Viele große Siege, eine Grenzerfahrung Die 7 Meilensteine der historischen Eintracht-Saison
Es begann mit einem Spaziergang über eine Brücke und endete mit verschobenen Grenzen: Eintracht Frankfurt erlebte auf dem Weg in die Champions League eine ganze Reihe einschneidender Erlebnisse. Ein Überblick über die wichtigsten Momente.
Es ist vollbracht: Nach insgesamt 49 Pflichtspielen endet die lange Saison von Eintracht Frankfurt mit Tabellenplatz drei und dem Einzug in die Champions League. Hinter den Hessen liegt eine historische Spielzeit, gleichzeitig aber auch ein Potpourri an turbulenten und prägenden Momenten. Wir blicken zurück auf die entscheidenden Wegmarken in Richtung Königsklasse.
1. Der Spaziergang nach Mexiko
Da die Globalisierung auch vor der Eintracht keinen Halt macht und die Hessen inzwischen auch außerhalb des Rasens nach Größerem streben, fand auch das letztjährige Sommer-Trainingslager in den USA statt. Noch weit vor der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten feilte das Team von Trainer Dino Toppmöller in Louisville (Kentucky) an der Form für die bevorstehende Saison. Und obwohl so eine Vorbereitung alles andere als ein Spaziergang ist, blieb letztlich ein genau solcher im Gedächtnis hängen.
Wegen eines Staus kurz vor der Grenze nach Mexiko, wo die Eintracht ein Testspiel gegen den FC Juarez austrug, machte sich die komplette Reisegruppe im vergangenen Juli kurzerhand zu Fuß auf den Weg in Richtung des US-Nachbarstaates. Die Hessen schlenderten vorbei an wartenden Autos, passierten eine große Brücke und wurden auf der anderen Seite nach der Grenzkontrolle von einem Bus wieder eingesammelt. "Das war schon ein Abenteuer", resümierte Trainer Toppmöller im Nachgang. Laut Peter Maffay muss man über sieben Brücken gehen und sieben dunkle Jahre überstehen. Der Eintracht reichte eine, um zusammenzuwachsen.
2. Der Start gelingt
Nun sind teambildende Maßnahmen – ob freiwillig oder unfreiwillig – natürlich erst dann gut und zielführend, wenn sich danach auch wirklich Erfolg einstellt. Und trotz der positiven Grenzerfahrung von Mexiko waren die Zweifel an einer erfolgreichen Saison vor dem Start durchaus spürbar. Nach der enttäuschenden Rückrunde schien der Kredit von Coach Toppmöller aufgebraucht, nicht wenige erwarteten ein böses Erwachen und spätestens im September neues Personal auf der Trainerbank.
Was dann geschah? Die Eintracht siegte souverän in der ersten DFB-Pokal-Runde in Braunschweig und gewann anschließend vier der ersten fünf Bundesliga-Partien. Omar Marmoush zauberte und harmonierte bestens mit Hugo Ekitiké, die Mannschaft funktionierte und begeisterte. Statt Ernüchterung machte sich große Euphorie breit.
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3. Ein 3:3 als Push in Richtung Königsklasse
Den Höhepunkt der Frankfurter Feierlichkeiten im Frühherbst bildete dann das wilde und atemberaubende 3:3 gegen den FC Bayern. Der spätere Meister war den Hessen zwar komplett überlegen, gegen die Frankfurter Wucht im Angriff hatten aber auch die Münchner keine passende Antwort.
Der astreine Konter zum 1:1-Ausgleich, das Sprintduell von Omar Marmoush gegen Dayot Upamecano, in dem der Ägypter seinen Gegenspieler abschüttelte wie eine lästige Fliege, und das umjubelte Tor in der Nachspielzeit gehören zu den prägendsten Momenten dieser Saison und stärkten das Selbstbewusstsein der Eintracht enorm. An diesem Tag wurde klar: Egal, wer kommt, die Hessen haben die Waffen, um jedem Gegner wehzutun.
Drei Spieltage später kletterten die Frankfurter dann mit einem nicht weniger furiosen 7:2-Erfolg gegen den VfL Bochum in die Champions-League-Ränge. Wie man jetzt weiß: Sie blieben dort bis zum Ende.
4. Der Statement-Sieg in Unterzahl gegen Gladbach
Ein weiterer Erfolg, der die Brust anschwellen und den Glauben wachsen ließ, folgte Ende November im DFB-Pokal. Die Eintracht, die nach einer Roten Karte gegen Arthur Theate rund 75 Minuten in Unterzahl spielen musste, fegte trotz numerischer Unterlegenheit einfach über die völlig überforderten Gladbacher hinweg und stürmte so mit müden Beinen zu einem Meisterstück. "Heute waren wir alles Maschinen", frohlockte Sportvortand Markus Krösche nach Abpfiff.
Dass zudem die beiden Senkrechtstarter Nathaniel Brown und Nnamdi Collins gegen Gladbach – auch aus der Not heraus – ihren ersten ernstzunehmenden Auftritt hatten, erhöht den Stellenwert dieses Spiels zusätzlich. Das Vertrauen wuchs, die Möglichkeiten im Kader auch. Der Masken-Jubel von Marmoush wurde zudem zum Sinnbild. Diese Eintracht kann Angst und Schrecken verbreiten.
5. Es geht auch ohne Marmoush
Apropos Möglichkeiten im Kader: Die mit Abstand wichtigste Option für Trainer Toppmöller brach im Winter weg. Toptorjäger Marmoush, der bis zu diesem Zeitpunkt schon 15 Tore erzielt hatte, erfüllte sich seinen Traum von der Premier League und wechselte für viel Geld zu Manchester City. Der Ägypter hinterließ nicht nur eine große und bis heute nicht geschlossene Lücke im Sturm, sein Weggang erhöhte auch wieder die Zweifel: Reicht das auch ohne den besten Spieler für die Königsklasse?
Eine erste Antwort darauf kam prompt: Im ersten Spiel ohne Marmoush zeigte die Eintracht eine der wohl besten Leistungen der Saison und besiegte Borussia Dortmund mit 2:0. "Der Heimsieg gegen den BVB, als Omar weg war, das war ein Fingerzeig", bezeichnete auch Toppmöller dieses Spiel als Knackpunkt. "Da haben wir gemerkt, dass wir stark genug sind und das auch ohne Omar können." Die Lebensversicherung weg, der Glaube weiter da. Dass Marmoush im Anschluss an den Sieg frenetisch gefeiert und verabschiedet wurde, passte ins Bild dieser fast schon etwas zu kitschigen Abschieds-Story.
6. Das bittere Aus gegen Tottenham
Dass in dieser Saison dann doch nicht alle rund lief, zeigt vor allem das Viertelfinal-Rückspiel gegen Tottenham Hotspur. Die Eintracht, die sich beim 1:1 im Hinspiel in London eine sehr gute Ausgangslage erkämpft hatte, redete schon vor der Partie offen vom großen Final-Traum. Im Spiel selbst, das mit einer kontrovers diskutierten Böhse-Onkelz-Choreo schon seltsam losgegangen war, lief dann nicht viel zusammen. Kaua Santos, der zwischenzeitliche Torwart-Überflieger, patzte und riss sich das Kreuzband. Die Offensive blieb komplett harmlos.
Die Eintracht wirkte an diesem Abend uninspiriert und von sich selbst überfordert. Auch im Nachgang dauerte es einige Zeit, bis die Scherben aufgekehrt und die Enttäuschung überwunden war. Wie so oft bei der Eintracht folgte auf einen Dämpfer dann aber großer Jubel.
7. In Freiburg gibt's die Belohnung
Auch im Bundesliga-Endspurt flutschte dann bei Weitem nicht alles und die Eintracht geriet nach zwei vergebenen Matchbällen unter deutlich mehr Druck als ihr lieb war. "Das war vergleichbar mit einem Europa-League-Finale", gab Sportchef Krösche nach dem erfolgreichen Saisonabschluss in Freiburg zu. Dass die Eintracht letztlich aber allen Widerständen trotzte und im Endspiel in Freiburg einen Rückstand in einen Sieg drehte und so – Eintracht-like – mit etwas Drama doch noch Platz drei und damit die zweite Königsklassen-Teilnahme sicherte, war am Ende der verdiente Lohn.
Es fing an mit einer überquerten Grenze und endete mit der Königsklasse. Oder, wie Toppmöller es ausdrückte: "Wir haben Grenzen verschoben." So schließt sich der Kreis.