besonders zügig füllte sich in den vergangenen Wochen nämlich der Gästebereich. Dort stehen nun neben Fans des Lokalrivalen Eintracht Frankfurt und Anhängern der Aufstiegsrennen-Konkurrenten Hamburger SV, FC St. Pauli oder Heidenheim auch zahlreiche ausländische Vertreter. "Ganz neu sind zwei Figuren für Fans von Leicester", so Saar. Aber auch die Farben der Wolverhampton Wanderers, von Austria Wien oder dem niederländischen Verein De Graafschap sind schon vertreten. Insgesamt gibt es Figuren von mehr als 40 Vereinen.

Und bei einem so bunten Mix darf natürlich auch ein wenig Prominenz nicht fehlen. Neben den Lieberknechts, die selbstverständlich ebenfalls spendeten, haben sich mit Terrence Boyd vom 1. FC Kaiserslautern und Felix Platte vom SC Paderborn auch zwei ehemalige Darmstädter Profis im Saarschen Stadion-Modell verewigt. "Bei solchen Geschichten merkt man wieder, dass Fußball verbindet. Das ist einfach geil", fasste Darmstadts Ersatz-Keeper Alexander Brunst, der bereits bei Twitter auf das Mini-Bölle aufmerksam wurde und sich das Modell am Montag live und in Farbe anschaute, zusammen.

Lilien-Team will sich beteiligen

Das Einzige, was jetzt noch zur Krönung dieser Erfolgsgeschichte fehlt, sind Figuren für die Mannschaft von Darmstadt 98. Genau diesem Thema will sich Brunst nun aber persönlich annehmen. "Die Idee und die Geschichte sind überragend. Ich werde das mit Kapitän Fabian Holland besprechen, dass wir uns da verewigen", versprach er. "Ich bin überzeugt, dass wir das Stadion voll bekommen." Allzu schnell wird Saar Sekundenkleber und Pinzette also wohl nicht aus der Hand nehmen können.

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