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Die Saite wechseln: Online-Plattform für mehr Sichtbarkeit von linkem Musizieren

Musikerinnen von Linksgespielt

Geige links, Bogen rechts – in der klassischen Musik gilt das als Norm. Dass es auch anders geht, zeigen zwei Frankfurterinnen mit ihrem eigens gegründeten Onlineportal "Linksgespielt". Die beiden Musikerinnen wollen zum Internationalen Linkshändertag anderen Mut machen.

Ob Bratsche, Cello oder Kontrabass: Welche Hand welche Aufgabe hat, wird bei Streichinstrumenten selten hinterfragt. Was aber, wenn eigentlich die linke Hand die dominantere ist oder eine Verletzung zu Bewegungseinschränkungen der rechten Hand führt? Die Lösung von Sophia Klinke und Christine Vogel lautet: seitenvertauschtes Musizieren.

Zurück auf Anfang: Ein langer Weg fürs richtige Spielgefühl

Die professionellen Musikerinnen aus Frankfurt sind beide Linkshänderinnen, haben ihre Instrumente aber ganz nach der alten Konvention gelernt: mit der rechten Hand am Bogen. Beide entschieden sich erst Jahre später, ihr Instrument entsprechend ihrer Händigkeit umzulernen.

Saiten umspannen, Instrumente umbauen, selbstverständliche Bewegungen umdenken – dass der Seitenwechsel ein schwerer und auch langwieriger Prozess sein kann, wissen die beiden aus eigener Erfahrung: "Man fühlt sich wie eine Anfängerin. Man hat zwar das Wissen, aber nicht das Können. Es ist teilweise zermürbend", erinnert sich Sophia Klinke. Jede einzelne Bewegung müsse neu gedacht und neu erlernt werden.

Linksgespielt Instagram-Account

Trotzdem bereut die 28-Jährige ihre Entscheidung seitdem nicht, auch wenn es viel Durchhalteverögen fordert: "Dieses Gefühl, mit der richtigen Hand zu streichen und diese Stimmigkeit jetzt direkt im Körper zu erfahren und dass der Ausdruck viel direkter passiert: Der ist es mir wert, das rechtshändige Spiel aufgegeben zu haben."

Nicht für alle Linkshänder ist linkes Musizieren das Richtige

Trotzdem würden die beiden nicht automatisch allen Linkshändern dazu raten, die Händigkeit bei einem bereits konventionell erlernten Instrument zu wechseln. "Wenn man schon früh angefangen hat ein Instrument zu spielen, dann hat man diese Natürlichkeit in der Koordination, in den Bewegungen, worüber man gar nicht mehr nachdenken muss", laut Christine Vogel muss man das nicht unbedingt aufs Spiel setzen.

Es gehe vielmehr darum, dass sich die eigene Spielweise gut und richtig anfühle. Kinder, die ein Instrument neu erlernen, sollten aber bestenfalls die Möglichkeit bekommen, entsprechend der eigenen Händigkeit zu spielen: "Es ist einfacher, musikalischen Ausdruck rüberzubringen, wenn man mit der dominanten Hand streicht", sagt Christine Vogel.

Linksgespielt Instagram-Account

Als die beiden sich über das Umlernen erkundigen wollten, wurde ihnen schnell klar: Die Informationen reichen nicht – also wurden sie selbst aktiv. Pünktlich zum Internationalen Linkshändertag 2021 haben sie die Plattform "linksgespielt.de" online gestellt und feiern somit in diesem Jahr ihr erstes Jubiläum.

Mit der Seite wollen sie das bieten, was ihnen gefehlt hat. Hier soll sichtbar werden, dass es viele in der klassischen Musikszene gibt, die sich für eine händigkeitsgerechte Spielweise entschieden haben.

Die Message: Linkes Musizieren hat keine Nachteile

Passende Instrumente, Lehrer und persönliche Erfahrungen: Die Plattform soll mögliche Zweifel und Ängste aus dem Weg räumen. "Wir wollen natürlich hauptsächlich Mut machen und zeigen, dass es diese Spielweise gibt, dass es kein Problem ist und dass es einfach für viele Leute die beste Möglichkeit ist", sagt Mitgründerin Christine Vogel.

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Straßenkonzerte zum Internationalen Linkshändertag

Auch am diesjährigen Internationalen Linkshändertag, am 13. August, musizieren die beiden im öffentlichen Raum, um ihrem Projekt und dem seitenvertauschten Musizieren zu mehr Bekanntheit zu verhelfen. Treffen kann man sie in der Frankfurter Innenstadt zwischen 10 und 12 Uhr.

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