Pau Babot vom Hanauer SC Fünftliga-Kicker aus Hessen verteidigt gegen Harry Kane
Pau Babot spielt eigentlich in der Hessenliga für den Hanauer SC. Aber er lebt in zwei Fußballwelten. Am kommenden Wochenende muss er gegen Harry Kane und Jude Bellingham ran.
Wenn Pau Babot am Wochenende auf dem Platz steht, sieht das erst einmal nicht nach der großen Fußballbühne aus. Babot kickt für den Hanauer SC, die Gegner heißen KSV Baunatal oder SC Waldgirmes, an den Banden stehen dann ein-, zweihundert Zuschauer, vom Schwenkgrill weht der Rauch herüber und mit etwas Glück gibt’s montags eine Erwähnung in der Lokalpresse. Hessenliga deluxe eben, gehobener, ehrlicher Amateurfußball mit einer ordentlichen Portion Charme.
Nur dass Babot gerade auch die andere Seite des Sports kennenlernt, jene glitzernde, schillernde der Profis. Babot, 21 Jahre jung, ist seit neuestem nämlich andorranischer Nationalspieler, bestritt bislang drei Spiele für das 80.000-Einwohner-Land aus den Pyrenäen. Am kommenden Wochenende heißt der Gegner daher nicht Baunatal oder Waldgirmes, Babot trifft mit Andorra in der WM-Qualifikation auf England. Harry Kane, Jude Bellingham, Cole Palmer – "Es ist schon einigermaßen absurd, dass ich solche Spiele spielen darf. Das ist das größte Highlight in meiner Karriere. Ich freue mich extrem drauf", sagt Babot im Gespräch mit dem hr-Sport.
Per Video zur Nationalmannschaft
Aufgewachsen ist Babot in Frankfurt, fußballerisch wurde er ausgebildet in Enkheim, Karben und Bornheim. Aber seine Mutter stammt aus Andorra, der Großteil seiner Familie wohnt dort, wo er selbst häufig seine Urlaube verbringt. Zudem spricht er die Sprache. Zuhause in zwei Welten also, das zeigt schon sein Name: Pau Klaus Babot Müller heißt er mit vollem Namen.
Zum andorranischen Fußball kam er dennoch eher zufällig. "Ich habe in der U17 des Karbener SV ein spektakuläres Tor geschossen, ein Weitschuss aus 35 Metern. Das wurde auf Video festgehalten. Das Video habe ich in meiner Familiengruppe geteilt", so Babot. Seine Tante aus Andorra leitete das Video an eine Freundin weiter, die beim Fußballverband arbeitet. Wenig später klingelte das Telefon. "Es meldete sich ein Trainer vom Verband bei mir, ob ich nicht mal mittrainieren wollte."
In Tirana vor 17.000 Menschen
Babot wollte und machte seine Sache in der U17 so gut, dass er schnell für die U19 randurfte. Nach fünf Jahren in den Nachwuchsmannschaften Andorras dann das Debüt für die A-Nationalmannschaft. Zuerst gegen Malta, dann gegen Lettland, wenig später dann in Tirana gegen Albanien. "Das war ein Highlight. Wir haben vor 17.000 Menschen gespielt. Das spürt man schon. Es war sehr besonders."
Nun steht also das vierte Länderspiel an, gegen den bislang größten Gegner. Der Weltmeister von 1966 hat einen Kaderwert von knapp 1,25 Milliarden Euro, als Sechser oder Innenverteidiger wird Babot auf Harry Kane, Phil Foden oder Jude Bellingham treffen. Die Creme de la Creme des internationalen Top-Fußballs. "Wir bereiten uns mit viel Videomaterial darauf vor. Aber da muss man sich kneifen, dass man nicht gerade zum Spaß Fußball guckt, sondern sich wirklich auf diese Spieler vorbereitet", lacht Babot.
"Die Hessenliga ist meine Normalität"
Und genießt das Leben in zwei Fußballwelten. "Die Hessenliga ist meine Normalität. Die Spiele mit Andorra sind Highlights", sagt Babot. "Der Kontrast ist riesig, ich war schon in Kabinen, die größer waren als ein ganzes Vereinsheim in der Hessenliga. Aber das muss man einordnen können."
Und wer weiß, was noch kommt, vielleicht wird irgendwann aus den zwei Fußballwelten nur noch eine. Aktuell macht Babot eine Ausbildung, kann deshalb nur abends trainieren, zur neuen Saison wechselt er zu RW Walldorf, bleibt also in der Hessenliga. "Aber ich will möglichst hoch spielen. Nach der Ausbildung will ich mal schauen, ob es für die Ligen weiter oben reicht."
"Einmal gegen Musiala und Wirtz alt aussehen ..."
Bis dahin ist Feierabendfußball gegen internationale Stars aber auch nicht das Schlechteste. Zumal ja noch weitere große Gegner warten. "Ich bin noch jung und mache hoffentlich noch viele Spiele. Gegen Deutschland zu spielen wäre ein Riesending. Einmal gegen Musiala und Wirtz alt auszusehen, wäre schon cool."
Bliebe nur die Frage, wie man als Hessenliga-Verteidiger einen Harry Kane ausschalten will. "Die gängigen Attribute müssen noch mehr da sein als sonst: wach sein, konzentriert sein. Aber es wird natürlich brutal schwer, diese Spieler zu stoppen", sagt er. Ähnlich schwierig wird es wohl in Sachen Trikottausch. "Ich bin neu dabei, in der Hierarchie weiter unten und die anderen Jungs wollen sich auch ihre Schmuckstücke sichern. Ich gucke spontan, aber wenn ich den Kader durchgehe, gibt es wenige Trikots, über die ich mich ärgern würde."