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Kommentar: Misstrauen zwischen Kirchenvolk und Bischöfen wächst

Eine Frau hält ein Kreuz hoch - dahinter steht auf einer Wand "Der Synodale Weg"

Reformen zu einer neuen Sexualmoral der katholischen Kirche sind gescheitert – es läuft alles auf eine Kirche der zwei Geschwindigkeiten hinaus. Ein Kommentar zum Katholiken-Treffen in Frankfurt.

Fast wäre der Tiefschlag, den eine konservative Minderheit der Bischöfe dem Synodalen Weg gleich zum Auftakt versetzt hat, zum Knockout geworden. Ein Scheitern des Synodalen Weges konnte im letzten Moment noch vermieden werden. Aber egal, was anschließend in Frankfurt noch Versöhnliches geschah, der Graben zwischen Kirchenvolk und Bischöfen hat sich vertieft, das Misstrauen vergrößert. 

Ausgerechnet einer Reform der Sexuallehre versagten mehr als ein Drittel Bischöfe ihre Zustimmung. Eine Lehre, die schon seit Jahrzehnten beim Kirchenvolk nur noch Kopfschütteln auslöst, mit dem Verbot von Pille und Kondom, mit ihrem Verdikt, dass Sexualität nur in einer Ehe sein darf, und dass homosexuelle Menschen gefälligst keusch zu leben haben. 

Für wen sind die Bischöfe eigentlich da?

Wenn Bischöfe ihr Nein mit ihrem Bischofseid begründen, die Lehre der Kirche unversehrt und rein zu bewahren, klingt das in den Ohren der meisten Synodalen nur zynisch. Und es stellt sich die Frage, wem sich die Bischöfe eigentlich verpflichtet fühlen in ihrem Hirtendienst: einer historisch überholten Kirchenlehre oder den Menschen, die damit nachweislich nichts mehr anfangen wollen? 

Die Abstimmung gab vielen Synodalen das Gefühl: Diese Bischöfe haben sich von ihrem Volk, für das sie Hirten sein sollen, längst entfernt. Offenbar fehlt jegliches Gespür für das Leid, dass diese überholten Lehren bei Menschen erzeugt habe: bei Homosexuellen, die sich verstecken müssen, bei Ehepaaren, in deren Schlafzimmer hineinregiert wurde.

Konservative Heckenschützen

Besonders empörend war es, dass nur drei der 21 Bischöfe, die am Ende die neue Sexualethik zu Fall brachten, sich vorher in der Debatte als Reformgegner zu erkennen gegeben haben. Das verständliche Gefühl entstand: Hier sind konservative Heckenschützen am Werk, denen es um strategische Reform-Blockaden geht, denen die ganze Richtung nicht passt und die sich in den vergangenen zwei Jahren der Vorbereitung zum Teil weder bei Hearings noch bei den Debatten eingebracht haben. 

hr1-Moderator Klaus Hofmeister

Nun auf der Zielgerade bringen sie den Synodalen Weg ins Straucheln, indem sie dafür sorgen, dass die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe nicht zustande kommt.

Unter dem Eindruck der Krise des ersten Tages dämmerte einigen Bischöfen wohl doch, welches fatale Signal der Reformverweigerung von Frankfurt ausgehen würde, wenn alle vorliegende Reformpakete scheitern.

Weitere Papiere fanden dann doch noch die nötige Mehrheit: ein Argumentationspapier zugunsten der Priesterweihe von Frauen, das allerdings nur zustimmungsfähig wurde, weil es nun kleinlaut als "Diskussionsbeitrag" für den Papst heruntergestuft wurde – und ein Votum an Rom, dass im Katechismus praktizierte Homosexualität nicht mehr als schwere Sünde aufgeführt wird, immerhin! Aber an der harten Wahrheit, dass die Bischofskonferenz in eine reformwillige Mehrheit und eine Fraktion der Bremser gespalten ist, kommt der Synodale Weg nicht vorbei.

Hirten ihrer Herde – Anführer ohne Volk

Am Ende wird es in Deutschland vermutlich eine Kirche der zwei Geschwindigkeiten geben: einige Bistümer werden sich durch die in Frankfurt erarbeiteten Vorlagen gebunden fühlen, Macht zu teilen, Laien und Frauen zu fördern. Andere werden sie in Teilen oder aus Überzeugung eben gar nicht umsetzen. Oder anders gesagt: Einige Bischöfe werden sich als Hirten ihrer Herde bewähren, andere werden am Ende als Anführer ohne Volk dastehen.

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Der Synodale Weg läuft seit 2019, organisiert vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und der Deutschen Bischofskonferenz. Beide Gremien wollen Änderungen erreichen in der kirchlichen Sexualmoral, bei der Rolle von Frauen in der Kirche, beim Umgang mit Macht und beim Zölibat - der verpflichtenden Ehelosigkeit katholischer Priester. Auslöser des Reformprozesses war die massive Vertrauenskrise nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals.

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