Klemens Olbrich, ehemaliger Bürgermeister von Neukirchen, sitzt im Gerichtssaal.

Im Jahre 2016 ertranken in einem Teich in Neukirchen drei Kinder. Nun hat das Marburger Landgericht den damaligen Bürgermeister in zweiter Instanz schuldig gesprochen. Es verurteilte ihn wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe.

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Urteil im "Teich-Prozess"

hessenschau vom 23.02.2023
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Im Berufungsprozess um drei in einem Dorfteich in Neukirchen (Schwalm-Eder) ertrunkene Kinder hat das Landgericht Marburg den ehemaligen Bürgermeister der Stadt wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer höheren Geldstrafe verurteilt.

Die Kammer verhängte eine Geldstrafe von insgesamt 14.400 Euro (180 Tagessätze zu je 80 Euro). Auch die Gerichtskosten muss der damalige Rathauschef Klemens Olbrich (CDU) tragen. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Angeklagte die Verkehrssicherungspflicht für den Teich verletzt hatte. "Weil es Kinder waren, die sich nicht selbst schützen konnten, mussten Sie sie schützen", sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Pfotenhauer in seiner Begründung.

Mit dem Urteil verwarfen die Richter die Berufung des 65-jährigen Olbrich. Er war 2020 in erster Instanz vom Amtsgericht Schwalmstadt wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro auf Bewährung verurteilt worden. Auch die Staatsanwaltschaft hatte Rechtsmittel eingelegt.

Teich hätte gesichert werden müssen

Nach Ansicht des Landgerichtes hätte Olbrich den bis zu knapp zwei Meter tiefen Teich absichern müssen, in dem im Juni 2016 drei Geschwister im Alter von fünf, acht und neun Jahren ertranken. Die Anklage ging davon, dass mindestens ein Kind beim Spielen ins Wasser gefallen war und die anderen beim Versuch, Hilfe zu leisten, ebenfalls verunglückten.

Wegen der gepflasterten und rutschigen Uferböschung hätten sie sich nicht retten können, befand das Gericht. Gegen das Urteil ist Revision möglich. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung sowie eine Geldauflage gefordert. Die beiden Nebenkläger - Vater und Mutter der ertrunkenen Kinder - schlossen sich der Forderung an.

Olbrich hatte am ersten Verhandlungstag erklärt, er habe den Teich nicht als gefährlich wahrgenommen. "Es gab keine Hinweise aus der Bevölkerung, auch nicht von professionellen Dritten." Die Notwendigkeit von Sicherheitsmaßnahmen sei nie ein Thema gewesen.

Versicherung schätzte Teich als gefährlich ein

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Ex-Bürgermeister nach Tod von Kindern zu Geldstrafe verurteilt

An den Löschteich legten Menschen Kuscheltiere, Blumen und Kerzen.
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Im Mittelpunkt des Prozesses stand ein Schreiben der GVV Kommunalversicherung vom April 2014. Darin schätzte die Mitgliederversicherung für Städte, Gemeinden, Kreise, kommunale Unternehmen und Sparkassen den Teich auf die Anfrage eines Verwaltungsmitarbeiters der Stadt hin als verkehrsgefährlich ein.

Aus haftungsrechtlichen Gründen empfahl sie der Kommune, das Gelände einzuzäunen beziehungsweise abzusichern. Olbrich will den Inhalt des Schreibens erst im März 2020, und somit erst kurz nach dem Urteil des Amtsgerichtes, zur Kenntnis genommen haben. Aber er habe weder auf den Betreff noch auf den Inhalt geschaut, sondern lediglich das Logo des Versicherers wahrgenommen.

Er sei davon ausgegangen, es handle sich um ein "normales Versicherungsschreiben" und habe es an die zuständige Abteilung weitergeleitet. In der Folge sei niemals jemand mit dem Anliegen auf ihn zugekommen. Olbrich hatte betont, andernfalls wären Maßnahmen eingeleitet worden.

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